Das Buch des Todes: Roman (German Edition)
gerade, als hätte JD besonders viel Mitgefühl mit den erschossenen Polizisten und ihren Familien. Unter den Toten mochten ja durchaus ein paar miese Schweine sein, aber er schien nicht zu begreifen, dass auch die vielleicht Partner und kleine Kinder gehabt hatten. Beth musste sofort wieder an ihren ehemaligen Chef denken.
»Und Bertram Cromwell? Hat der auch bekommen, was er verdient?«
»Wer weiß?«
»Nein, hat er nicht, das kann ich dir sagen«, schimpfte sie. JD wirkte auf einmal so distanziert, als ob er ihr gar nicht zuhörte. »Hoffentlich erwischen sie den Bourbon Kid und bringen ihn auf den elektrischen Stuhl!«
»Sei mal einen Moment still«, sagte JD und stellte das Radio lauter.
Beth hörte, wie Harry Hunter verlas, dass es in Sachen Bourbon Kid eine neue Entwicklung gab.
»Es ist unserem Sender gelungen, Videomaterial zu beschaffen, auf dem der Bourbon Kid dabei zu sehen ist, wie er letzte Nacht das Polizeirevier betritt. Wir bitten alle Mitbürger, sich die Bilder im Fernsehen oder auf unserer Webseite anzuschauen. Falls Sie den Mann auf dem Bild irgendwo sehen, sollten Sie sich in Sicherheit bringen und die Bourbon-Kid-Hotline anrufen. Die Nummer lautet …«
JD schaltete das Radio aus, bevor Harry Hunter die Nummer bekannt geben konnte.
»Das Bild werde ich mir zu Hause gleich anschauen«, erklärte Beth. »Wie der wohl aussieht?«
»Wahrscheinlich wie jeder andere in dieser Stadt«, sagte JD . »Schwarz-Weiß-Bilder von Sicherheitskameras kannst du vergessen.«
»Trotzdem – ich will das Gesicht von Bertram Cromwells Mörder sehen.«
JD schien auf einmal ganz unruhig zu werden. Er rieb sich das Kinn und überlegte einen Moment. »Weißt du was?«, sagte er dann. »Du hast doch hier keinen Job mehr. Warum hauen wir also nicht einfach aus der Stadt ab? Heute noch. Sofort.«
Beth war überrascht. Das kam etwas plötzlich. »Was? Ganz fort aus Santa Mondega?«
»Ja, ich bin sowieso nur deinetwegen nochmal hergekommen. Uns hält hier nichts mehr, lass uns irgendwo anders ein neues Leben anfangen. In einer Gegend ohne diese beschissenen Vampire.«
»Ehrlich?«
»Klar. Oder fällt dir ein guter Grund ein, aus dem du unbedingt bleiben müsstest?«
Beth fand die Idee großartig. Noch vor einem Tag hatte sie davon geträumt, mit JD durchs Land zu ziehen, neue Städte kennenzulernen, und jetzt auf einmal wurde daraus Wirklichkeit. »Wann willst du denn los?«
»Warum nicht gleich jetzt?«
»Das ist eine tolle Idee, aber ich habe für meine Wohnung einen Monat Kündigungsfrist.«
»Da kann dein Vermieter sich noch lange drüber ärgern, wenn du in New Mexico bist. Also, scheiß drauf.«
»Wir gehen nach New Mexico?«
»Ist eine Möglichkeit. Wir gehen, wohin du willst, Baby. Was Besseres als hier finden wir überall.«
»Das stimmt.«
JD hielt den Wagen an. Sie standen vor dem Wohnblock, in dem Beth lebte. Er sah sie an, und man merkte, dass es ihm bitterernst war. »Ab nach oben, Beth. Pack alles Wichtige zusammen, und in einer Stunde hole ich dich ab.«
»Wo willst du denn hin?«
»Ich erledige noch ein paar Sachen und komme dann zurück.«
Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Mund – es war ein sanfter, langer Kuss, der Beths letzte Zweifel schmelzen ließ. »Los, bevor ich es mir nochmal anders überlege«, sagte er dann.
»Bist du dir auch ganz sicher?«
»Ja.«
JD seufzte. »Den meisten Kram kannst du einfach hierlassen, denke ich. Pack nur ein, was irgendeine sentimentale Bedeutung hat. Kleine Dinge, auf die du absolut nicht verzichten willst.«
Beth lächelte und erwiderte seinen Kuss. »Na ja, meine Möbel gehören entweder sowieso meinem Vermieter oder sind nicht viel wert.«
»Perfekt«, sagte JD . »Dann ist es also abgemacht. Fang sofort an. Für einen Kaffee oder Fernsehen hast du keine Zeit mehr, okay? In einer Stunde verschwinden wir von hier.«
»Alles klar, eine Stunde.«
»Falls du nicht fertig bist, wenn ich wiederkomme, fahre ich ohne dich.«
Beth zog das Herz mit den Initialen aus der Tasche ihrer Jeans. »Schon vergessen, dass ich das Herz habe?«, fragte sie lächelnd.
JD musterte das Stoffstück und wirkte plötzlich traurig. Gleich darauf lächelte er schon wieder, aber Beth spürte, dass etwas nicht stimmte. »Was ist los?«, fragte sie.
»Nichts.«
»Ist was mit dem Herz, das ich wissen sollte? Du hast auf einmal so traurig ausgesehen.«
Er lächelte. »Alles in Ordnung. Ist eigentlich eine alberne Geschichte. Mein Bruder Casper
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