Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
entdeckt, bevor Meglin ihm in die Hände fiel, und Kreaturen Melkos hatten den »Weg der Flucht« gefunden und von den Bergen der Umgebung auf Gondolin hinuntergeschaut. Meglins Verrat besteht darin, dass er eine genaue Beschreibung der Stadt und der Vorbereitungen zu ihrer Verteidigung liefert – und Melko zum Bau der Ungeheuer aus Flammen rät. Im Silmarillion andererseits findet sich das später entwickelte Motiv, dass Húrin Morgoths Spähern unbewusst einen ungefähren Aufschluss über die geographische Lage Gondolins gab: »das gebirgige Land zwischen dem Anach und dem Oberlauf des Sirion; dank der Wachsamkeit der Adler jedoch konnte noch kein Späher aus Angband dorthin gelangen« (S. 268) – und von dieser Rolle der Adler in den Umzingelnden Bergen (obgleich sie Melko ja feindlich gesonnen waren, vgl. S. 299f.) findet sich in der ersten Fassung keine Spur.
So hatte Morgoth im Silmarillion bis zu Maeglins Gefangennahme keine Kenntnis von der genauen Lage Gondolins. Maeglins Information war für ihn entsprechend wertvoll und führte auch zu einer stärkeren Zerstörung der Stadt. Die Geschichte der letzten Jahre Gondolins hat folglich in der frühen Fassung eine etwas andere Qualität, da die Gondothlim von Melkos Spähern wissen und Turgon sich auf Krieg vorbereitet und die Wachen verstärkt. Als Melko kurz vor dem Angriff auf Gondolin alle Späher abzieht, flammt der Optimismus bei den Gondothlim wieder auf, nicht zuletzt bei Turgon, so dass der Angriff die Einwohner unvorbereitet trifft; in der späteren Fassung ist der Schock des plötzlichen Angriffs größer, denn es hat nie einen Grund zur Annahme gegeben, die Stadt befinde sich in unmittelbarer Gefahr, und Idrils Vorahnung kommt ihr selber eigentümlich und rätselhaft vor.
Die Heerschau der Gondothlim (S. 264–267)
Obgleich das zentrale Bild dieses Teils der Geschichte – das Volk von Gondolin begrüßt am Fest der Pforten des Sommers von seinen Mauern aus die aufgehende Sonne und erblickt ein rotes Licht im Norden, und nicht im Osten – erhalten blieb, findet sich von der Heerschau in späteren Schriften kaum etwas. Hätte mein Vater den »späteren Tuor« fortgesetzt, wäre zweifellos einiges davon, wenn auch verändert, wieder aufgenommen worden; wir brauchen nur an die ausführliche »heraldische« Beschreibung der großen Tore und ihrer Wachen in der Orfaich Echor denken (ST, S. 68f.). Doch in der knappen Schilderung des Silmarillion sind nur die Beinamen erhalten: Ecthelion »von der Quelle« 4 und Glorfindel, »Herr des Hauses der Goldenen Blume von Gondolin«. Ecthelion und Glorfindel werden auch im Silmarillion (S. 217) als Turgons Hauptleute genannt, welche beim Rückzug des Heeres von Gondolin aus der Nirnaeth Arnoediad am Sirion entlang die Flanken deckten, doch von anderen in der Geschichte genannten Hauptleuten findet sich später keine Spur mehr 5 – obgleich es bezeichnend ist, dass der achtzehnte Herrschende Truchsess von Gondor Egalmoth genannt wurde, und der siebzehnte und fünfundzwanzigste Ecthelion (Die Rückkehr des Königs, Anhänge A, I, S. 360) 6 .
Glorfindel, »der Goldhaarige«, blieb als »der Goldblonde« im Silmarillion erhalten, und dies war von Anfang an die Bedeutung seines Namens.
Die Schlacht um Gondolin (S. 268–290)
Die ausführliche, wahrhaft einzigartige Schilderung des Kampfes um Gondolin ist im Silmarillion auf wenige Zeilen zusammengedrängt (S. 269):
»Von den Taten verzweifelten Mutes, welche die Häupter der edlen Häuser und ihre Krieger dort leisteten … wird ausführlich im Fall von Gondolin erzählt: wie Ecthelion von der Quelle auf dem Platz vor dem Königshause mit Gothmog, dem Fürsten der Balrogs, kämpfte und beide einander erschlugen, und wie Turgons Turm von den Männern seines Hauses verteidigt wurde, bis man den Turm umwarf. Gewaltig war sein Einsturz wie der Sturz Turgons zwischen den Trümmern.
Tuor versuchte Idril aus den Trümmern der Stadt zu retten, doch Maeglin hatte Hand an sie und Earendil gelegt; und Tuor rang mit Maeglin auf der Stadtmauer und warf ihn hinunter, und dreimal schlug sein Leib im Fallen auf die Felswände des Amon Gwareth auf, ehe er drunten in die Flammen stürzte. Dann führten Tuor und Idril diejenigen, die sie in der Verwirrung der niederbrennenden Stadt noch zu sammeln vermochten, den geheimen Weg hinab, den Idril vorbereitet hatte.«
In dieser stark verdichteten Beschreibung wurde das Detail, dass Maeglins Leib dreimal gegen die Felswände des Amon
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