Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis
machen, nicht in diesem Zimmer«, erwiderte Vioget.
Max wandte den Blick ab. Verdammt gute Frage. Wenn er ging, hatte Victoria gar keine andere Wahl, als sich mit Vioget zusammenzutun.
Jetzt, wo sie den Trank aus der kleinen blauen Flasche nicht mehr zu sich nahm.
Er musterte Vioget mit einer Mischung aus Unvoreingenommenheit und Abscheu. Max wusste, dass Sebastian bei all seinen Fehlern Victoria doch von Herzen zugetan war und die Frau beschützen würde, die vor kaum etwas Angst hatte und eigentlich auch keinen Schutz brauchte — zumindest keinen offensichtlichen Schutz.
Wenn Max ihm nur endlich nicht mehr im Weg stünde und Vioget das tun ließe, was beide Männer eigentlich wollten.
»Sie ist gestern Abend ohne Begleitung zu einem Ball gegangen«, sagte Max. »Und hat ihn ausgerechnet mit George Starcasset verlassen. Wären Sie ein bisschen achtsamer, sähe ich mich vielleicht in der Lage, die Stadt zu verlassen, sodass Sie ihr den Hof machen können.«
Vioget ballte die Hände zu Fäusten, und einen Moment lang dachte Max, dass er sie auch einsetzen würde. Sein Blick huschte kurz nach unten zu den verkrampften Fingern, dann glitt er wieder nach oben, um Vioget in die Augen zu sehen. Ja.
Genau in dem Moment hörte er das leise Tappen nackter Füße und das kaum merkliche Rascheln von Kleidung. Erfrischt vom Bad betrat Victoria das Zimmer. Ihr Gesicht war noch gerötet von der Wärme, ihre Augen leuchteten hell, und sie brachte einen würzig-exotischen Duft mit sich, der sie umhüllte. Sie war sittsam von Kopf bis Fuß bekleidet. Nur ihre nackten Zehen guckten heraus, und angesichts der Tatsache, dass sowohl Max als auch Vioget weit mehr als diese zarten Glieder gesehen — berührt, geküsst — hatten, war es wohl lächerlich, sich an diesem schamlosen Anblick zu stören.
»Ah, ihr seid beide da. Gut.« Sie setzte sich auf die Bettkante, die so hoch war, dass ihre Füße nur knapp den Boden berührten. »Tut mir leid, dass ich euch in dieses Zimmer bestellt habe, aber es gibt keinen anderen Ort, an dem wir reden können. Wayren ist im Salon, und ich will sie nicht stören... und Brim und Michalas schlafen im Trainingsraum auf dem Fußboden. Das Haus ist nicht groß genug, um so viele Menschen zu beherbergen.« Sie hob herausfordernd das Kinn, als warte sie nur darauf, dass einer ihr vorhielt, man hätte sich doch auch im Esszimmer oder sonst wo treffen können.
Es war einer der unwirklichsten Momente in seinem Leben, als Max erkannte, dass er gleich an einer Einsatzbesprechung in Victorias Schlafzimmer teilnehmen würde.
Eines Tages würde er vielleicht mit Erheiterung daran zurückdenken.
»Brim und Michalas sind nicht zum Gespräch eingeladen?«, fragte er gedehnt. »Wie schade.« Ihr dunkles Haar lag wie ein Vorhang über der einen Schulter, und er erinnerte sich an ihren Schrei, als einer der Dämonen sie daran in die Luft gezerrt hatte.
Victoria richtete den Blick auf ihn, und verdammt wollte er sein, wenn da nicht ein Hauch von Selbstgefälligkeit in ihrer Miene lag. »Ich bitte um Verzeihung für die Formlosigkeit des gewählten Treffpunkts, Max«, erklärte sie. »Ich stelle fest, dass du überall lieber wärst als hier.«
Volltreffer.
Sie drehte sich in Viogets Richtung, der sich für den Hocker vor der Frisierkommode entschieden hatte und nun mit dem Rücken dazu saß, um sich entspannt unterhalten zu können. »Wie geht es deinem Bein?«
»Verbena hat Kritanu beim Verarzten geholfen, und ich gehe davon aus, dass ich durch ihre vereinten Anstrengungen in der glücklichen Situation bin, zumindest diese Gliedmaße nicht zu verlieren.« In Viogets Stimme schwang eine leise Wut auf sich selbst mit, sodass Max' Blick für einen Moment zur linken Hand des Mannes huschte — an der zwei Drittel des kleinen Fingers fehlten, was er einer außerordentlich blutdurstigen Dame namens Sara Regalado zu verdanken hatte.
»Daran hege ich keinen Zweifel«, meinte Victoria und setzte sich auf ihrem Platz zurecht. Dabei öffnete sich ihr Morgenmantel ein wenig, sodass man ein bisschen von dem sehen konnte, was sie darunter trug.
Max erkannte das Gewand. Unglücklicherweise. Es war derselbe blasslila Stoff, ein Nachthemd aus Spitze und Satin, welches sie das letzte Mal angehabt hatte, als er in ihr Schlafgemach eingedrungen war. Jenes Nachthemd, bei dem die Fantasie nur noch wenig zu tun hatte, da das Mieder ganz aus Spitze bestand. Damals hatte er eine Bemerkung dazu gemacht und ihr gesagt, sie solle
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