Das Buch Ohne Gnade: Roman
sich umdrehte, saß Sanchez auf dem Bett und zerrte an einer Ecke des Umschlags herum.
»Was zum Teufel hast du da?«, fragte Elvis.
»Keine Ahnung.«
»Dann mach ihn auf.«
»Ich bin doch dabei, verdammt noch mal.«
Sanchez’ klobige Finger betasteten das zugeklebte Ende des Umschlags. Die Lasche war mit Klebeband versiegelt worden. Weiteres Klebeband verschloss die Lasche an den Seiten. Er riss das Klebeband ab und entfernte dann die Lasche des Umschlags. Ein paar Fotos befanden sich darin und noch etwas anderes, dickeres, das tief in den Umschlag hineingerutscht war.
»Was zur Hölle ist das?«, fragte Elvis.
Sanchez runzelte die Stirn. »Es sieht aus wie ein paar Fotos.« Indem er das untere Ende des Umschlags festhielt, sodass der dicke Gegenstand nicht herausfallen konnte, drehte er den Umschlag auf den Kopf und ließ den Inhalt auf das Bett rutschen. Elvis stellte Sanchez’ Koffer ab und kam zum Bett, um die Fotosin Augenschein zu nehmen. Sanchez hob das ihm am nächsten liegende Foto auf und betrachtete es. Es war ein Farbfoto von einem unrasierten weißen Mann mit fettigem blondem Haar.
Elvis schaute ihm über die Schulter. »Wer zum Teufel ist das denn?«, fragte er.
»Keine Ahnung.«
»Was ist dieses Stück Papier?«
«Wo?«
Elvis deutete auf einen kleinen quadratischen Zettel, der mit den Fotos aus dem Umschlag gerutscht war. Sanchez griff mit der anderen Hand danach und inspizierte ihn. Darauf befand sich eine mit blauer Tinte geschriebene Liste aus vier Namen. Er verglich die Namen mit dem Foto in seiner Hand.
»Was steht da?«, fragte Elvis.
»Ich glaube, dieser Typ ist Kurt Cobain«, sagte Sanchez und wedelte mit dem Foto. Dann blätterte er die anderen drei durch. »Das sind Fotos von vier Konkurrenten der Show, vermute ich.«
»Gib das her«, sagte Elvis und riss Sanchez den Zettel aus der Hand. Er warf einen Blick auf die Namensliste und betrachtete dann die Fotos, die Sanchez auf dem Bett ausgebreitet hatte. »Das ist übel«, stellte er nach einer längeren Pause fest.
»Ich versteh das nicht. Was soll dieser Scheiß?«, dachte Sanchez laut nach.
»Du weißt doch, was ich so treibe, nicht wahr, Sanchez? Ich meine als Job.«
»Klar weiß ich das, das weiß doch jeder. Du bist ein Berufskiller.«
»Richtig. Und dies, mein fetter Freund, ist eine Todesliste. Der Typ, für den dieses Zimmer reserviert war, sollte diesen Umschlag erhalten. Dann sollten diese vier Sänger getötet werden.«
»Heilige Scheiße!«
Sanchez hatte Schwierigkeiten, sich mit der Idee anzufreunden, in einem Hotelzimmer zu wohnen, das für jemanden reserviert worden war, der vier Morde plante. Falls der Knabe dochnoch auftauchen sollte, konnte das Ärger bedeuten. Ärger für Sanchez.
Elvis dachte einen Moment lang nach, dann äußerte er seinen Rat. »An deiner Stelle würde ich den Umschlag zum Empfang runterbringen und ihn dort für den Typen hinterlegen, falls er doch noch auftauchen sollte.«
»Soll ich ihn nicht lieber der Polizei übergeben?«
»Nun, das wäre auch eine Möglichkeit. Ich für meinen Teil denke jedoch, wenn jemand die Absicht hat, diese vier Sänger auszuschalten, dürfte das meine Chancen, die Show zu gewinnen, erheblich verbessern.«
»Das ist aber ziemlich krass, meinst du nicht?«
»Man muss in jeder Situation immer die positive Seite sehen, Sanchez. Außerdem, falls du es nicht bemerkt haben solltest, gibt es auf Devil’s Graveyard keine Polizei.«
»Ach ja. Richtig.« Sanchez ließ sich auf das Bett sinken und überlegte, was zu tun sei. Er erkannte den Sinn in Elvis’ Plan. »Okay«, meinte er seufzend. »Ich versuche, den Umschlag wieder zuzukleben und bringe ihn dann zum Empfang runter.«
»Cool.« Der King schaute auf die Uhr. »Ich gehe jetzt wohl besser. Ich muss in einer halben Stunde zum Vorsingen auf die Bühne. Schau zu, dass du im Publikum sitzt. Ich kann jede Unterstützung brauchen.« Er grinste und fügte hinzu: »Auch wenn ich ein absolutes Ass bin.«
»Ja klar. Wir sehen uns später, Mann. Viel Glück und vielen Dank, dass du meinen Koffer geschleppt hast.«
Elvis faltete den Zettel mit den vier Namen zusammen, reichte ihn seinem Freund und ging hinaus. Sobald der King die Tür hinter sich geschlossen hatte, warf Sanchez einen weiteren Blick in den Umschlag, um sich zu vergewissern, ob er richtig gesehen hatte. Und tatsächlich, im Umschlag steckte ein dickes Bündel Banknoten. Er hatte es festgehalten, damit es nicht herausfiel, als er den
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