Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
Schmerz verlor Swann das Gleichgewicht und kippte seitwärts. Er fiel vom Bett herunter und landete schreiend und seine Testikel haltend auf dem Boden. Kacy schlüpfte hastig in ihr Sweatshirt, schloss ihre Gürtelschnalle und sprang vom Bett.
Sie wollte aus dem Zimmer flüchten, als sie Swanns Pistole bemerkte, die in einem Schulterhalfter unter seiner linken Achsel steckte. Der widerliche Dreckskerl war auf den Knien am Boden und hatte ihr den Rücken zugewandt, den Hintern in die Luft gereckt. Sie sprang vor, griff über seine Schulter und riss die Waffe aus dem Halfter, um dann auf seinen Kopf zu zielen.
»Keine Bewegung!«, schrie sie.
Swann hörte es kaum. Er war zu sehr damit beschäftigt, seine Testikel zu inspizieren und vor Schmerz zu stöhnen.
Was mache ich jetzt? , überlegte sie und dachte an all die Krimis und Polizeiserien, die sie im Fernsehen gesehen hatte. Schlag ihm die Pistole über den Kopf , sagte sie sich. Sie packte die Waffe beim Lauf und tat genau das.
Krach ! Direkt auf Swanns Hinterkopf. Der Serienvergewaltiger schrie vor Schmerz auf und riss eine Hand hoch, um sich den Hinterkopf zu halten, wo Kacy ihn getroffen hatte. Dann drehte er sich um und starrte sie an.
»Miststück!«, schnarrte er.
Kacy verlor die Nerven. Der Schlag auf den Kopf hatte ihn nicht bewusstlos gemacht, sondern nur noch wütender.
Scheiße. Es war Zeit zu verschwinden.
Neunundfünfzig
Dante und Peto waren durchweicht bis auf die Knochen und völlig durchgefroren, als sie schließlich das Santa Mondega International Hotel erreichten. Auch trugen ihre blutverschmierten Polizeiuniformen nicht gerade zu einem vorteilhaften Aussehen bei. Dante stieg zuerst die Steinstufen zum Eingang des zehnstöckigen Gebäudes hinauf. Er zitterte am ganzen Leib vom kalten Regen. Peto folgte ihm, während er versuchte, überschüssige Nässe aus seiner schweren dreadlockigen Frisur zu drücken. Die beiden konnten nicht schnell genug ins Warme kommen.
Sie durchschritten die Glastüren und fanden sich in der Lobby wieder. Es war eine rechte Erleichterung für beide, endlich im Warmen und Trockenen zu sein. In der Lobby war es sauber und gesittet wie immer, und der Anblick zweier durchnässter, schmuddeliger Officer, die den teuren ägyptischen Teppich beschmutzten, brachte ihnen ein missbilligendes »Tsss-tsss« von der jungen Frau hinter dem Empfangsschalter zu ihrer Linken ein. Sie war noch blutjung, kaum älter als zwanzig, und der Anblick von Dante und Peto, die sich schüttelten wie zwei Hunde, die sich im Dreck gewälzt hatten, brachte ein entschieden amüsiertes Grinsen in ihr Gesicht. Nicht, dass einer der beiden Männer etwas davon bemerkt hätte. Sie waren einfach nur erleichtert darüber, dass sie den Regen und den Sturm hinter sich gelassen hatten.
Die beruhigende Atmosphäre der Lobby sorgte dafür, dass sich ihre Stimmung rasch besserte. Die weiche Beleuchtung, der warme rote Läufer und der beigefarbene Teppichboden darunter sowie die überall herumstehenden braunen Ledersofas boten einen extrem behaglichen Anblick. Im Hintergrund spielte außerdem leise Musik, und Peto erkannte Andrea Bocellis Interpretation von Con te Partiro . Er hatte entschieden Geschmack an klassischer Musik und Oper gefunden, seit er die Insel Hubal hinter sich gelassen hatte, und Bocelli war einer seiner Lieblingsinterpreten, selbst wenn er Hits von Francesco Sartori sang.
Dante überhörte die Musik völlig. Er wollte nichts weiter, als so schnell wie möglich zu seiner Kacy. »Sie ist oben im dritten Stock«, sagte er zu Peto, und das Drängen in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Ich nehme die Treppe, du den Aufzug. Auf diese Weise sind wir sicher, dass wir sie erwischen, falls sie in der Zwischenzeit runterkommt.«
»Klar.«
Dante stürzte in Richtung des mit beigefarbenem Teppich ausgelegten Treppenhauses rechts vom Aufzug davon, während Peto den Knopf drückte, um den Lift zu rufen. Er sah, wie sein Freund hinter der ersten Biegung auf der Treppe verschwand, und dann stand er dort und wartete gut fünfzehn Sekunden, bevor die Kabine endlich im Erdgeschoss ankam und die Türen auseinanderglitten. Er genoss die Musik so sehr, dass er auch noch länger gewartet hätte. Bocelli sang ein Duett mit einer Frau, die die wunderschönste, engelsgleichste Stimme besaß, die Peto jemals gehört hatte.
Er blickte an sich hinunter und zupfte an seinem durchnässten, schmutzigen Polizeihemd, damit es nicht so an seiner Haut klebte.
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