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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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ihm zu Hilfe kam, mich angeknurrt und zubeißen versucht, und eine solche Kreatur, so scheint mir, verdient jede Strafe.‹
    Dies alles, was Tinúviel sprach, war nun eine große Lüge, die zu ersinnen ihr Huan geholfen hatte, und Mädchen der Eldar sind es nicht gewohnt, sich Lügen auszudenken; doch ich habe nie gehört, dass einer der Eldar, und auch nicht Beren, sie deswegen später getadelt hätte, und ich tue es ebenfalls nicht, denn Tevildo war eine bösartige Katze, und Melko war das verruchteste aller Wesen, und in ihren Händen war Tinúviel in tödlicher Gefahr. Tevildo freilich, ein großer und geübter Lügner, war so vertraut mit den Lügen und halben Wahrheiten aller Tiere und Kreaturen, dass er selten wusste, ob er dem, was man ihm sagte, Glauben schenken sollte oder nicht, und er war es gewohnt, allem zu misstrauen, ausgenommen jenen Dingen, von denen er wünschte, sie seien wahr, und so kam es, dass er von ehrlicheren Leuten oft getäuscht wurde. Die Geschichte nun von Huan und dessen Hilflosigkeit gefiel ihm so sehr, dass er sie gern für wahr gehalten hätte, und er beschloss, sie zumindest einer Prüfung zu unterziehen; zunächst jedoch schützte er Gleichgültigkeit vor und sagte, diese Geschichte sei der Geheimniskrämerei nicht wert und hätte ohne weiteres draußen erzählt werden können. Doch Tinúviel erwiderte, sie hätte nicht geglaubt, dass Tevildo, dem Fürsten der Katzen, unbekannt sei, dass die Ohren Huans die leisesten Geräusche im Umkreis einer Meile aufnehmen könnten und er die Stimme einer Katze aus noch größerer Entfernung hören könne.
    Nun suchte Tevildo, unter dem Vorwand, ihrer Geschichte zu misstrauen, von Tinúviel zu erfahren, wo genau Huan zu finden sei, doch sie gab nur ungenaue Antworten, weil sie darin ihre einzige Hoffnung sah, aus dem Schloss zu entkommen, so dass Tevildo schließlich, überwältigt von Neugier und ihr für den Fall, dass sie ihn angelogen hatte, schreckliche Dinge androhend, zwei seiner Gefolgsleute zu sich beschied, von denen einer Oikeroi war, ein grausamer und kampflustiger Kater. Darauf verließen diese drei Katzen mit Tinúviel das Schloss, doch Tinúviel zog ihr schwarzes Zaubergewand aus und faltete es zusammen, bis es trotz seiner Größe und Dichte nicht größer war als das kleinste Taschentuch (denn das vermochte sie), und nun wurde sie auf Oikerois Rücken die Terrassen hinuntergetragen, ohne dass er fehltrat oder ihn Schläfrigkeit ergriff. Nun schlichen sie durch die Wälder in die Richtung, die sie ihnen gewiesen hatte, und bald riecht Tevildo den Hund, und seine Haare sträuben sich, und er peitscht mit seinem mächtigen Schwanz, doch zunächst besteigt er einen hohen Baum und blickt von dort in das Tal, das Tinúviel ihnen genannt hat. Dort sieht er wirklich die mächtige Gestalt Huans ausgestreckt daliegen, ächzend und stöhnend, und voll Jubel klettert er eilig herab, und, wahrhaftig, in seinem Übereifer vergisst er Tinúviel, die nun, in großer Sorge um Huan, verborgen in einem Farndickicht liegt. Tevildo und seine beiden Kumpanen hatten den Plan, aus verschiedenen Richtungen heimlich in das Tal einzudringen, plötzlich und unerwartet zu dritt über Huan herzufallen und ihn zu töten, oder, falls er zu hinfällig zum Kampfe wäre, ihn zu ihrem Vergnügen zu quälen. Dies taten sie nun, doch sowie sie hervorstürzten, sprang Huan mit gewaltigem Bellen in die Höhe, und seine Kiefer schlossen sich um den Hals von Oikeroi, und Oikeroi starb; der andere Gefolgsmann jedoch floh heulend auf einen hohen Baum, und so stand Tevildo Huan allein gegenüber, und ein solcher Zweikampf war nicht nach seinem Geschmack, doch Huan griff ihn so rasch an, dass zur Flucht keine Zeit blieb, und sie kämpften erbittert auf dieser Lichtung, und der Lärm, den Tevildo dabei vollführte, war scheußlich; aber schließlich bekam Huan Tevildos Kehle zu packen, und die Katze wäre vermutlich verlorengewesen, hätte sie nicht, als sie blindlings um sich schlug, mit ihren Krallen Huans Auge durchbohrt. Da brüllte Huan laut auf, und Tevildo schrie gellend, riss sich mit einem mächtigen Ruck los und sprang auf einen hohen, dünnen Baum, der in der Nähe stand, so wie sein Kumpan es getan hatte. Trotz seiner schmerzhaften Wunde sprang Huan laut bellend unter diesen Baum, und aus der Höhe verfluchte ihn Tevildo und warf ihm böse Worte zu.
    Darauf sagte Huan: ›Höre, Tevildo, dies sind die Worte von Huan, den du zu fangen und hilflos zu töten

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