Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
wärt ihr wahrscheinlich auch innerhalb einer Woche tot.«
»Dein Bruder ist tot?«, sprudelte Dante hervor.
»Ja. Umgebracht von diesem Dreckschwein Hunter und vier seiner Freunde. Zwei von ihnen müssen noch büßen, bevor meine Arbeit getan ist. Also, wenn du mich fragst, ob ich mit einem dieser Vampire befreundet war, dann lautet meine Antwort Nein. Ich hasse jeden einzelnen von ihnen! Ich hab darauf gewartet, dass der Flachwichser hier mit dem Auge des Mondes auftaucht, damit ich das verdammte Vampirblut aus den Adern kriege. Vielleicht kann ich hinterher wieder ein normales Leben führen. Und dann – nur dann, klar? – überlege ich, ob ich wieder Freunde habe oder nicht.«
»Dann hast du also die anderen Mitglieder vom Clan der Shades tatsächlich nicht gemocht?«, beharrte Dante unnötigerweise.
Der Kid starrte ihn nachdenklich an. Er beantwortete die Frage trotzdem, allerdings nicht ohne zuvor noch eine Lunge voll Rauch an der neugierigen Nase des jungen Mannes vorbeizublasen.
»Diese Typen hätten dich ohne mit der Wimper zu zucken erledigt, hätten sie gewusst, dass du keiner von ihnen bist. Wie konntest du sie überhaupt an der Nase herumführen? Ich hab dich gleich durchschaut, Mann. Du hast dich von ihnen abgehoben wie ein Leuchtturm in der Nacht.«
»Es ist ein Serum, das ich nehme. Irgendein Typ vom Secret Service hat es mir verabreicht. Es senkt meine Bluttemperatur und ermöglicht mir, mich als Vampir auszugeben. Auch wenn es heute Nacht aus irgendeinem Grund nicht so gut funktioniert hat.« Er erschauerte, als er an das dachte, was Obedience über ihn gesagt hatte. Dass er als Abendmahlzeit für Obedience und Fritz herhalten sollte.
»Du arbeitest für den Secret Service?«
»Nur solange sie meine Freundin als Geisel festhalten.«
»Soll ich sie für dich erledigen?«, fragte der Kid beiläufig.
»Ich hätte nichts dagegen. Nein, nicht sie!«, fügte er dann hastig hinzu.
»Wie du meinst. Ich hab noch zwei Vampire zu erledigen, dann kümmern wir uns um diese Agenten. Was ist mit dir, Mönchsjunge? Wie hast du dich unbemerkt unter die Vampire geschmuggelt? Nicht einmal ich habe dich erkannt.«
»Ehrlich?«, fragte Peto, indem er sich an einer der inzwischen nahezu verheilten Schusswunden in der Brust kratzte, gleich unter der linken Schulter. »Ich hab ein paar Dinge herausgefunden über das Auge des Mondes und wie man es benutzt. Es ist ein sehr mächtiger Stein, weißt du? Es hat viel mehr als nur heilende Kräfte.«
»Das freut mich zu hören«, sagte der Bourbon Kid, drückte seine Zigarette auf dem Tresen aus und blies den letzten Rauch durch die Nase. »Wenn wir heute Nacht fertig sind, borge ich mir diesen Stein aus und benutze ihn, um ein paar Malaisen zu kurieren, die ich mit mir herumtrage. Beispielsweise auch die verdammt lästige Eigenschaft, die mich in den wirklich unpassendsten Momenten zum Vampir werden lässt.«
»Ich schätze, es ist nicht einfach, das unter Kontrolle zu halten?«
»Na ja, zusammen mit meinem unbedeutenden Alkoholproblem und meinem Jähzorn – es ist nicht gerade ein Honiglecken, nein.«
Der Kid hatte den letzten Schluck von seinem Bourbon getrunken und warf das Glas über die Schulter. Es landete auf dem Boden und zerplatzte. Er steckte sich eine weitere Zigarette zwischen die Lippen. Dino, der das berstende Geräusch gehört hatte, erschien in der Tür zum Hinterzimmer und sah den Bourbon Kid stirnrunzelnd an.
»Ist das wirklich nötig?«, fragte er.
»Was ist deine Lieblingsfarbe?«, fragte der Kid statt einer Antwort und griff unter seinen Umhang.
»Blau, warum?«
BANG !
Der Kid hatte einen schweren vernickelten Revolver gezogen und dem Barbesitzer eine Kugel mitten zwischen die Augen gesetzt. Blut spritzte über Dante und Peto, die entsetzt zusammenzuckten. Der Barbesitzer blieb einen Moment länger stehen, als es die Gesetze der Physik erlaubten, hauptsächlich, weil Dino sehr große Füße und sehr gerade gestanden hatte. Doch dann, nachdem er einige Sekunden lang mit leerem Blick und einem großen Loch in der Mitte der Stirn geradeaus in die Bar gestarrt hatte, gaben seine Knie nach, und er kippte rückwärts in ein Regal mit Gläsern, das er erst wenige Minuten vorher wieder hergerichtet hatte.
»Herr im Himmel!«, rief Peto. »Was ist denn so schlimm an Blau ?«
»Nichts. Ich wollte ihn nur ablenken, während ich die Kanone gezogen habe.« Der Kid nahm einen Zug an seiner Zigarette. »Was ist deine Lieblingsfarbe?«, fragte er
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