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Das Buch der verlorenen Dinge

Das Buch der verlorenen Dinge

Titel: Das Buch der verlorenen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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los.«
    Sie wischte David mit einem Tuch das Blut vom Gesicht und küsste ihn sanft auf die Lippen. Dann hob sie ihn auf einen der beiden Tische und kettete ihn dort an, für den Fall, dass er in der Nacht zu fliehen versuchte. Nachdem sie die Lampen gelöscht hatte, zog sie sich im Schein des Feuers aus, legte sich nackt auf ihre Strohmatratze und schlief ein.
    Doch David schlief nicht. Er dachte über seine Lage nach. Er rief sich alle seine Geschichten ins Gedächtnis und erinnerte sich daran, was der Förster ihm über das Lebkuchenhaus erzählt hatte. Aus jeder Geschichte konnte man etwas lernen.
    Und nach einer Weile begann er, einen Plan zu schmieden.

17
    Von Zentauren und der Eitelkeit der Jägerin
     
     
     
    Früh am nächsten Morgen erwachte die Jägerin und zog sich an. Sie briet ein Stück Fleisch über dem Feuer, aß es und trank einen Tee dazu aus Kräutern und Gewürzen, dann kam sie zu David, lockerte die Fesseln ein wenig und setzte ihn auf. Sein Körper schmerzte von dem harten Tisch und der erzwungenen Bewegungslosigkeit, und er hatte nur sehr wenig geschlafen, aber er verspürte eine neue Entschlossenheit. Bisher war er größtenteils von der Hilfsbereitschaft anderer abhängig gewesen, was seine Versorgung und Sicherheit betraf. Jetzt war er auf sich allein gestellt, und ob er überlebte oder nicht, lag ganz allein in seiner Hand.
    Die Jägerin flößte ihm ein wenig Tee ein und wollte ihm auch von dem Fleisch geben, doch David weigerte sich, den Mund zu öffnen. Das Fleisch verströmte einen starken, eigentümlichen Geruch.
    »Das ist Wild«, sagte sie. »Du musst essen. Du brauchst deine Kraft.«
    Doch David presste die Lippen fest zusammen. Er musste immerzu an das Rehmädchen denken, daran, wie ihre Haut seine berührt hatte. Wer wusste schon, welches Kind mit diesem Tierkörper verbunden gewesen war? Vielleicht war es sogar das Fleisch des Rehmädchens, blutig aus ihrem Körper gerissen, das die Jägerin zum Frühstück verspeiste. Nein, er konnte und wollte nicht davon essen.
    Die Jägerin gab auf und bot David stattdessen ein Stück Brot an. Sie befreite sogar eine seiner Hände, damit er sich selbst bedienen konnte. Während er aß, holte sie den Käfig mit dem Fuchs aus dem Stall und stellte ihn auf den Tisch neben David. Der Fuchs beobachtete den Jungen, fast als wüsste er, was kommen würde. Während die beiden sich ansahen, legte die Jägerin alles bereit, was sie brauchen würde: Messer und Sägen, Tupfer und Verbände, lange Nadeln und schwarzes Garn, Schläuche und Fläschchen und einen Glasbehälter mit einer durchsichtigen, zähen Flüssigkeit. An einige der Schläuche schloss sie eine Pumpe an – »um den Blutfluss zu erhalten, nur für den Notfall« –, dann stellte sie die Lederriemen so ein, dass sie um die zierlichen Läufe eines Fuchses passten.
    »Na, was hältst du von deinem zukünftigen Körper?«, fragte sie David, als ihre Vorbereitungen beendet waren. »Ein schöner Fuchs, jung und flink.«
    Der Fuchs versuchte, in einen der Gitterstäbe zu beißen, und entblößte dabei seine scharfen weißen Zähne.
    »Was machst du hinterher mit meinem Körper und seinem Kopf?«, fragte David.
    »Dein Fleisch werde ich trocknen und zu meinen Wintervorräten legen. Ich habe festgestellt, dass es zwar möglich ist, den Kopf eines Kindes mit dem Körper eines Tieres zu verbinden, aber nicht umgekehrt. Das Gehirn der Tiere ist nicht in der Lage, sich auf einen Menschenkörper einzustellen. Sie können sich nicht richtig bewegen und geben keine gute Jagdbeute ab. Anfangs habe ich sie einfach aus Spaß zusammengesetzt und dann freigelassen, aber jetzt verschwende ich meine Zeit nicht mehr darauf. Ein paar von ihnen laufen immer noch im Wald herum. Sie sind schwach und kränklich. Manchmal töte ich sie aus Mitleid, wenn sie mir über den Weg laufen.«
    »Ich habe über das nachgedacht, was du gestern Abend gesagt hast«, sagte David mit Bedacht. »Dass alle Kinder davon träumen, ein Tier zu sein.«
    »Und, ist es nicht so?«, fragte die Jägerin.
    »Doch, ich glaube schon«, sagte David. »Ich wollte immer ein Pferd sein.«
    Die Jägerin sah ihn interessiert an.
    »Und weshalb ein Pferd?«
    »In den Geschichten, die ich gelesen habe, als ich klein war, kam ein Wesen namens Zentaur vor. Es war halb Pferd und halb Mann. Dort, wo sonst der Hals des Pferdes ist, hatte es den Oberkörper eines Mannes, sodass es einen Bogen halten und schießen konnte. Es war schön und stark, und es

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