Das Buch Ohne Gnade: Roman
aber sein«, erwiderte Julius mit einem Lächeln, das ebenfalls ignoriert wurde.
»Werd ich aber nicht sein.«
Valerie nahm die Flasche Sam Cougar aus dem Regal hinter der Theke und begab sich dorthin, wo die beiden Männer saßen. Sie füllte das leere Glas des Kid. Bis zum Rand. Ohne darum gebeten worden zu sein.
Der Knabe hatte offensichtlich Mumm, das musste man ihm lassen, denn Julius ließ sich durch die unfreundliche Reaktion des Kid nicht abschrecken. »Ich weiß, wer du bist«, sagte er.
Valeries Hand zitterte, als sie die Sam-Cougar-Flasche wieder zuschraubte, und sie war froh, dass sie sie wieder in das Regal hinter der Theke zurückstellen musste. Nachdem sie sie neben eine Flasche Wodka gestellt hatte, holte sie tief Luft und ging zum Kühlschrank am Ende der Theke, um das Bier zu holen, das Julius bestellt hatte.
Der Kid nahm einen Zug von seiner Zigarette und wandtesich schließlich zu dem schwarzen Mann mit dem strahlenden Lächeln um, der sich neben ihn an die Bar gesetzt hatte.
»Du weißt, wer ich bin?«
»Ja.«
»Wie schön für dich.«
»Du bist der Bourbon Kid.«
»So sagt man.«
Julius lachte weiterhin wie jemand, der gerade im Spielkasino eine Menge gewonnen hatte. Dann kicherte er. »Oh, du enttäuschst einen niemals. Weißt du, wer ich bin?«
Der Bourbon Kid zog ein weiteres Mal an seiner Zigarette und blies Julius den Rauch mitten ins Gesicht. »Lass mich mal raten. Du bist Gandhi, richtig?«
»Hey! Das ist lustig. Du bist ein lustiger Bursche, weißt du das?«
»Dir ist doch klar, dass ich dich gleich töten werde, nicht wahr?«
Valerie unterbrach das Gespräch, indem sie eine Flasche Shitting-Monkey-Bier vor Julius auf die Theke stellte. Sie räusperte sich und stotterte: »Das macht bitte zwölf Dollar, Sir.« Sie sah ihn flehend an. Um Himmels willen, brich bitte keinen Streit vom Zaun , dachte sie und hoffte verzweifelt, dass dieser Rat irgendwie einen Weg in sein Gehirn fand. Ehe eine Kugel es tat.
Julius fischte einen Zwanzigdollarschein aus der Gesäßtasche seiner violetten Samthose und legte ihn auf die Theke. »Stimmt so«, sagte er mit einem zunehmend selbstsicheren Lächeln.
»Danke, Sir«, platzte sie heraus, nahm den Schein an sich und eilte zur Kasse am anderen Ende der Theke.
Immer noch grinsend wie ein Politiker bei einem Fototermin wandte Julius sich erneut zum Bourbon Kid um, dessen Geduld jeden Moment ein Ende haben würde. »Ich möchte dir einen Job anbieten. Würde es dir gefallen, mit einem Tag Arbeit fünfzig Riesen zu verdienen?«
Der Kid zog abermals an seiner Zigarette und griff dann nachseinem Glas Sam Cougar. Er leerte es in einem Zug zur Hälfte und stellte es wieder zurück auf die Theke.
»Gib mir das Geld gleich.«
»Das kann ich nicht. Noch habe ich es nicht.«
»Ich will es aber jetzt.«
»Das weiß ich, aber ich habe bereits einem anderen Typen, der bisher nicht aufgetaucht ist, einen Vorschuss gezahlt. Du bist mein Plan B.«
»Ich bin Plan B ?«
»Hey, wenn ich gewusst hätte, dass du auch hier bist, wärst du Plan A, aber du bist nicht gerade leicht zu finden. Daher habe ich mir einen anderen gesucht.«
Die Augen des Kid versteckten sich noch immer hinter seiner Sonnenbrille, wodurch es Julius schwerfiel abzuschätzen, welchen Eindruck er auf ihn machte. Er redete unverdrossen weiter.
»Sieh mal, ich nehme heute an diesem Gesangswettbewerb teil. Du weißt schon, an dieser Back-From-The-Dead -Show.«
»Ich habe davon gehört.«
»Nun, ich muss unbedingt gewinnen. Wenn du mir dabei hilfst, bekommst du fünfzig Riesen vom Preisgeld.«
»Wie hoch ist das Preisgeld?«
»Eine Million Dollar.«
»Dann nehme ich die Hälfte.«
Julius rutschte unbehaglich auf seinem Hocker hin und her. »Sieh mal, wenn du wüsstest, warum ich unbedingt gewinnen muss, würdest du es umsonst tun.«
»Nein, das würde ich nicht.«
»Du musst wissen, dass es um weit mehr geht als nur um eine Million Dollar. Menschenleben sind in Gefahr.«
»Menschenleben sind immer in Gefahr.« Die Stimme klang nun um einiges rauer, drohender. Julius wurde sich unangenehm bewusst, dass offenbar auch sein Menschenleben gemeint war.
Julius ergriff die Flasche Shitting Monkey und trank einen Schluck. Er ließ das Bier ein paar Sekunden lang in seinem Mundkreisen, ehe er es herunterschluckte und die Flasche zurück auf die Theke stellte. »Na schön, hör zu. Es geht um Folgendes. Ich erzähle dir die ganze Geschichte, aber du wirst sie bestimmt nicht glauben, weil
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