Das Buch Ohne Gnade: Roman
Strohhalmende in sein linkes Nasenloch. In diesem Moment – genau so wie er es erwartet hatte – schlug ihn der Mann mit voller Wucht auf den Hinterkopf. Der Hieb trieb ihm den Strohhalm tief in die Nase und in seinen Schädel. Er spürte den kalten Schmerz nur für eine Millisekunde. Dann krachte seine Nase auf den Klodeckel und Knochensplitter bohrten sich in sein Gehirn und töteten ihn auf der Stelle.
SECHZEHN ♦
Invincible Angus war in seinen besten Zeiten ein ziemlich zornig aussehender Bursche. Das traf jedoch nicht auf diesen Moment zu. Sein Gesicht zuckte vor rasender Wut, als er hörte, dass sein Zimmer jemand anderem überlassen worden war. Darüber hinaus hatte die Empfangsdame ihm einen an sein Alias Mr. Claude Balls adressierten Umschlag überreicht, den jemand abgegeben hatte. Das hätte seine Laune eigentlich aufbessern sollen, aber als er den Umschlag entgegennahm, sah er auf Anhieb, dass jemand sich daran zu schaffen gemacht hatte. Zudem gab niemand an der Rezeption zu, ihn geöffnet zu haben. Sie beschworen, dass die Person, die sein Zimmer jetzt bewohnte, ihn in diesem Zustand abgegeben hatte.
Nun hatte Angus in seinem Leben eine ganze Menge Leute gefoltert. Manchmal aus Vergnügen, zugegeben, aber doch sehr oft, um Informationen zu erhalten, und dank dieser Erfahrung hatte er gelernt zu erkennen, wann jemand ihn verscheißerte. Und das Empfangspersonal im Hotel hatte einfach zu viel Angst vor ihm, um ihn anzulügen. Dessen war er sich zu hundert Prozent sicher. Tatsache war jedoch, dass der Umschlag immer noch die Fotos und die Liste mit den Namen seiner Zielpersonen enthielt. Der einzige Haken war nur, dass das Geld verschwunden war.
Stephie, die Empfangsdame, informierte ihn nervös darüber, dass keine Zimmer mehr frei waren, und schlug ihm vor, sich in der nächsten Bar einen Drink zu genehmigen – natürlich auf Kosten des Hauses –, während sie sich bemühte, ein anderes Zimmerfür ihn zu finden. Er erkannte, dass sie ihr Bestes tun würde, denn er hatte es erfolgreich geschafft, sie und das restliche Personal inklusive der Sicherheitsleute gründlich einzuschüchtern. Schließlich geschah es nicht allzu oft, dass ein eins neunzig großer Berufskiller ins Hotel kam und feststellen musste, dass das Zimmer, das er reserviert hatte, einem anderen Gast zugeteilt worden war.
Auf dem Weg zur Bar öffnete Angus den Umschlag und blätterte die Fotos durch. Danach warf er einen Blick auf den Zettel mit den Namen der Zielpersonen. Er hatte so lange überleben können, weil er einen guten Instinkt hatte, und dieser Instinkt hatte ihm von Anfang an signalisiert, dass dieser Job für ihn der völlig falsche war. Sicher, die meisten seiner Auftraggeber waren Arschlöcher – das war eine Tücke seines Gewerbes –, aber der Typ, der ihm diesen Job angeboten hatte, gehörte zur schlimmsten Sorte. Er behauptete, sein Name sei Julius, aber das war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gelogen.
Sogar nach den Maßstäben der düsteren Welt des professionellen Killers kam dieser Julius als extrem unzuverlässig herüber. Angus hatte es in seinem Gesicht erkannt, sobald sie zusammengetroffen waren. Er troff geradezu vor Falschheit und hielt höchstwahrscheinlich wichtige Informationen zurück. Zudem schien er zu der Sorte zu gehören, die den Job mehr als nur einem Profikiller anbot, nur um sicherzugehen, dass er erfolgreich ausgeführt wurde. Diese Typen waren immer schlecht fürs Geschäft. Das hieß, dass andere Auftragsmörder herumschlichen und sich höchstwahrscheinlich sowohl gegenseitig als auch die eigentliche Zielperson ausschalteten. Und nur der Letzte, der noch am Leben war, würde für den Job bezahlt. Das heißt, wenn er nicht am Ende auch noch aufs Kreuz gelegt wurde , dachte Angus wütend. Normalerweise hätte er einen Auftrag, an dem derartige Faktoren beteiligt waren, abgelehnt, aber er steckte zurzeit in einem finanziellen Engpass, daher meinte er in diesem Fall, dass der Lohn das Risiko wert war. Dennoch, seit er den Job übernommen hatte, wurde er von einer Pechsträhne heimgesucht, wasmeistens immer dann geschah, wenn er einen Auftrag annahm, der ihm nicht gefiel.
Aber von einem war er überzeugt: Julius war aalglatt und seine Motive waren völlig unklar. Angus hatte sich nur unter der Bedingung, dass er eine Vorauszahlung von zwanzigtausend Dollar erhielt, bereit erklärt, für ihn zu arbeiten. Er war zuversichtlich, dass er den Job erledigen würde, aber selbst
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