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Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Titel: Das Buch der Verdammnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Schuberth
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sich die Härchen auf meinem Arm aufrichteten, ein kalter Hauch hatte mich umfasst. November ließ mich nicht aus den Augen, während er sprach. Es war, als würde er nicht mehr seine Geschichten erzählen, sondern mich direkt ansprechen. Er hatte aufgehört, zu reden, sein Blick ruhte immer noch auf mir, und für einen Moment glaubte ich, ihn vor mir zu sehen. Baretta, meinen alter Mentor. Es schien mir Ewigkeiten zu dauern, bis sich November wieder an die anderen im Raum richtete.
    „Ich muss mich entschuldigen, ich bin abgeschweift, ich wurde mitgerissen vom Fluss der Geschichte, diese Schuld meines Autors sollte lediglich seinen Charakter anschaulicher machen.
    Mein Autor, ich nenne ihn übrigens Karel, hat diese alte Geschichte schon lange vergessen, als er in einer seiner Horrorgeschichten eine Frau entwirft, eine Frau, die das Wunschbild seiner kleinen Autorenseele darstellt.“
    „Hast du denn auch im Kopf, wie dein Held aussieht“, fragte Sybilla.
    November nickte, er schloss kurz die Augen, konzentrierte sich. „Er ist nicht der muskulöse strahlende Held, wie wir ihn aus Hollywoodfilmen können, eher ein Mann mit einem Niemandsgesicht, den man vergessen hat, sobald man ihn sieht. Er ist eitel und glaubt wirklich, seine Existenz hätte eine Bedeutung. Er ist ein Mann, der bereit ist für die Katastrophe, die über ihn hereinbrechen wird und der sie auch verdient hat.
    Eines Tages, und dies ist der erste Wendepunkt meiner Geschichte, geschieht das Unfassbare. Karel begegnet seiner Traumfrau, der Ausgeburt seiner unreifen Fantasie. Es ist auf einer Party, er verliebt sich in die Frau, die so ganz seinem unreifen Traumbild entspricht. Sie ist eine sehr intelligente Frau, eine Astrophysikerin, die über Dinge Bescheid weiß, die den Geisteshorizont unseres Helden weit übersteigen. Er ist blind vor Liebe und sieht nicht, will nicht sehen, dass er ein Monster gezeugt hat, ein wildes, zügelloses Tier, das ihn verschlingen wird.“
    November nahm sich die Brille ab und massierte seinen Nasenrücken.
    Was für ein Spiel trieb er, das war meine Geschichte, die er erzählte. In dem kurzen Moment, den November schwieg, prüfte ich in meinem Kopf unzählige Theorien. Vielleicht war ja November dahinter gekommen, dass sich hinter Leon Mercier der Horrorautor Peter von Hellsinki verbarg. Es gab genug Leute, die davon wussten, einige Mitarbeiter des Verlags, Gonzo, Eva und auch Meike. Mutmaßungen dazu konnte man auch in zahllosen Internetforen finden.
    Aber wie konnte November von Helen wissen? Ich hatte nur Hank und Gonzo von ihr erzählt. Und hatte am Ende selbst geglaubt, dass Helen nur ein Trugbild gewesen sei.
    Vielleicht steckte November mit Hank unter einer Decke, vielleicht war Hank nicht allein, vielleicht gab es eine Gruppe von Fans, die sich entschlossen hatten, ein perfides Spiel mit mir zu spielen, vielleicht eine Art Rache für das Versagen von Hank Lester in der 300. Folge der Reihe.
    Oder war doch nur alles ein Zufall? Vielleicht war ich es, der Dinge miteinander verband, die nichts miteinander zu tun hatten. Vielleicht geschah das alles nur in meinem Kopf und ich stand wirklich kurz davor, durchzudrehen.
    November schwieg noch immer. Polonski wurde ungeduldig. Dass in der Geschichte ein Monster vorkam, hatte ihn neugierig werden lassen.
    „ Das Monster wird dem Helden also den Kopf abreißen.“
    November sah ihn mit seinen wässrigen Augen an.
    „Wie er zu Tode kommt, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“
    Mich fröstelte, als er sprach. Eine Wut, die aus meinem Innersten kam, kroch durch meinen Körper in mein Hirn und wollte sich Luft machen. Aber ich zwang mich, ruhig zu bleiben.
    „Sie als erfahrene Autoren kennen das“, fuhr November fort, „man ist an einem Punkt, wo man nicht mehr weiter weiß, man beginnt eine Nebenhandlung, bei mir ist das ein blutrünstiger Killer, der in einem Park sein Unwesen treibt. Aber ich habe das Gefühl, dass ich beginne, die großen Zusammenhänge aus den Augen zu verlieren. Dass in der Geschichte eben viel mehr auf dem Spiel steht. Es geht um die Zukunft unseres Planeten, um den uralten Kampf zwischen Gut und Böse, der ein für alle Mal entschieden werden muss.“
    November machte eine Pause. Er sah mich fragend an, als wartete er auf meinen Kommentar.
    Ich musste schlucken. Sein direkter Blick machte mich nervös.
    „ Das ist noch alles sehr wenig konkret“, sagte ich.
    „ Das ist richtig, darum hoffe ich ja auf die Ideen meiner

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