Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis
an, wobei sie die Lippe hochzogen, um die Spitze eines Fangzahnes zu enthüllen. Glücklicherweise hatte keiner rosarote Augen. Victoria war nicht in der Stimmung, um mit einem Imperialen zu kämpfen, dem ältesten und mächtigsten Vertreter der Untoten. Sie wollte, dass die Sache hier schnell und glatt über die Bühne ging: den Ring holen, Katerina, wenn nötig, töten und dann wieder zu Antonin zurück.
Einer der Vampire machte den Fehler, aufzustehen und sich auf Victoria zu stürzen, als sie in die andere Richtung schaute. Ein schneller Stoß mit dem Pflock, den sie in der Hand hielt, und das dumme Geschöpf löste sich in einer Staubwolke auf.
»Keine sehr höfliche Art und Weise, einen Neuankömmling zu begrüßen«, sagte sie in den Raum hinein.
Die Köpfe mit den lüsternen Mienen, die hochgeblickt hatten, um sie anzuschauen - frisches, junges Blut -, sanken gleich wieder nach unten und schauten in die Becher, die vor ihnen standen. Es schien beinahe, als hofften sie, sie würde sie nicht weiter beachten, wenn sie sie ebenfalls ignorierten.
Vorerst würde sie das auch nicht tun. Aber nur, weil sie sich um andere Dinge zu kümmern hatte.
Und als sie den Blick durch den Raum schweifen ließ, sah sie etwas auf der anderen Seite, das eins dieser anderen Dinge zu sein schien. Victoria bedachte einen Vampir, der ihr im Weg stand, mit einem scharfen Blick. Er trat zur Seite, und sie eilte an ihm vorbei in die dunkle Ecke, in der Sebastian anscheinend gerade versuchte, sich aus einer etwas heiklen Situation zu befreien.
»Aber, Katerina, chere«, sagte er gerade, als Victoria sich näherte. »Können wir Vergangenes nicht auf sich beruhen lassen? Das ist jetzt schon mehr als acht Jahre her.«
»Acht Jahre?«, wiederholte eine große stämmige Frau, bei der es sich anscheinend um Katerina handelte. Sie hatte Sebastian mit ihrer fleischigen Hand gegen die Wand gedrängt und piekte ihm mit dem Finger auf die Brust. Sebastian hatte zwar einen Pflock in der Hand, doch den beachtete sie überhaupt nicht. »Für jemanden, der ewig lebt, Sebastian Vioget, sind acht Jahre kaum mehr als ein Atemzug.«
»Aber du hast diese Fässer doch bestimmt nicht wirklich vermisst...«
»Fässer mit bestem französischem Brandy? Fässer, für die ich ohnehin viel zu viel bezahlt hatte?«, kreischte Katerina und bohrte ihren Finger in seine Brust. Ihr Nagel war bestimmt sehr spitz, denn Victoria sah, dass sich an der Stelle ein dunkelroter Fleck auf Sebastians schneeweißem Hemd abzuzeichnen begann. Trotzdem behielt er sein charmantes Lächeln bei. »Du weißt so gut wie ich, dass für manche der Gäste Kalbsblut ebenso gut ist, aber diejenigen, die gut bezahlen, erwarten etwas noch Besseres. Ist dir überhaupt klar, was für Verluste ich gemacht habe, als ich sie nicht entsprechend bewirten konnte?«
Sebastian stieß ein leises Lachen aus. »Aber wie ich sehe, läuft das Geschäft jetzt sehr gut. Und davon abgesehen...«
»Ich hoffe, ich störe nicht«, sagte Victoria, in deren Stimme überhaupt kein Bedauern mitschwang, als sie sich zu den beiden gesellte.
Katerina drehte den Kopf zu ihr um, nahm ihre Hand aber nicht von Sebastians Brust. Dieser bedachte Victoria mit einem kläglichen Lächeln. »Wer sind Sie?«
»Ich bin Illa Gardella, und ich bin hier, weil sich etwas in Ihrem Besitz befindet, das ich haben will.«
»Wenn es der hier ist, den Sie wollen«, meinte sie und deutete mit dem Kopf auf Sebastian, »müssen Sie einen Moment warten, bis ich fertig bin.«
»Sei nicht dumm, Katerina«, sagte Sebastian, der sich schnell und gewandt ihrem Griff entzog. »Du weißt, dass ich Frauen eigentlich nicht weh tun mag, aber wenn es sein muss, mache ich es doch. Ich wollte mich bei dir entschuldigen, aber wenn du meine Entschuldigung nicht annehmen willst, ist das nicht mein Problem.« Er strich seinen etwas aus der Fagon geratenen Gehrock glatt und klopfte Dreck ab, der von der Decke heruntergefallen war. »Meiner Ansicht nach hast du mir diese Fässer geschuldet.«
Katerina, die schon als Sterbliche mit vollem schwarzem Haar gesegnet und flach wie ein Bügelbrett gewesen war, stemmte die Hände in die Hüften und musterte ihn finster. Sie war mehr als einen Kopf größer als Sebastian und streifte die Decke mit ihrem Kopf, sodass bei jeder Bewegung Dreck von der Decke auf sie herabrieselte.
»Ich schwöre dir, wenn ich dich noch einmal erwische, werde ich auch das letzte bisschen Geld als Bezahlung für den Brandy aus dir
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