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Das Buch Ohne Gnade: Roman

Das Buch Ohne Gnade: Roman

Titel: Das Buch Ohne Gnade: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymus , Michael Kubiak
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darunter. Emily dachte, dass er beim Finale ein durchaus ernst zu nehmender Konkurrent wäre.
    Neben ihm saß Kurt Cobain. Er war dem echten Cobain nicht nur sehr ähnlich, er roch auch so wie er. Er trug einen schmuddeligen grauen Pullover und ausgefranste Jeans. Sein Haar war blond und fettig und die untere Hälfte seines Gesichts verschwand hinter zwei Tage alten Bartstoppeln und hatte, um das grunge-typische Bild abzurunden, sicherlich für einige Wochen auf den Gebrauch von Seife verzichtet. Vielleicht versuchte er auch zu riechen wie der viel beschworene Teen Spirit. Der Gestank erinnerte eher an ein durchgeschwitztes Suspensorium.
    Zu seiner Linken residierte Johnny Cash. Emily hatte schon früh festgestellt, dass dieser Typ die Angelegenheit sehr ernst nahm. Er hatte seinen Namen offiziell in Johnny Cash geändert und gab sich alle Mühe, genauso zu leben wie der berühmte Sänger seligen Angedenkens. Während seiner Tribute-Tourneen war er in fast allen Sälen aufgetreten wie sein Idol. Sein Kostüm bestand – was niemanden wunderte – aus einem schwarzen Oberhemd und schwarzer Hose, und sein schwarzes Haar war zu einer Tolle aufgegelt. Zweifellos verfügte er über das größte Charisma aller männlichen Konkurrenten, und Emily hatte bereits entschieden, dass, wenn sie nicht gewinnen sollte, er derjenigewar, dem sie den Sieg am ehesten wünschte. Aber eigentlich wollte sie auf keinen Fall verlieren.
    Der letzte Wettstreiter, der am Ende der Reihe direkt an der Tür saß, war der James-Brown-Imitator. Er war zweifellos ein Spinner und trug einen violetten Anzug mit einem blauen, fast bis zum Bauchnabel offenen Oberhemd, unter dem eine glatte braune Brust und ein dickes goldenes Kruzifix, das an einer Kette um seinen Hals hing, zum Vorschein kamen. Ein ständiges strahlend weißes Lächeln lag auf seinem Gesicht, und er trug die gleiche wellige ungeordnete Frisur, mit welcher der Godfather of Soul in seinen letzten Jahren aufgetreten war.
    In der Garderobe herrschte Grabesruhe. Nur das Geräusch von Kurt Cobains nasalem Atmen war in der herrschenden Stille zu hören. Emily beschloss, das Eis zu brechen.
    »Was meinst du, ist meine Frisur okay?«, wollte sie von Otis Redding wissen.
    Er antwortete sofort. »Na klar, Baby, du siehst super aus«, sagte er und nickte bestätigend. Johnny Cash, der seine eigenen Haare im hell erleuchteten Spiegel vor ihm geordnet hatte, beugte sich vor, um einen Blick auf Emilys Frisur zu werfen.
    »Er hat Recht. Du siehst klasse aus«, meinte er lächelnd mit einem Augenzwinkern.
    »Danke«, sagte Emily und erwiderte das Lächeln. Ermutigt durch ihre freundliche Reaktion fuhr sie fort. »Ich glaube, ich werde jetzt richtig nervös. Wie geht es euch?«
    Erleichtert, dass das Schweigen gebrochen worden war, begannen die vier Männer beinahe gleichzeitig zu reden. Man kam überein, dass sie alle nervös waren. James Brown brachte es auf den Punkt. »Schätze, ich wäre weniger nervös, wenn ich nicht längst wüsste, dass ich im Finale bin«, sagte er und erhob sich von seinem Stuhl. »Jetzt stehen wir alle unter dem Druck zu wissen, dass wir, selbst wenn wir versagen sollten, von den Juroren bevorzugt werden und dann jeder begreift, dass die Show manipuliert wurde.«
    Emily nickte heftig. »Das kann man wohl sagen. Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen aus Angst, beim Vorsingen zu versagen. Mir scheint, dass der Druck im Finale bei Weitem nicht so groß sein wird.«
    Johnny Cash ergriff wieder das Wort. »Ja. Viel lieber würde ich mir den Einzug ins Finale auf legale Art erkämpfen. Das Ganze fühlt sich an wie nackter Betrug, nicht wahr? Warum lassen sie nicht zu, dass wir es aus eigener Kraft schaffen?«
    Otis Redding war der Einzige, der darauf eine Antwort wusste. »Weil der ganze Wettbewerb nur einen einzigen Tag dauert.«
    »Na und? Welchen Unterschied macht das?«
    »Nun, ihr Herzchen, wenn ihr ins Finale kommt, dann steht ihr nicht auf der Bühne und singt ganz alleine. Ihr habt das Hausorchester zur Unterstützung, das euch bei euerm Song begleitet.«
    »Und?«
    »Das Orchester muss schon Tage im Voraus wissen, welche Musik es spielen wird, nicht wahr? Wenn ein verdammter Jimi-Hendrix-Imitator es – unerwarteterweise – bis ins Finale schafft und verkündet, er wolle ›Voodoo Child‹ singen, dann wette ich, dass das Orchester in den Arsch gekniffen ist. Wie sollen die in einer Stunde lernen, diesen und vier andere Songs zu spielen?«
    Allmählich dämmerte es Johnny

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