Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis
den ganzen Jahrhunderten des Untotseins warst du der Einzige, der mich je so fasziniert hat.«
»Nachdem wir nun festgestellt haben, dass du... äh... wahnsinnig fasziniert von mir bist - wenn ich denn so kühn sein darf -, könnten wir uns jetzt vielleicht mit etwas Wichtigerem
befassen«, sagte Pesaro. »Wir sind hergekommen, weil wir die zwei Ringe von Jubai brauchen. Wie du weißt, ist das Midiversum-Portal aufgebrochen oder irgendwie überwunden worden, und es lässt sich nur mit Tacheds Kugel wieder schließen.«
»Natürlich. Aber du brauchst alle fünf Ringe, um in den verzauberten Teich zu gelangen«, erwiderte Lilith zuvorkommend. »Das habe ich wirklich gut hinbekommen, nicht wahr? Leider sind drei von den Ringen verloren gegangen, weshalb ich die Kugel auch nicht holen konnte.«
Pesaro sagte nichts, und es verging nur ein Atemzug, ehe die Vampirkönigin überrascht zu ihm aufschaute. »Und du hast die anderen drei Ringe? Sie befinden sich in deinem Besitz?«
»Wir brauchen nur die zwei Ringe. Es wird den Untoten und auch den Menschen von Nutzen sein.«
»Und du meinst also, wir sollten unsere Kräfte vereinen, Maximilian? Die Sterblichen und die Untoten? Um die Welt von diesen widerlichen Dämonen zu befreien?« Lilith warf ihm einen listigen Seitenblick zu und drehte sich um. Ihre Bewegung war so schwungvoll, dass sich ihre Röcke kurz an die knabenhafte Gestalt ihres ausgezehrten Körpers drückten.
Sebastian hatte plötzlich eine Vorstellung davon, wie dieser Körper wohl nackt aussehen würde, und musste schlucken. Er hoffte bei Gott, dass Pesaro den Anblick dieses Zerrbildes einer Frau nie hatte ertragen müssen. Aber dann wurde ihm klar, dass diese Hoffnung wohl unwahrscheinlich war. Gütiger Himmel.
»Wie ich schon sagte, es wird für beide Seiten von Nutzen sein.«
»Und jetzt erwartest du von mir, dass ich dir einfach die Ringe gebe, damit du davonstürmen und die Welt retten kannst?«
»Es würde verhindern, dass du noch mehr von deinen Gefolgsleuten verlierst - zumindest diejenigen, die Opfer der Dämonen werden. Schließlich haben wir erst letzte Woche in Prag einer ganz hübschen Anzahl den Garaus gemacht«, fügte Pesaro hinzu und hob das Kinn. »Deine Leute werden immer weniger.«
Lilith ging auf und ab. Das Kleid wallte bei jeder Bewegung, während ihr Blick immer wieder zu Max wanderte, um dann zu Sebastian und Michalas zu huschen. Allein, dass sie nur kurz ihre Aufmerksamkeit auf ihn richtete, ließ in Sebastian schon Abscheu hochkommen, und wieder fragte er sich, wie Max so unempfindlich hatte gegen sie werden können.
»Und was ist mit Illa Gardella?«
Pesaro antwortete nicht.
Sebastian spürte Liliths wachsende Verärgerung, und er sah zu Max hinüber. Max hatte ihm und Michalas sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich nicht einmischen sollten, egal wie sich die Situation entwickelte.
Lilith kam wieder auf Pesaro zu und streckte die Hand nach seinem Arm aus. Dieses Mal schien sie darauf vorbereitet, dass er reagieren würde, als er gewandt ihrer Berührung auswich. Sie gaben das verlegen-amüsierte Zerrbild eines Liebespaares ab, das daran gehindert worden war, sich zu umarmen. Dann trat Lilith zurück.
»Ich gebe dir die Ringe, aber dafür möchte ich etwas haben.«
»Die Rettung deiner Gefolgschaft wird dein Lohn sein. Wir nehmen die Gefahr auf uns und kämpfen. Du brauchst nur danebenzustehen und zuzuschauen.«
Lilith lachte, ein leises, wissendes Lachen. »Netter Versuch, Maximilian. Du weißt, was ich will.«
Einen Herzschlag lang herrschte Schweigen. Sebastian spürte, wie die Anspannung im Raum wuchs.
»Und wenn ich mich weigere?«, fragte Max leise.
»Dann musst du eine andere Möglichkeit finden, die Kugel aus dem verzauberten Teich zu holen. Und während du suchst und der blonde Engel ein Buch nach dem anderen und Manuskript über Manuskript studiert... und du andere Möglichkeiten ausprobierst, den Bann dieses Teichs zu brechen, werden immer mehr Dämonen hereinströmen; und, nun ja, Maximilian, wir wissen beide, was dann passieren wird. Deine reizende Illa Gardella wird kämpfen und kämpfen, aber es werden einfach immer mehr Dämonen kommen, bis sie schließlich stirbt. Oh ja, und viele weitere von euch Sterblichen werden auch dahinscheiden. Das dürfen wir nicht vergessen.«
Sebastian konnte sich nicht erinnern, jemals so voller Abscheu gewesen zu sein, so voller Verachtung. Sie spielte mit ihnen. Vergeblich schaute er sich wieder im Raum
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