Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht
abbrannte – dafür war die Feuersbrunst zu groß. Aber zumindest konnte man die Nachbargebäude und Zäune nassspritzen, um ein Ausbreiten des Feuers zu verhindern.
Die Bedrohung, die von den Untoten ausging, war abgewendet, und das Haus geräumt … deshalb bestand Victorias Aufgabe jetzt darin, George und Sara zu finden. Bestimmt war es kein Zufall gewesen, dass Vampire im eingefriedeten Garten gewartet hatten, als der Ausbruch des Feuers die Gäste gezwungen hatte, nach draußen zu laufen. Als geladene Gäste mit Zugang zum Haus und Angehörige der Tutela hatten George und Sara bestimmt ihre Finger mit im Spiel gehabt.
Ihr Blick schweifte über die Menschenmenge, die jetzt schwieg und alles nur noch mit rußverschmierten Gesichtern beobachtete – manche von ihnen merkten noch nicht einmal, dass sie immer noch ihre Masken trugen. Licht und Schatten tanzten über ihre Kostüme und Gesichter, auf denen Rauch seine Spuren hinterlassen hatte. Viele sprachen leise miteinander, während das Entsetzen langsam erstarrte Mienen in traurige Gesichter verwandelte. Die Dienstboten des Hauses hatten sich auf einer Seite zusammengeschart. Einige hatten immer noch ihre glitzernde Tracht an. Andere, die mit schlichterer Kleidung angetan waren, sahen zu, wie ihr Zuhause und die Grundlage ihres Lebensunterhalts ein Raub der Flammen wurde.
Victoria konnte weder R omeo und Julia noch George und Sara als unmaskiertes Pärchen irgendwo entdecken. Und wenn sie schon beim Suchen war … auch Gwen schien nirgends zu sein.
Oder Max.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie weitereilte und ihr bewusst wurde, dass sie durch die Wunde am Bein hinkte. Sie drängte sich durch die Menge, um vorne beim Haus zu stehen – weil sie nur so in die einzelnen Gesichter blicken konnte. Sebastian trat zu ihr. Sein Gesicht war mit einer dünnen Schweißschicht bedeckt, die im Licht der Flammen glänzte. Er legte seinen Arm um sie und zog sie an sich.
»Bist du verletzt?«, fragte er. Er hatte das Gesicht in ihrem Haar vergraben.
»Ich kann Gwendolyn nicht finden«, erwiderte sie und löste sich von ihm. »Und Sara und George auch nicht. Hast du Max gesehen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, keinen von ihnen.«
Victoria schaute sich um und entfernte sich von Sebastian. Sie ging an den Leuten vorbei und musterte jedes einzelne Gesicht. Einige wurden gerade umarmt, andere weinten. Aber nirgends eine Spur von Max. Oder Gwen.
»Haben Sie Gwendolyn Starcasset gesehen?«, fragte sie, als sie auf eine ältere Frau traf, die eine entfernte Bekannte von ihr war. Sie erinnerte sich, dass die Frau eine seltsame Vorliebe für Wissenschaft und Chemie hatte und häufig endlos über Dinge redete, die Victoria nicht verstand.
Mrs. Debora Guyette-Foster liefen Tränen übers Gesicht, die weiße Linien in der grauen Asche hinterließen. Sie schien als Zigeunerin verkleidet gewesen zu sein, doch die ehemals wehenden Tücher hingen jetzt schlaff herab, und der vorher kunterbunte R ock war zerrissen und schwarz. Ein paar Perlen glitzerten noch in ihrem glatten, dunklen Haar. »Sie ist nicht hier. Sie ging, ehe … ehe …« Das Schluchzen der Frau ließ die Worte unverständlich werden, aber Victoria hatte genug gehört, um sich wegen Gwen jetzt etwas erleichtert zu fühlen.
Aber Max.
Er würde die meisten Anwesenden um Haupteslänge überragen. Sie stand im leeren Hof, nahe genug am Feuer, um die Hitze auf der R ückseite der Beine und der nackten Schulter zu spüren, und hielt Ausschau nach einem dunklen Kopf, der die anderen überragte.
Heftiges Unbehagen machte sich in ihr breit, als sie ihn nirgendwo entdecken konnte. Er hatte doch bestimmt das Haus verlassen können.
Aber es würde ihm mal wieder ähnlich sehen, den Helden zu spielen, indem er versuchte, jemanden zu retten, der noch im Haus gewesen war.
Verdammter Kerl.
Warum konnte er nicht den Helden spielen, indem er Vampire pfählte?
Dann erinnerte sie sich an den Vampir, der den Kreuzritter mitgeschleift hatte. Vielleicht hatte Max das auch beobachtet und war ihnen gefolgt.
Ohne auf die Leute zu achten, die um sie standen und die anscheinend langsam wieder aus ihrer Benommenheit erwachten – sie begannen wieder in ganzen Sätzen zu sprechen –, rannte sie erneut in den dunklen Garten. Dieses Mal hielt sie sich links und mied die Richtung, in der sie Miss Keitherton gefunden hatte. Doch plötzlich stand sie vor einer hohen Hecke.
Sie roch Blut. Die Luft war erfüllt davon, sodass sie es
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