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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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seine Geschichte nicht zu Ende.
    »Sie haben meine Mutter in einem Armengrab verscharrt. Als ich von der Beerdigung kam, wollten mich die Leute in ein Heim stecken. Aber ich bin weggelaufen. Ich wusste nämlich, wer der Mann war. Ihm gehörte eine Metzgerei ein paar Blocks die Straße hinunter. Niemand hatte ihn verhaftet oder angeklagt. Es waren ja alles gewöhnliche Menschen, er, die Polizisten, die Nachbarn … In der Nacht nach der Beerdigung schleiche ich mich also in seinen Laden, und als er am nächsten Morgen hereinkommt, nehme ich eins der Fleischermesser und steche es ihm mitten ins Herz. Man hat mich dabei gesehen und verfolgt. Miss B hat mich gerettet.«
    Er schwieg und die Stadt ringsum lag still.
    »Die Sache ist die: Meine Mutter hat mir immer erzählt, dass mich ein besonderes Schicksal erwarten würde. Sie sagte: Wenn du älter bist, musst du eine Wahl treffen. Das sagte sie immer: Du musst wählen. Dann starb sie und Jahre später hatte ich diesen Traum. Ich sah eine Person. Der Traum kehrte wieder, immer wieder. Ich wusste nicht, was er zu bedeuten hatte und ging damit zu dieser Hexe. Sie ist noch jung, aber sehr mächtig. Sie kann Dinge sehen, wie meine Mutter. Sie sagte mir, dass die Person in meinem Traum mir eröffnen würde, wer ich bin und was mein Schicksal sein wird.«
    Er schaute Kate an.
    »Das warst du in meinem Traum. Deshalb habe ich dich erkannt.«
    Ihrer beider Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Kate konnte sich nicht rühren.
    »Aber sie sagte mir auch«, fuhr der Junge fort, »dass du sterben würdest, sobald ich die Wahrheit erkannt hätte. Das ist der Grund, warum du gehen musst. Versprich es mir. Versprich mir, dass du die Stadt morgen verlässt. Geh nach Norden oder wohin immer du willst. Aber geh weg. Versprich es mir.«
    Dann griff er in seine Tasche und zog etwas heraus. Kate sah, dass es das Medaillon ihrer Mutter war, und nicht nur das: Es hing an einer Goldkette. Es war die Goldkette ihrer Mutter. Kate wurde klar, dass er den alten Mann aufgespürt haben musste, der ihr den Mantel verkauft hatte. Ihr Herz wurde eng, als sie den Verschluss hinter ihrem Nacken einhakte.
    »So, jetzt hast du alles. Nun musst du gehen.«
    Sie stiegen die Feuerleiter nach unten und gingen durch die Straßen. Kate nahm an, dass sie auf dem Weg zur Kirche waren, fragte aber nicht nach. Ihre Hände fanden zueinander, aber ob nun er ihre Hand genommen hatte oder sie seine, hätte sie nicht sagen können.
    Sie sprachen kein Wort. Es schneite wieder.
    Drei Blocks weiter stolperten plötzlich die Feiernden einer Silvesterparty auf die Straße. Tänzer und Musikanten umringten den Jungen und das Mädchen. Die Musikanten fingen an zu spielen und die Menge tanzte munter drauflos.
    Rafe wandte sich ihr zu. Kate hatte noch nie mit einem Jungen getanzt, und sie wusste nicht, was sie tun sollte. Wortlos legte Rafe einen Arm um ihre Taille, nahm ihre freie Hand in seine und drehte sich mit ihr langsam auf der schneebedeckten Straße im Kreis. Sie fühlte, wie sich seine Finger mit ihren verschränkten, und es dauerte nicht lange, da ruhte ihr Kopf an seiner Schulter. Sie glaubte, seinen Herzschlag an ihrer Brust zu fühlen.
    Kate wünschte, dass sie die Magie in sich heraufbeschwören und die Zeit anhalten könnte.
    Hier könnte ich leben, dachte sie, für immer. Hier in diesem Moment.
    Das Lied ging zu Ende. Die Musikanten setzten zu einem neuen an, aber Kate und Rafe verharrten still inmitten der Tanzenden. Irgendwann schmeckte Kate Salz auf ihrer Zunge und merkte, dass sie weinte.
    Rafe machte einen Schritt zurück. »Was ist los? Was ist denn?«
    Sie starrte ihn an. Er hatte die Augen des Feindes, aber er war nicht ihr Feind. Er konnte es nicht sein!
    »Es geht um ihn, nicht wahr? Um den grässlichen Magnus. Sag’s mir. Bitte. Wovor hast du Angst? Es muss nicht geschehen, weißt du? Wir können alles verändern.«
    Kate nickte. Sie musste es ihm sagen. Er hatte ein Recht darauf, es zu erfahren. Und vielleicht, vielleicht –
    »Rafe!«
    Eine kleine Gestalt schob sich durch die Menge der Tänzer. Es war Beetles. Sein Gesicht war gerötet und schreckverzerrt.
    »Du musst kommen! Du musst unbedingt kommen! Sie brennen die Kirche nieder!«

Der Rauch stieg in einer dicken Säule hinter der Biegung des Tals auf. Es war nichts zu hören, alles lag still. Selbst die Vögel waren verstummt. Michael stand mit seiner Schwester und Gabriel auf dem zerschmetterten Turm.
    »Woher sollen wir

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