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Das Buch Gabriel: Roman

Das Buch Gabriel: Roman

Titel: Das Buch Gabriel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dbc Pierre
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Kiosk zum Beispiel habe ich vertraut – weil sie mir nichts versprachen.
    Ich habe dann ja auch tatsächlich nichts bekommen.
    Thomas stellt Blickkontakt mit mir her. »Und stimmt es, dass er sich im Aquarium mit einem Mädchen amüsiert hat? Dein Koch? Als der Baske mich angerufen hat, konnte er vor Lachen kaum sprechen.«
    »Hm. Ich glaube, bis Smuts darüber lachen kann, dauert es noch.«
    »Soweit ich weiß, passiert Didiers Jungs so etwas häufiger. Er kann sicher irgendetwas unternehmen, mach dir nicht zu viele Gedanken. Ich gehe davon aus, deine Umlaufbahn im Netzwerk ist ähnlich wie meine – eine Armlänge Abstand, nur gelegentlicher Kontakt. Wahrscheinlich die sicherste Position. Ich konnte zuerst gar nicht fassen, was da abläuft. Aber so sieht es auf diesem Niveau eben aus.«
    »Auf jeden Fall bin ich in einer besseren Position als Smuts.«
    Unsere Blicke trennen sich, aber Thomas beugt sich vor und schüttelt leicht meinen Arm. »Du weißt, der Baske schätzt Querköpfe. Seine besten Leute sind alle so. Deswegen arbeiten sie wahrscheinlich auch so schlecht zusammen. Meine erste Veranstaltung mit ihm fand in einem preußischen Hotel statt, auf Schloss Neuhardenberg nahe der polnischen Grenze. Er hatte drei genialische Küchenchefs und sechs großartige Souschefs eingeflogen. Schon beim Fischgang gab es in der Küche eine Messerstecherei. Und als der Hauptgang serviert wurde, brannten zwei Autos, und drei Leute wurden vermisst, die nie wieder aufgetaucht sind. Wenn ich heute das Schloss besuche, ist mir das immer noch peinlich.«
    »Klingt, als müsste das die Polizei magnetisch angezogen haben.« Ich nippe am Wein.
    »Es war definitiv sein letztes Hotelevent. Und das letzte mit mehreren Küchenchefs. Danach ist er abgetaucht und hat richtig ernst gemacht.«
    Während wir uns an den gekühlten Chablis gewöhnen und uns Zeit für die Austern und das Brot nehmen, während ich mich mit Thomas und der Situation immer wohler fühle, merke ich irgendwann, dass ich mein Gedächtnis nach Smuts-Anekdoten durchforste, die ich in die Unterhaltung einfließen lassen könnte.
    »Was aber genauso heikel ist«, sage ich. »Ich meine – wie erklärt man einem Polizisten eine Weinfontäne?«
    Thomas nickt und späht über den Rand seines Glases. »Soweit ich weiß, hat er nie Probleme gehabt. Na ja – man muss sich nur die Dimension der Örtlichkeiten anschauen, die er genutzt hat. Fontänen sind da noch gar nichts. Und von Anfang an war die Warnpistole das wichtigste Utensil jedes Events. Alles wird von ihr ausgehend aufgezogen, das ist heilige Tradition. Der erste Mensch, der angestellt wird, ist immer der Wachposten mit der Schreckschusspistole. Der Aux Armes . Und was bei einem Veranstaltungsort immer als Erstes überdacht wird, ist die Evakuierung. Ich glaube, es ist erst einmal dazu gekommen. Dabei hat man festgestellt, dass der Schuss die Aufmerksamkeit weg von den Evakuierten, hin zum Wachposten lenkt und so gleich einen doppelten Zweck erfüllt. Und weil nur eine Schreckschusspistole zum Einsatz kommt, ist es für den Posten nicht so schlimm, gefasst zu werden. Natürlich bekommt er in einem solchen Fall einen finanziellen Zuschlag, das muss ich nicht extra erwähnen.«
    Wir stochern in unseren Austernschalen auf ihrem Eisbett herum, tunken Brot in Pfützen aus Meerwasser und Zitrone und baden unsere Finger darin.
    »Mittlerweile fließt ein unglaublicher Planungsaufwand in diese Events.« Thomas lässt eine letzte Molluske über seine Zunge gleiten. »Zumindest in diejenigen, die ich mitbekommen habe. Typisch Le Basque – er ist wie ein Rich Kid, das Juwelen klaut. Sein größtes Problem ist der ihm vorauseilende Ruf; heute erwarten seine Gäste das Ungeheuerliche. Symbolismus, nicht Pragmatismus. Als Nächstes wollen sie Alcatraz oder den Louvre. Ein singuläres Event. Ein geheimer Augenblick in der Geschichte der Welt.«
    Thomas hält inne, und als er Luft holt, um weiter zu sprechen, werde ich eines dicklichen Typen im grauen Anzug gewahr, der mit arroganter Ausstrahlung auf uns zuhält.
    »Brandy!« Er winkt Thomas zu. »Brandy-Boy!«
    »Werner.« Thomas nickt ihm zu. »Bist du gefeuert worden oder was?«
    »Ich bin der Chef, soll ich mich selber feuern?« Die Gestalt setzt sich unaufgefordert und wirft großkotzig anzügliche Blicke über die umstehenden Tische. Mich begrüßt er nicht.
    »War ein Scherz. Du hier? Ist schon reichlich spät für dich.«
    »Bitte verschone mich – ich habe gerade meine

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