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Das Buch Gabriel: Roman

Das Buch Gabriel: Roman

Titel: Das Buch Gabriel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dbc Pierre
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halb zwölf hier, dann kann ich davon ausgehen, dass niemand vor mir das Flugzeug besteigt. Ich rechne nicht mit Problemen: Die Gäste fliegen selbst, werden also einen angeheuerten Piloten haben, der die Vorab-Checks durchführt und die Triebwerke anschmeißt. Ich werde ihm einfach eine Änderung im Zeitplan durchgeben. Davon mal abgesehen: Das hier ist jedes Risiko wert. Erstens ist das hier ein offenes Rollfeld, das Chaos wird sich also größtenteils im Flugzeug selbst abspielen. Zweitens bin ich nach diesem Wochenende sowieso arbeitslos – wie wir alle, nach den ganzen Jahren, keiner ist also glücklich. Meine Leute werden darüber keine Tränen vergießen. Drittens mache ich ja konkret gar nichts – sondern du.« Er überreicht mir den Sack und deutet auf den offenen Jet: »Drinnen auf der linken Seite ist ein kleines Kämmerchen. Gott sei Dank passiert es nicht in der Luft, das würde was geben.«
    Er winkt dem Wachmann, und als ich über das Vorfeld gehe, wird mir klar, dass unser Gespräch gerade nach einem Routine-Sicherheitscheck des Flughafenpersonals ausgesehen hat. Jetzt verstehe ich auch Gottfrieds Uniformwahl, und tatsächlich, der Wachmann lässt mich mit einem lockeren Wink an Bord.
    Als ich wieder herauskomme, sehe ich, wie Gottfried mich von der anderen Seite des Vorfelds aus beobachtet und gedankenverloren nickt, wobei Feuchtigkeit in seinem Mundwinkel glitzert. Als ich auf dem Rückweg an ihm vorbeigehe, höre ihn leise knurren: »Ein kleines Andenken an Berlin. Eine Reminiszenz ans alte Kreuzberg. Vielleicht müssen sie ja heute Nacht mal mit der U-Bahn nach Hause fahren, zusammen mit dem Rest der Menschheit.«
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    Western Fanshell-Muesel-Soufflé
    mit dem Horn des Spitzmaulnashorns
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5 Knoblauchzehen, fein gehackt
1,5 Liter guter Puligny-Montrachet
12 Schalotten
1 Bund gehackte Petersilie
28 frische Western-Fanshell-Muscheln
50 ml Olivenöl
350 ml Double Cream
50 g Horn vom Spitzmaulnashorn, in ungleichmäßig geriebenen Raspelspänen
Soufflé-Basis
6 Eigelb
10 Eiweiß
350 ml Milch
8 EL ungesalzene Butter
Speisestärke
1 Prise Salz
Acht Schalotten, den Knoblauch und einen halben Liter Wein in eine Bratpfanne geben und einkochen lassen. Die Reduktion zur Seite stellen und die übrigen Schalotten mit den Muscheln kurz anschmoren, mit dem restlichen Wein ablöschen, dann beide Flüssigkeiten abseihen und zur Seite stellen. Die Muscheln herausnehmen, putzen, fein hacken und ebenfalls zur Seite stellen.
Für den Soufflé-Teig Milch und Butter aufkochen lassen, das Mehl zugeben und die Masse so lange kochen, bis sie fest wird. Auf kleiner Flamme weitere fünf bis sieben Minuten köcheln lassen, bis der Teig weich ist und glänzt. Langsam im Mixer rühren, bis er erkaltet ist, dann ein Eigelb nach dem anderen unterschlagen. Anschließend Schalotten und Muscheln unterheben.
Für die Sauce die zur Seite gestellte Muscheljus um die Hälfte reduzieren, die Sahne hinzugeben und weiter reduzieren, bis die Sauce sämig ist.
Den Ofen auf 190°C vorheizen, das Eiweiß steif schlagen und unter den warmen Soufflé-Teig ziehen. 25 Minuten in Soufflé-Förmchen backen. Stürzen, die Sauce dazugeben, mit dem geriebenen Horn bestreuen und sofort servieren.
    Rezept für sieben Personen.
    Bon appétit!
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    20:00 Uhr
    Durch den Vorhang lugend sehe ich Mädchen, die auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs gestylte Kleider tragen – keck, unverschämt lebendig, aufgedreht, zappelig. Ich denke kurz darüber nach, warum manche Menschen zu einer solchen Vitalität neigen. Vermutlich gibt es solche und solche Kinder: Die einen schieben ihre Hand unter die Bettdecke und riskieren einen heimlichen Griff; die anderen halten Unterhosen am ausgestreckten Arm, das Gesicht vor Ekel abgewandt.
    Erstere stehen hier, aufgereiht hinter der Tafel.
    Ein Leierkastenmann taucht auf, mit einem Affen in einer blau-goldenen Uniform, der auf den Tisch springt und sein Pagenhütchen lüftet. Winzige Briefumschläge flattern heraus, und als die Suppe abgeräumt wird, watschelt der Affe die Tafel hoch und runter und händigt jedem Gast einen der Umschläge aus, wobei er so geistesgestört und gleichzeitig merkwürdig vertraut grimassiert und zuckt, wie es nur Affen können, mit denen wir immerhin verwandt sind – kleine, von der Natur zu unserer Verhöhnung gesandte Spiegelbilder. Jeder der Umschläge enthält eine Karte, auf die jeweils ein Stoffmuster gedruckt ist, das zu einem der Kleider passt. Wein in sich hineinschüttend macht

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