Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
Ich habe zwei Jobs und verdammt noch mal keine Zeit, mich jedes Mal um ihn zu kümmern, wenn du und deine Mutter auf die Idee kommen, dass er eine zu große Belastung für euch ist.«
»Er ist keine Belastung.«
»Er ist eine verdammte Belastung, und das weißt du ganz genau! Ich habe weder die Zeit noch die Geduld für ihn. Ich schätze, ich habe mich im Lauf der Jahre genügend krummgelegt für diesen Jungen, und alles nur, weil mir deine Mutter leidgetan hat. Aber du und sie, ihr treibt es zu weit. Ich habe einfach keine Zeit mehr, mich um einen gottverdammten Geistesschwachen zu kümmern, klar? Schaff ihn hier raus, und wag es nicht, ihn je wieder zu mir zu schicken! Das kannst du auch der Hure sagen, die deine Mutter ist. Ich bin fertig mit euch. Mit euch allen, klar? Hast du mich verstanden?« Er machte einen drohenden Schritt auf JD zu. »Los, verschwinde, nimm ihn mit und kommt bloß nie wieder her, alle beide!«
Bull war in der Küche geblieben und lauschte aufmerksam, während sich ein Grinsen auf sein Gesicht stahl. Es war aber auch wirklich Zeit, dass sein Vater diesen beiden Bastarden einmal sagte, wie die Dinge standen. Trotz Russos provokativem Ton antwortete JD ruhig und bedächtig.
»Du verstehst nicht, Russo. Es ist etwas passiert. Casper muss für eine Weile hier bei dir wohnen, okay? Ich kann es im Moment nicht erklären.«
Russo stieß JD gegen die Brust. »Du kapierst es nicht, wie? Warum kannst du nicht verschwinden und uns in Ruhe lassen? Was zum Teufel stimmt nicht mit dir? Du bist ein Säufer, und dein Bruder ist ein Trottel. Verschwindet aus meinem Haus, bevor ich mich vergesse! Los jetzt!«
»Russo, du verstehst nicht …«
»Welchen Teil von ›Verschwindet aus meinem Haus‹ kapierst du nicht, eh?«
» Gottverdammt! Kannst du nicht mal für einen Moment zuhören?«
»Ich habe: RAUS ! « Russo drehte sich zu Casper um. »Und du, Casper. Zieh deinen beschissenen Parka an, klar! Du gehst nach Hause!« Doch der Junge schien ihn nicht zu hören und starrte weiter mit ausdrucksloser Miene in die Flammen. » Casper! Hey! Hey, du! Trottel! « Russo hatte eine Art, das letzte Wort zu betonen, die es ganz besonders demütigend klingen ließ.
In der Küche nebenan nahm Bull eine Tüte Milch aus dem Kühlschrank. Das war ein Streit, bei dem er sich besser nicht einmischte. Obwohl er interessant zu werden versprach. Während er die Tüte öffnete, um sich ein Glas einzuschenken, hörte er JD s Antwort. Seine Stimme hatte einen unheilvollen Klang angenommen, wie er ihn noch nie zuvor bei ihm gehört hatte.
»Wenn du meinen Bruder noch ein einziges Mal Trottel nennst, bei Gott, dann lege ich dich um .«
»Was?«
»Ich leg dich um. Ich meine es ernst.«
»Du drohst mir, du kleiner Dreckskerl?«
Bull grinste vor sich hin. Wenn JD seinem Vater zu drohen versuchte, würde er mit ziemlicher Sicherheit die Abreibung bekommen, nach der er so zu betteln schien. Sein Vater redete schon seit Jahren davon, dem Jungen ein wenig mehr Respekt einzubläuen. JD hatte es so gewollt. Russo war ein ehemaliger Green Beret und dazu ein Meister im unbewaffneten Zweikampf. Wenn er beschloss, JD eine Tracht Prügel zu verpassen, dann würde es schnell und schmerzhaft sein.
Falls JD etwas antwortete, so hörte Bull es nicht. Ha! , dachte er. Wahrscheinlich scheißt er sich in die Hosen und kneift den Schwanz ein. Er hörte, wie sein Vater JD ein letztes Mal warnte.
»Hörst du? Mach, dass du verschwindest. Du bist hier nicht willkommen. Du warst es nie, offen gestanden, und dein Bruder auch nicht.«
»Casper«, erklang JD s Stimme schon wieder in diesem unheilschwangeren Ton. »Los, zieh deinen Parka an. Wir gehen.« Endlich schien er es begriffen zu haben. So viel also zu der Harter-Junge-Masche.
Bull goss den letzten Rest Milch in sein Glas und ging zum Abfalleimer in der Ecke, um die Tüte zu entsorgen. Er hörte, wie sein Vater ein letztes Mal gegen Casper lästerte, nur um JD zu reizen und ihn zu erinnern, wer der Boss im Haus war.
»Los doch! Beeil dich, Herrgott noch mal, Casper, du kleiner geistesschwacher Trottel.«
Bull warf die Tüte in den Eimer und ließ den Deckel zufallen. Das Geräusch übertönte den lauten Knall im Wohnzimmer. Er grinste immer noch vor sich hin, als er zurück zur Arbeitsfläche ging, um sein Glas zu holen. Er war noch nicht dort angekommen, als er von Casper beinahe umgerannt wurde, der an ihm vorbei zur Hintertür stürzte. Der Junge hatte nackte Panik in den Augen,
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