Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
Vom Netzwerk:
nicht weit entfernt im Wald auf der Lauer liegen, und du kannst mir einen Gefallen tun und deine eigenenWünsche befördern, wenn du zu Tevildo gehst, ob Beren nun dort ist oder nicht, und ihm sagst, dass du auf Huan von den Hunden gestoßen seist, der krank an diesem Platz in den Wäldern darniederliege. Schicke ihn nicht geradewegs hierher, denn du musst ihn, wenn es möglich ist, selbst führen. Dann wirst du sehen, was ich mir für dich und für Tevildo ausgedacht habe. Mir scheint, dass Tevildo dich, wenn du solche Nachricht bringst, in seinen Hallen nicht böse empfangen oder versuchen wird, dich dort festzuhalten.‹
    Auf diese Weise plante Huan, sowohl Tevildo eine Kränkung zuzufügen oder ihn, wenn es sich so ergab, zu töten, und Beren zu helfen, von dem er glaubte, dass er in Wahrheit jener Beren, Sohn Egnors, war, den die Hunde von Hisilóme liebten. Als er nämlich den Namen Gwendeling hörte und daraus schloss, dass dieses Mädchen eine Prinzessin der Wald-Elben war, beeilte er sich, ihr zu helfen, und sein Herz erfreute sich an ihrer Lieblichkeit.
    Nun fasste sich Tinúviel ein Herz und schlich nahe an die Hallen Tevildos heran, und Huan, sehr verwundert über ihren Mut, folgte ihr heimlich so weit, wie es möglich war, wenn sein Plan Erfolg haben sollte. Schließlich verlor er sie jedoch aus den Augen, sie verließ die schützenden Bäume und kam in ein Gebiet mit hohem Gras, durchsetzt mit Büschen, das bis zu einem Vorsprung der Berge ständig anstieg. Dieser felsige Sporn war nun von der Sonne beschienen, aber über allen Hügeln und Bergen dahinter lastete eine schwarze Wolke, denn dort lag Angamandi; und im Weiterwandern wagte es Tinúviel nicht, in diese Düsternis hinaufzuschauen, denn Furcht bedrückte sie, und während sie ging, hob sich der Grund, und das Gras wurde kärglicher und war von Geröllflächen unterbrochen, bis man an eine Klippe gelangte, auf einer Seite steil abfallend, und dort, auf einem steinigen Vorsprung, stand dasSchloss Tevildos. Kein Pfad führte dorthin, und das Gelände, auf dem es erbaut war, fiel in Terrassen zum Wald ab, so dass man seine Tore nur mit vielen großen Sprüngen erreichen konnte, und je näher man dem Schloss kam, desto steiler wurden diese. Das Haus hatte nur wenige Fenster, und zu ebener Erde gab es gar keine – der wirkliche Eingang war nämlich hoch oben, wo bei den Wohnungen der Menschen gewöhnlich die Fenster des oberen Stockwerks sind; das Dach jedoch hatte viele geräumige, flache Stellen, die der Sonne ausgesetzt waren.
    Nun wandert Tinúviel mutlos über die unterste Terrasse und schaut furchtsam auf das dunkle Haus auf dem Hügel, als sie an einer Felsenkehre unversehens auf einen einzelnen Kater stößt, der in der Sonne liegt und zu schlafen scheint. Als Tinúviel näher kam, öffnete der Kater ein gelbes Auge und blinzelte sie an, und daraufhin erhob er sich, streckte sich, schritt auf sie zu und sagte: ›Woher des Wegs, kleines Mädchen – weißt du nicht, dass du wider das Recht den sonnigen Grund und Boden Seiner Hoheit Tevildo und seiner Gefolgsleute betrittst?‹
    Da fürchtete sich Tinúviel sehr, doch sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und erwiderte: ›Das weiß ich, mein Gebieter‹ – und das gefiel dem alten Kater über die Maßen, denn in Wahrheit war er bloß Tevildos Torwächter – ›jedoch ich möchte Euch um die Freundlichkeit bitten, mich sogleich vor das Angesicht Tevildos zu führen – selbst wenn er gerade schläft‹, setzte sie hinzu, weil der erstaunte Torwächter ablehnend mit dem Schwanz schlug. ›Ich habe eine Nachricht, die nur für sein Ohr bestimmt und so wichtig ist, dass sie keinen Aufschub duldet. Führt mich zu ihm, mein Gebieter‹, bat sie, und darauf schnurrte der Kater so laut, dass sie seinen hässlichen Kopf zu streicheln wagte, und dieser war viel größer als der ihre, ja größer als der irgendeines Hundes, den es nun auf der Erde gibt. Als Umuiyan, so war der Name dieses Katers, so flehentlichgebeten wurde, sagte er: ›So komm denn mit mir.‹ Und zu ihrem großen Entsetzen packte er sie plötzlich an der Schulter bei ihren Kleidern, warf sie auf seinen Rücken und sprang auf die zweite Terrasse. Dort blieb er stehen, und während Tinúviel mühsam von seinem Rücken kletterte, sagte er: ›Es trifft sich gut, dass mein Herr Tevildo heute Nachmittag fern von seinem Hause auf der unteren Terrasse ruht, denn eine große Müdigkeit und ein Verlangen nach Schlaf haben mich überkommen, so

Weitere Kostenlose Bücher