Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
während sie ihn betrachtete, fasziniert von dem inneren Strahlen des dunklen Obsidians.
Eine großartige Waffe. Plötzlich sirrte eine derart starke Empfindung ihren Arm hinauf bis zu ihrer Schulter, dass sie den Splitter vor Überraschung beinahe fallen gelassen hätte.
Das Knacken von Zweigen im Unterholz lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf Max. Ihr wurde plötzlich klar, weshalb er so abrupt davongestürmt war, und sie sah auf, als er nun wieder in Sicht kam. Er hatte seinen Hut verloren, und das Haar hing ihm in feuchten, dunklen Strähnen ins Gesicht, auf dem sich der Schatten eines Bartes zeigte. Er sah verärgert aus.
Genauso verärgert, wie sie sich fühlte.
»Victoria«, begann er, doch dann bemerkte er, was sie da in der Hand hielt. »Was -«
Doch sie ließ ihn nicht aussprechen. »Du bist ja bloß eifersüchtig.« Sie blieb ein kurzes Stück von ihm entfernt stehen und sah ihm in sein scharf gemeißeltes Gesicht.
»Also das ist deine Meinung?« Er starrte auf sie herunter. »Du hältst übermäßig viel von dir,Victoria.«
»Keine Frau würde dir erlauben -«
Sein Lachen war kurz und verächtlich. »Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber ich habe nie im Zölibat gelebt, weder erzwungenermaßen noch freiwillig. Ich bin einfach nur anspruchsvoll, was die Wahl meiner … Partnerinnen anbelangt. Du hast den Beweis selbst gesehen, wie kannst du also daran zweifeln?« Flink wie eine Schlange ließ er die Finger nach vorn schnellen und legte sie um das Handgelenk, mit dem sie den Splitter festhielt.
Victoria reagierte mit einem dumpfen Lachen, das selbst in ihren eigenen Ohren seltsam klang. »Du sprichst von dem Abend, als ich dich und Sara dabei beobachtet habe, wie ihr vollkommen derangiert aus diesem Zimmer gekommen seid. So entschlossen, wie du warst, mich aus der Stadt zu jagen, würde ich dir durchaus zutrauen, das Ganze absichtlich inszeniert zu haben.«
»Du willst behaupten, es hätte gereicht, dir meine Zuneigung zu meiner Verlobten zu zeigen, um dich zu vertreiben? Wenn es doch nur so einfach gewesen wäre.« Er drückte ihr Handgelenk so fest, dass ihr ein heftiger Schmerz den Arm hinaufzuckte. »Lass ihn fallen,Victoria.«
»Zuneigung zu Sara Regalado? Du kannst unmöglich etwas für sie empfunden haben.« Ihre Finger wurden unter seinem Klammergriff kalt, taub und zunehmend schwächer. Sie versuchte, den Arm wegzureißen, aber er war schneller und hielt sie nun mit beiden Händen fest. Er war sehr, sehr stark. Sie hatte zwei vis bullae , und trotzdem fiel es ihr schwer, ihm Widerstand zu leisten.
»Wenn es sein muss, werde ich dir den Arm brechen. Lass ihn los.«
»Das würdest du nicht wagen«, spie sie ihm entgegen, von rasendem Zorn übermannt.
»Und ob ich das würde.« Als er den Druck seiner Finger noch weiter verstärkte, waren sein Gesicht und sein muskulöser Körper viel zu nah an ihrem, seine Augen dunkel und brennend, sein Mund entschlossen. »Lass ihn los,Victoria.«
Stöhnend öffnete sie die Finger, und der schwere Splitter fiel ihr aus der Hand. Er landete mit einem dumpfen Geräusch neben ihrem Fuß auf der Erde, aber noch bevor sie sich bücken konnte, um ihn wieder aufzuheben, hatte Max ihn schon mit einem Tritt aus ihrer Reichweite befördert.
Noch immer ihr Handgelenk umklammernd, zog er sie wieder nach oben, dann umfasste er zusätzlich ihre andere Schulter und starrte ihr mit grimmigem Blick in die Augen. Als er sie anschließend kurz schüttelte, war der Druck seiner Finger noch immer so fest, dass sie sich durch die schwere Wolle ihres Mantels in ihr Fleisch bohrten.
Obwohl sie den Splitter fallen gelassen hatte, konnte sie seine Wärme noch immer in der Hand spüren, zusammen mit einem leisen Prickeln, das von ihrem Arm in ihren ganzen Körper ausstrahlte. Als sie seinen Blick nun erwiderte, wusste sie ganz genau, was sie sagen musste, um ihn zu provozieren.
»Wirst du mich jetzt küssen?«, fragte sie kühn. Max stieß sie von sich, sodass sie rückwärts gegen einen Ast taumelte und sich ein sanfter Tropfenregen in ihren Kragen ergoss.
»Ich ziehe es vor, nicht einer in einer langen Reihe zu sein.«
»Wovor hast du Angst, Max?«
Er lächelte nun wieder. Allerdings war es kein freundliches Lächeln, es entsprach eher jenem unangenehmen Gefühl, das
sie soeben durchströmte. »Du willst also, dass ich dich küsse, Victoria?«
Seine Miene weckte in ihr das Bedürfnis zurückzuweichen, doch sie widerstand ihm. »Warum nicht?«
Die
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