Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Zwergenvolks offenbaren selten, was sie denken. Nach einer Zeit der Ruhe nun begannen die Nauglath die letzte Schmiedearbeit in einer tiefen Kammer von Tinwelints Behausung, die er fürihre Zwecke hatte bereitstellen lassen, und was ihnen an Eifer fehlte, ersetzte die Furcht, und an der ganzen Arbeit hatte Ufedhin einen sehr großen Anteil.
Sie machten eine goldene Krone für Tinwelint, der bis jetzt nichts als ein Gewinde aus purpurnen Blättern getragen hatte; und sie machten auch einen überaus prächtigen Helm; und das Schwert war aus Zwergenstahl, von weither gebracht, und das Heft war aus blankem Gold, und mit Gold und Silber waren merkwürdige Figuren darin eingelegt, in denen man deutlich die Wolfsjagd erkennen konnte, die Jagd auf Karkaras Messerrachen, den Vater der Wölfe. Nie zuvor hatte Tinwelint ein prächtigeres Schwert gesehen, und es übertraf jenes, das Ufedhin getragen und das der König begehrt hatte. Diese Dinge hatte die Kunst Ufedhins geschaffen, doch die Zwerge machten für Tinwelint einen Kettenpanzer mit Gliedern aus Stahl und Gold und einen goldenen Gürtel. Da war der König beglückt, doch die Zwerge sagten: ›Noch ist nicht alles fertig‹, und Ufedhin machte eine silberne Krone für Gwenniel, und mit der Hilfe der Zwerge fertigte er ein Paar silberne Schuhe, überzogen mit Diamanten, und das Silber war zu solch feinen Schuppen ausgehämmert, dass es sich den Füßen anschmiegte wie weiches Leder; und auch einen Gürtel machten sie aus Silber, vermischt mit Gold. Doch diese Dinge machten nur ein Zehntel ihrer Arbeiten aus, und keine Geschichte zählt sie alle auf.
Als nun alles getan und ihr Geschmeide dem König übergeben worden war, sagte Ufedhin: ›O Tinwelint, reichster der Könige, erachtest du diese Dinge für schön?‹ Und er antwortete: ›Ja.‹ Doch Ufedhin sagte: ›Wisse denn, dass noch ein großer Vorrat deines besten und reinsten Goldes übrig ist, denn wir haben ihn aufgespart, weil wir dich um eine Gunst bitten wollen, und es ist diese: Wir wollen dir ein Halsband machen,mit Edelsteinen besetzt, und in diese Arbeit wollen wir alle Geschicklichkeit und Kunst legen, die wir haben, und wir trachten danach, das Halsband zum wunderbarsten Geschmeide zu machen, das die Erde gesehen hat, und zum größten der Werke der Elben und Zwerge. Deshalb erbitten wir den Silmaril von dir, den du verwahrst, auf dass er wundersam leuchte in dem Nauglafring, dem Halsband der Zwerge.‹
Da zweifelte Tinwelint abermals an Ufedhins Ehrlichkeit, doch gewährte er die Gunst, unter der Bedingung, dass er bei der Schmiedearbeit anwesend sein dürfe.
Keiner mehr ist noch am Leben – sagte Ailios 7 – von denen, die dieses wunderbarste Geschmeide gesehen haben, bis auf 8 Winzigherz, Sohn von Bronweg, doch es wird viel darüber erzählt. Es war nicht nur mit der größten Kunst und Feinheit der Welt geschmiedet, sondern es verfügte über zaubrische Macht, und kein Hals war zu dick oder zu schlank, um den es sich nicht anmutig und schön fügte. Obgleich eine unschätzbare Menge Goldes verbraucht worden war, um es zu schmieden, hing es so leicht am Hals wie eine Flachsfaser; und allen, die es anlegten, kam es vor, wenn es auf ihrer Brust lag, als erfülle sie Mut und Zuversicht, und die Frauen machte es schön. Unzählige Edelsteine waren in dieses Halsband eingesetzt, doch sie waren nicht mehr als eine Umrahmung, die das Auge auf seinen großen, alles überstrahlenden Glanz vorbereiten und hinlenken sollte, denn in der Mitte hing wie eine kleine Leuchte flüssigen Feuers der Silmaril von Feanor, der Edelstein der Götter.
Aber ach, selbst wenn das Gold der Rodothlim keinen bösen Zauber besessen hätte, wäre doch dieses Halsband ein Gebilde gewesen, das Unglück brachte, denn voller Bitterkeit waren die Zwerge, und alle Glieder des Bandes waren mit hasserfüllten Gedanken getränkt. Nun jedoch trugen sie es in seinemfrischen Strahlenglanz vor den König; und darob kannte der Jubel Tinwelints, des Königs der Waldland-Elben, keine Grenzen mehr, und er schlang das Nauglafring um seinen Hals, und sogleich fiel der Zauberbann Mîms auf ihn. Da sprach Ufedhin: ›Nun, o Herr, da deine kühnsten Erwartungen übertroffen sind, wirst du vielleicht den Künstlern deine königliche Belohnung gewähren und ihnen erlauben, dass auch sie in Freuden in ihre eigenen Lande zurückkehren.‹
Doch Tinwelint, vom goldenen Zauber umgarnt und befallen vom Fluche Mîms, missfiel es, an sein Versprechen
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