Das Buch Gabriel: Roman
Dijon-Senf
340 ml Pflanzenöl
Für die Würzmischung
1 1/2 TL gewürfelte Zwiebel
15 g gewürfelte Cornichons
5 g gehackte Sardellen
1 hartgekochtes, feingewürfeltes Ei
1/4 geriebene Sellerieknolle
10 g Petersilie
Salz und Pfeffer
Brioche und Parmesan im Mixer zerkleinern, mit zusätzlichem Parmesan abschmecken, dann zur Seite stellen. In einer Rührschüssel die Eier mit Essig, Salz, Pfeffer und Senf vermengen. Nach und nach Öl zugeben, bis die Mischung richtig eingebunden ist und so dickflüssig wie gezuckerte Kondensmilch. Sardellen, Cornichons, Zwiebeln, Ei, Sellerie und Petersilie zugeben. Die Konsistenz sollte sehr dickflüssig sein, der Geschmack vollmundig und kräftig. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Schließlich die Schildkrötenhälse mit der Brioche-Parmesan-Kruste bestreichen und frittieren, bis sie goldbraun sind. Mit in Öl ausgebackener italienischer Petersilie garnieren und zusammen mit der Sauce servieren.
Rezept für sieben Personen.
Bon appétit!
----
21:00 Uhr
Vor dem nächsten Gang lässt eine außergewöhnliche Kurzweil den Saal verstummen. In der Tür erscheint zunächst die Schwanzspitze einer riesenhaften Schlange, die von einem Küchenhelfer getragen wird. Von zwei weiteren Trägern gehalten, gleitet ein weiteres Stück der Schlange herein, dann kommen noch zwei Träger, dann noch zwei, bis schließlich der Chefkoch mit dem Kopf einer Anakonda den Raum betritt. Wie Sargträger begeben sich die Helfer unter die Gewölbebögen und ziehen die Schlange dann über die Tafel, bis sie deren gesamte Länge ausmisst, dabei aber an beiden Enden noch ein Stück auf dem Boden hängt. Eine klumpenartige Verdickung in ihrem Mittelteil, vielfach umfangreicher als ihr Kopf, legt nahe, dass sich in der Schlange noch ein anderes Lebewesen befinden könnte. Auf der Schlangenhaut präsentiert die Natur ein Kunstwerk: ausgesuchte goldene und schokoladenbraune Lamellen, die im Art-Déco-Stil von kreisförmigen Flecken durchbrochen und schraffiert werden. Und trotz des ganzen Aufwands, der sicherlich viel Zeit in Anspruch genommen hat, hat die Natur vergessen, diesem Geschöpf Mitgefühl zu schenken – oder wenigstens Beine.
Sie hat einen Bettvorleger geschaffen, der durch Strangulation tötet.
Einer der Träger verkündet am Kopfende der Tafel: »Der erste Programmpunkt des heutigen Abends ist ein ganz besonderes Abenteuer: Diese größte aller Schlangen wurde heute direkt aus ihrem Nest im Dschungel eingeflogen. Aber wir werden sie nicht essen. Was wir hier vor uns haben, ist der punktgenauste Fleisch-Zartmacher der Welt. Die einzige Frage ist: Was hat sie zuletzt zu sich genommen? Das ist das Abenteuer, und wir hoffen, Sie lassen sich darauf ein, die Spezialität zu verkosten, die zum Vorschein kommen wird – unbesehen.« Sein Arm beschreibt einen weiten Bogen: »Monsier le chef!«
Der Chefkoch nimmt den Kopf der Schlange, und auf drei drehen die Träger das Tier auf den Rücken. Auf dem Bauch weist es eine im Licht schimmernde elfenbeinfarbene Musterung auf. Mit einer schnellen Bewegung zieht der Chefkoch das Messer sauber durch das Fleisch.
»Ah«, sagt er, »was haben wir denn hier.«
Er krempelt die Ärmel hoch und schiebt die Arme bis zu den Ellbogen in das Tier, tastet wühlend darin herum und wirft grimmig entschlossene Blicke zur Seite. Schließlich beugt er sich über das Tier und hebt aus dessen Tiefen etwas heraus.
Ein vollständiges Menschenbaby.
Ich zucke zusammen und habe das Gefühl, dass sich der gesamte Saal schlagartig von mir entfernt. Aber schon spüre ich von unten heißen Atem an meinem Ohr: »Das«, flüstert der Buchhalter, »ist nur modelliertes Schweine- und Kalbfleisch mit Hummeraugen – wir machen das jedes Mal, die Banker lieben es.« Dann greift er nach meiner Schulter und zeigt zur Tür, wo offenbar nach mir verlangt wird.
»Ein kleiner besorgniserregender Vorfall.« Es ist Thomas. »Hier ist irgendein Mädchen, das nichts mit der Veranstaltung zu tun hat – klein, dunkle Haare. Was merkwürdig ist, denn der reguläre Betrieb ist eigentlich schon vorbei. Hat sie etwa einen eigenen Schlüssel?«
»Sie arbeitet im Terminal, die haben übergangsweise einen Lagerraum an der Treppe.«
Mit dem Finger zeigt er den Tunnel hinauf, und ich setze mich mit wogendem Umhang in Bewegung. Keine Spur von Anna, weder im Treppenhaus noch im Lagerraum. Ich laufe weiter und entdecke irgendwann schwaches Licht in einer Nische in der Tunnelwand vor mir. Beim Näherkommen sehe ich,
Weitere Kostenlose Bücher