Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis
Jubai hat. Sie erhielt ihn von Germintrude, einem anderen Wächtervampir Liliths, damit sie Beauregard die Treue brach. Das klappte aber nicht, und darüber hinaus behielt sie den Ring. Wenn Sie untotes Blut brauchen und wir den Ring haben wollen, wäre es sinnvoll, beide Anliegen miteinander zu verknüpfen. Und dann wird Ihnen auch das Vergnügen überlassen bleiben, sie zu töten, nach... wie vielen Tagen des Fastens?«, fragte er genüsslich nach.
»Drei«, erwiderte Pesaro. »Wir brechen morgen früh auf.« Er stand auf, machte ganz knappe Verbeugungen vor Wayren und Victoria und verließ den Raum.
Hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Furcht, dass auch Wayren gehen und ihn mit Victoria allein lassen könnte, blieb Sebastian sitzen. Doch Victoria erhob sich als Erste und wandte sich ihm zu, als er ebenfalls höflich aufstand. »Dann wirst du also mitkommen?«
Glaubte sie wirklich, dass er es unter Umständen nicht tun würde? Dass er sie allein zu Katerina und Lilith gehen ließe — denn irgendwann würde sie auch ihr gegenübertreten müssen, um die anderen beiden Ringe zu bekommen - und sie das Portal ohne seine Hilfe schließen musste?
Hatte er sich denn noch immer nicht bewährt?
Doch er behielt diese Gedanken für sich und nickte. »Ich werde vor Tagesanbruch hier sein.« Er wollte schon zur Tür und den Raum verlassen, als ihn Wayrens Stimme zurückhielt.
»Sebastian, ich hätte mich gern noch mit dir unterhalten.«
Seine Nackenhaare stellten sich auf. Hätte sie sich denn nicht vorhin mit ihm unterhalten können? Jetzt wollte er nur noch weg. Raus aus diesem Haus, in dem Victoria nach oben in ihr Zimmer gehen und dort mit einem Mann zusammen sein würde, den er verabscheute. Wie konnte sie ihn lieben, diesen kaltschnäuzigen Mistkerl?
»Wenn ihr mich dann bitte entschuldigt«, sagte Victoria und eilte aus dem Zimmer.
Sebastian zog es vor, nicht darüber nachzudenken, wohin sie jetzt ging.
Stattdessen drehte er sich zu Wayren um, obwohl er sich eigentlich nicht sicher war, ob eine Unterhaltung mit ihr das geringere von zwei Übeln wäre.
»Wenn du dir die Gardella-Bibel anschauen möchtest, so gibt es keinen Grund, das nicht zu tun.«
»Ist es eigentlich Blasphemie, wenn ich sage, dass ich es nicht ausstehen kann, wenn du das tust?«, fragte er mit einem schiefen Grinsen, während er sich dem Schrank zuwandte.
Wayren lachte leise. Er konnte sich nicht erinnern, sie jemals lachen gehört zu haben — leise, sanft, elfenhaft. »Ach nein. Ich habe im Laufe der Jahrhunderte viel Schlimmeres gehört. Sebastian, weißt du, wonach du suchst?«
Er musste den Kopf schütteln. »Nein.« Ein Gefühl von Ehrlichkeit zwang ihn, ganz offen zu reden. »Mir kommt es so vor, als würde ich darauf warten herauszufinden, was man als Nächstes von mir verlangt.«
Der schwere Riegel ließ sich leicht umlegen und öffnete die Tür des Schrankes. Darin lag die Bibel, groß und den Geruch von Alter verströmend. Er holte sie heraus, wobei er achtgab auf das vergilbte, brüchige Papier und die ausgebleichten Bänder, die bestimmte Seiten in dem schweren Band markierten.
»Die ersten Seiten der Bibel wurden von den Schwestern geschrieben, die mit Rosamunde in Lock Rose Abbey lebten. Rosamunde, die Mystikerin, die viele eigene Offenbarungen zu Papier brachte, ehe sie dazu berufen wurde, die vis bulla anzulegen.«
Sebastian nickte und schlug den schweren Buchdeckel vorsichtig auf. Das, was er über die Geschichte der Venatoren wusste, war nur bruchstückhaft und unvollständig, weil er sich so viele Jahre von ihnen distanziert hatte. Doch von Rosamunde hatte er gehört, und er hatte auch das Gemälde von ihr im Konsilium gesehen. Die ruhige Gelassenheit, die das schmale Gesicht ausgestrahlt hatte, ließ Lady Rosamunde Gardella viel weniger beeindruckend wirken, als ein Venator normalerweise sein sollte.
»Am Anfang des Buches stehen alle, die den Titel Illa Gardella tragen«, fuhr Wayren fort. »Und hinten stehen alle Venatoren. Dein Name wird da auch aufgeführt, genau wie der von Max.«
Und dazwischen fand Sebastian vergilbte Seiten, die eng mit mittelalterlichen Texten des Neuen und Alten Testaments beschrieben waren. Viele davon waren mit großen Illustrationen verziert, deren Farben längst verblichen waren. Diese Seiten waren immer wieder gebunden worden und steckten jetzt in einem viel neueren Ledereinband.
Neben diesen mittelalterlichen Texten gab es aber auch Seiten, die eine andere Handschrift
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