Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
korrigierte Sebastian sie. »Ein großer Teil davon ist noch immer meinem Großvater treu ergeben.« Seine Stimme klang leicht angespannt.
Nachdem Akvans Obelisk unschädlich gemacht worden war - und mit ihm Nedas, der damals mächtigste Vampir Italiens -, war ein brutaler Machtkampf zwischen Beauregard und Saras Vater Regalado entbrannt. Als noch sehr junger Vampir war der Conte nicht annähernd so einflussreich wie Beauregard; aber vielleicht glaubte er ja, diesen besiegen zu können, indem er sich auf die Seite des Dämons Akvan schlug.
Keine schlechte Strategie.
Jetzt verstand sie, wen Beauregard mit Regalados neuem Verbündeten gemeint hatte.
»Nicht nur die Vampire«, warf Max ein. »Auch Akvan selbst wird sich an den Menschen vergehen, die hier in der Falle sitzen.«
Victoria versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. »Auf welche Weise vergeht er sich an ihnen? Trinkt er ihr Blut?«
»Er ernährt sich von Menschenköpfen.« Sebastian verzog das Gesicht. »Aber dennoch irrt ihr euch, und zwar alle beide«, fügte er dann mit grimmiger Befriedigung hinzu. »Es sind nicht so sehr die Sterblichen, die sie hierher locken wollten. Ich kann nicht glauben, dass ihr das nicht selbst erkennt.«
»Doch, das tue ich. Es ging die ganze Zeit über um Victoria.«
Auch sie begriff nun. Die Untoten hatten Sterbliche entführt - und vor ihnen Katzen und Hunde -, um Akvan über Monate
hinweg zu füttern. »Sara hat schon zuvor versucht, mich in ihre Gewalt zu bringen. Diese Schatzsuche war also nichts weiter als ein für mich ausgeworfener Köder.« Sie schaute Max an. »Sie haben es auf den Schlüssel abgesehen. Tante Eustacias Schlüssel.«
»Oder aber einfach nur auf dich. Was ich jederzeit verstehen könnte«, fügte Sebastian trocken hinzu. »Dieser Virus scheint allerdings in letzter Zeit um sich zu greifen.«
»Lass sie nicht ausgehen«, befahl Max plötzlich und zeigte auf die erlöschende Rosenblüte.
Victoria reagierte sofort, indem sie schnell eine weitere Stoffblume abschnitt und sie an der noch brennenden entzündete. Als sie anschließend den Kopf hob, trank Max gerade etwas aus einer kleinen Phiole.
»Was ist das?«
Er starrte sie verärgert an, während er noch schluckte, dann korkte er das Fläschchen wieder zu und verstaute es in seiner Tasche. »Ist das da oben ein Fenster?«
Victoria sah hoch und bemerkte nun zum ersten Mal das schwache, dunkelgraue Rechteck knapp unterhalb der Decke. Es unterschied sich kaum von den Mauersteinen, nur dass es ein wenig größer und eine winzige Nuance heller war.
»Sebastian, lass mich auf deinen Schultern stehen.«
Mit belustigter Miene trat er zu ihnen in den kleinen Lichtkreis. »Welch glänzende Gelegenheit, meine Erinnerung an das, was du unter deinem Rock verbirgst, ein wenig aufzufrischen«, murmelte er und zog Victoria dabei zur Wand.
Sie widerstand dem Drang, seine Bemerkung zu kommentieren. Stattdessen stieg sie, sich dabei mit den Fingernägeln an
den Mauerritzen festhaltend, auf Sebastians gebeugte Knie und von dort aus auf seine Schultern, bevor er sich zu voller Größe aufrichtete, sodass sie mit dem Kopf fast gegen die gemauerte Decke stieß. »Es ist tatsächlich ein Fenster. Allerdings ist es viel zu klein, als dass einer von uns hindurchkriechen könnte.«
»Was siehst du dahinter?«
Sebastian ließ die Finger, mit denen er bis dahin ihre Knöchel umfasst hatte, nun über Victorias Waden nach oben gleiten, wobei eine leise, köstliche Reibung entstand - und ihre Seidenstrümpfe nach unten sackten. Sie versetzte ihm einen kleinen Stups mit den Zehen, bevor sie Max’ Frage beantwortete. »Das Fenster ist ebenerdig, deshalb kann ich nur sehr wenig erkennen. Da ist eine Mauer. Ich sehe den Himmel. Es dämmert bald, der Horizont wird allmählich grau.«
»Kannst du ein kleines, niedriges Eisentor in einer Mauer sehen?«
»Es ist sehr dunkel, Max. Ich sehe so gut wie gar nichts.«
»Hier.«
Das spärliche Licht in dem kleinen Raum unter ihr kam näher, und Victoria griff nach unten, um Max, der zwar aufgestanden war, sich jedoch schwer gegen die Wand lehnte, die Rose abzunehmen. Er hatte eine Hand auf seiner Schulterverletzung, allerdings schien sein Gesicht nicht mehr ganz so verkrampft zu sein. Was auch immer in dieser Phiole gewesen war, wirkte schnell.
Nachdem sie die Fackel auf dem schmalen Fenstersims abgestellt hatte, konnte Victoria den Garten auf der anderen Seite erkennen. »Ja, da ist irgendein kleines Objekt; es scheint
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