Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
Rex’ Eingeständnis warteten, alles wäre nur ein Scherz gewesen. Als Rex schwieg, meldete sich Kyle schließlich zu Wort.
»Meinen Sie das ernst?«, fragte er und bemühte sich, jeglichen Spott aus seiner Stimme fernzuhalten. Rodeo Rex stellte seine Bierflasche auf den Tisch und beugte sich erneut vor.
»Verdammt ernst sogar, meine Freunde. Denken Sie darüber nach. Wenn die Stadt Santa Mondega in ewige Dunkelheit gestürzt würde – wer würde davon am meisten profitieren, eh? Vampire würden am meisten profitieren, richtig? Diese Stadt wimmelt nur so von Vampiren, und irgendwo in dieser Gegend lebt der Lord der Untoten. Der Oberste Vampir, genauer gesagt, und wenn er jemals Ihr kostbares Auge des Mondes in die Finger bekommt, sind wir alle erledigt. Jeder einzelne verdammte Mensch auf dieser Welt.«
»Woher wollen Sie denn wissen, dass es hier Vampire gibt?«, hakte Peto nach.
»Es ist eine Gabe. Haben Sie nicht zugehört, was ich gerade gesagt habe? Es ist eine Gabe, die Gott mir geschenkt hat. Ich kann die Untoten besser riechen, als Sie beten.« Er stockte und blickte sich im Zelt um. »Das Mädchen dort drüben beispielsweise.« Er zeigte auf eine sehr attraktive dunkelhaarige junge Frau Ende zwanzig, die vielleicht zehn Meter von ihnen entfernt an einem Tisch saß. Sie sah aus wie ein typisches Biker-Babe, gekleidet in eine schwarze enge Lederhose, schwere schwarze Motorradstiefel und ein ärmelloses, ebenfalls schwarzes Iron-Maiden-T-Shirt, das den Blick auf eine Reihe von Tattoos auf ihren Oberarmen frei gab. Bei ihr am Tisch saßen vier Männer, alle Mitte dreißig. Sie waren aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls Biker. Sie passte zu den Kerlen, keine Frage. Sie passte ganz allgemein perfekt in die Menge.
»Ist sie ein Vampir?«, fragte Peto, und in seiner Stimme mischten sich Ungläubigkeit und Neugier.
»Passen Sie auf. Ich beweise es Ihnen.«
Rex erhob sich, zog einen großen silbernen Revolver aus einem Halfter in seiner schwarzen Lederjacke und zielte. Die Frau am Tisch hatte ihn offensichtlich aus den Augenwinkeln beobachtet, denn sie bemerkte es sofort. Rex hielt den Arm vor sich gestreckt und zielte direkt auf ihr Herz. Ihre Augen quollen entsetzt hervor, doch es war zu spät für mehr. Bevor sie sich bewegen konnte, feuerte Rex drei rasch aufeinanderfolgende Schüsse ab.
Der Lärm war ohrenbetäubend, und das Echo der Schüsse machte es schwierig herauszuhören, wie oft geschossen worden war. Im gesamten Zelt kehrte Totenstille ein, doch in den Ohren sämtlicher Anwesenden klingelte es laut. Die vier Männer am Tisch mit der Frau sprangen erschrocken auf, entsetzt vom Anblick ihrer Begleiterin, die dreimal in die Brust getroffen wurde. Der erste Schock wurde Sekundenbruchteile später noch übertrumpft, als ihre hübsche Begleiterin nach dem Einschlag der dritten und letzten Kugel in Flammen aufging. In den nächsten Sekunden spritzte Blut aus ihren Wunden und besudelte einen weiten Bereich. Als der Blutfluss schließlich endete und die letzten Flammen erloschen, war nichts mehr übrig von ihr außer einem Häufchen grauer Asche an der Stelle, wo sie gesessen hatte. Die ganze Episode hatte keine zwanzig Sekunden gedauert, und außer der Asche und dem unangenehmen Gestank nach Kordit und versengtem Fleisch deutete nichts mehr auf die Geschehnisse der vergangenen Sekunden hin.
Nachdem sämtliche Zuschauer – einschließlich der Männer am Tisch der toten Frau – begriffen hatten, was soeben geschehen war, wandten sie sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten zu, als wäre nichts gewesen. Ereignisse wie dieses waren zwar nicht alltäglich in Santa Mondega, doch die Leute dachten gar nicht daran, großes Aufhebens deswegen zu veranstalten, ganz einfach, weil es Rodeo Rex gewesen war, der den Abzug betätigt hatte.
Rex hatte seinen Revolver längst wieder eingesteckt, noch bevor die letzten Flammen erloschen waren.
»Nun, so etwas sieht man nicht alle Tage«, sagte Kyle anerkennend.
»Ein wenig ungewöhnlich, darin stimme ich dir zu«, sagte Peto und nickte.
Rex war völlig kalt geblieben. Er setzte sich wieder an seinen Tisch, ohne die Reaktion der anderen Menschen im Zelt zu beachten, nahm einen großen Schluck Bier und redete weiter.
»Sie war ein Werwolf«, erklärte er und rülpste die Luft hinaus, die er mit dem Bier zusammen verschluckt hatte. »Aber sie hätte uns wahrscheinlich keine Schwierigkeiten gemacht, ehrlich gesagt. Werwölfe sind ziemlich bedeutungslos, solange
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