Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht
Und was ist mit Max? Und Ylito?«
»Wayren weiß es, und ich bin mir sicher, dass sie es Ylito und Hannever erzählt, denn wenn es ein Gegenmittel gäbe, könnten sie helfen. Was Pesaro angeht – nun, er ist sich der Situation bewusst. Aber er hat natürlich seine eigenen Sorgen.«
Ja, in der Tat. Das hatte er. Trotzdem fühlte sie sich ganz leer.
Sebastian blieb einen Moment lang still, als wollte er ihr die Möglichkeit geben, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, ehe er wieder sprach. »Ich bin nicht nur wegen des Ringes in die unterirdische Abtei gegangen; ich wollte auch ein paar alte Dokumente holen. Die Mönche schrieben offensichtlich nicht nur heilige Schriften, sondern auch unheilige … über die Geschichte der Vampire, aber auch andere Informationen – und laut Beauregard könnten diese Aufzeichnungen interessant sein.«
»Interessant für wen – für die Untoten oder für die Venatoren?«
»Beide.« Er lächelte traurig. »Ich dachte, dass in diesen Dokumenten vielleicht etwas über andere Venatoren steht, die beinahe in Untote verwandelt worden wären, und das könnte … in deiner Situation wichtig sein.«
Victoria hatte von vier Venatoren gehört, die über die Jahrhunderte in Vampire verwandelt worden waren. Nur vier, aber trotzdem. Ihre vis bullae hatten sie nicht geschützt … allerdings hatten sie alle auch nur eine getragen. »Hast du die Dokumente gefunden?«
»Nein. Sie waren nicht da, wo ich den Ring gefunden habe.«
»Hast du vor, noch einmal hinzugehen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Wie du weißt, vermeide ich es für gewöhnlich, in die Höhle des Löwen zu gehen, und es ist ziemlich offensichtlich, dass die Räume von den Untoten benutzt werden. Nachdem du vor zwei Jahren Lilith aus London vertrieben hast, ist die Anzahl der Untoten stark zurückgegangen. Aber es scheint so, als würden sie wieder anfangen, hier Fuß zu fassen.«
»Wie sieht es mit einem Vampir aus, der am helllichten Tage umhergeht und angreift?«, fragte Victoria.
»Das ginge nur, wenn der Vampir einen bestimmten Trank zu sich nimmt.«
Victoria sah ihn scharf an. »Du sprichst von der R ezeptur, die wir hinter dem Alchimistischen Portal in R om gefunden haben? Das R ezept, das du aus dem Konsilium entwendet hast?« Bitterkeit stieg in ihr auf, als sie sich wieder an seinen Verrat erinnerte.
Vor zwei Monaten hatten sie und Max sich ein Wettrennen mit den Vampiren und der Tutela geliefert, um als Erste die Schlüssel zu einem alchimistischen Laboratorium zu finden, welches seit mehr als einem Jahrhundert nicht mehr geöffnet worden war. Es war ihnen gelungen, vor den Vampiren da zu sein, und so hatten sie die Aufzeichnungen und Unterlagen an sich nehmen können, die hinter der Tür versteckt gewesen waren. Doch dann hatte Sebastian eine der Seiten gestohlen, um sie seinem Großvater Beauregard zu geben.
»Das ist die Einzige, die ich kenne«, erwiderte er ruhig und sah sie ungerührt an. »Du kannst aufhören, mich mit deinen Blicken zu erdolchen. Du hast bereits eine Narbe auf meiner Schulter hinterlassen«, meinte er und deutete auf die Stelle, wo ihn ihr Pflock, der eigentlich für Beauregard bestimmt gewesen war, getroffen hatte.
»Du hättest dich mir eben nicht in den Weg stellen dürfen.«
Seine Lippen wurden ganz schmal. Offensichtlich war ihm die Doppeldeutigkeit ihrer Worte nicht entgangen. »Wo wir schon von Verdrehung der Tatsachen reden, Victoria … willst du etwa behaupten, dass du einen Vampir bei Tag gesehen hast?«
»Nicht direkt, aber ich habe die frischen Überreste seines – oder ihres – Angriffs auf eine Sterbliche gesehen. Gegen Mittag.«
»Dann irrst du dich entweder – was natürlich höchst unwahrscheinlich ist – oder die Formel für den Trank ist genau in die Hände derer gefallen, die sie nicht haben sollten.«
»Offensichtlich. Und wenn du die Formel nicht auf Geheiß deines Großvaters aus dem Konsilium gestohlen hättest, wäre sie immer noch dort – sicher verwahrt. Was hast du damit gemacht?«
»Erinnerst du dich denn nicht? Beauregard zeigte dir das Dokument, als du in seinem Zimmer warst«, erwiderte Sebastian, und seine Stimme wurde etwas weicher. »Ich wollte das Dokument zurückholen, aber als ich kam, war es schon fort. Irgend jemand hat die Formel vor mir gefunden.«
»Dann könnte es also sein.«
»Durchaus.«
»Aber warum habe ich heute im Park die Anwesenheit der Untoten nicht bemerkt?«
»Weil das eine weitere wichtige Wirkung
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