Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
Vom Netzwerk:
hinunter. Die Brillengläser seines Vaters waren zwei strahlende Kreise in der gleißenden Sonne.
    »Ich … ich will erst mit ihm reden!«
    Rourke zuckte mit den Schultern. »Von mir aus. Ich kann verstehen, dass man erst mal prüfen will, was man für sein Geld kriegt.«
    Emma umarmte ihn. »Rede mit Dad. Mach nichts sonst. Versprochen?«
    Michael versprach es, ohne ihr dabei in die Augen zu schauen. Dann drehte er sich um, fühlte die zarte Berührung von Wilamenas Hand und folgte schließlich dem Elfenhauptmann die Leiter hinunter zum Haupttor der Festung.
    Dort hielt ihn Hauptmann Anton zurück und sagte leise: »Wenn Ihr das Zeichen gebt, edler Sir, dann stecken zwanzig Pfeile in diesem kahlköpfigen Riesen, noch ehe er blinzeln kann. Wenn Euer Vater bei Kräften ist, könnt ihr beide es bis zur Festung schaffen. Wir werden euch Deckung geben.
    »Welches Zeichen soll ich geben?«
    »Wie wäre es, wenn Ihr Euch am Hinterkopf kratzen würdet?«
    »Okay. Aber … was, wenn ich mich wirklich am Kopf kratzen muss.«
    Der Elf schaute ihn an. »Dann unterdrückt es, Sir.«
    »Oh. Okay.«
    Der Hauptmann gab das Zeichen, und die schweren Riegel wurden zurückgezogen, die zusätzlichen Balken abgenommen, und das Tor der Festung schwang auf. Der Elf schlug Michael ermunternd auf die Schulter.
    »Gehabt Euch wohl, Sir Hasi.«
    Einen Augenblick später war Michael durch das Tor getreten und befand sich außerhalb der Festung. Jetzt war nichts mehr zwischen ihm und der Armee aus Monstern. Er hatte sich noch nie so verwundbar gefühlt. Den Blick fest auf das Antlitz seines Vaters gerichtet, schritt Michael vorwärts. Unter seiner rechten Hand, die auf der Tasche an seiner Hüfte lag, fühlte er die Erhebung der Chronik und des Zwergenhandbuchs. Weit und breit war nichts zu hören, bis auf das Geräusch von Michaels Stiefeln auf den Felsen.
    Zehn Meter vor Rourke und seinem Vater blieb er stehen. Der Hang ging hier in eine kurze Gerade über, sodass er mit seinem Vater und dem riesenhaften Mann auf einer Höhe stand. Michael blickte immer noch seinen Vater an. Er sah viel älter aus als auf dem Foto mit Hugo Algernon. Und er wirkte müde und abgespannt. Auch der Bart war neu. Michael vermutete, dass er einfach nicht die Zeit oder die Möglichkeit hatte, sich zu rasieren; der Bart wirkte wie etwas, das nicht zu seinem Vater gehörte. Aus der Nähe betrachtet, sah sein Vater nicht nur dünn, sondern geradezu abgemagert aus.
    Er lächelte und sagte: »Es tut mir so leid, Michael.«
    »Es ist nicht deine Schuld.«
    »Geht es dir gut? Bist du verletzt?«
    Michael schüttelte den Kopf. »Mir geht’s gut.«
    »Und Emma?«
    »Emma auch. Sie ist in der Festung.«
    »Aber Kate ist nicht bei euch, oder?«
    »Nein. Das ist … eine lange Geschichte.«
    Rourke kicherte. »Wie wahr! Aber du wirst deine liebreizende Schwester schon bald wiedersehen, mein Junge, das verspreche ich dir!«
    Michael spürte, dass der Mann etwas über Kate wusste und ihn mit seiner Bemerkung aus der Reserve locken wollte. Aber Michael schluckte den Köder nicht. Er dachte an das, was ihm Hauptmann Anton gesagt hatte, und überlegte, ob sein Vater und er es bis zur Festung schaffen konnten.
    »Nur, damit du’s weißt«, sagte Rourke, als ob er Michaels Gedanken lesen konnte, »wenn diese wankelmütigen Elfen irgendeine Dummheit machen, stehen ein Dutzend Morum Cadi bereit, um deinen Vater zu erschießen, bevor er auch nur einen Schritt machen kann.«
    Tja, dachte Michael, so viel dazu.
    »Wo ist Mom?«
    »Das darf ich nicht sagen. Aber es geht ihr gut. Ich soll euch liebe Grüße ausrichten. Und sie sagt, dass sie euch nicht böse ist, egal, wie ihr euch entscheidet. Ich bin so froh, dich zu sehen. Trotz allem.«
    Michael nickte und sagte leise: »Ich auch.«
    Beide schwiegen einen Moment lang.
    »Ich hab’s versucht.« Michael hörte, wie seine Stimme brach. »Ich habe mein Bestes gegeben.«
    »Das weiß ich doch«, sagte sein Vater. »Es ist alles gut.«
    »Und Kate ist nicht hier!« Jetzt brach alles aus ihm heraus, als der Schutzwall, den Michael sich errichtet hatte, in sich zusammenbrach. »Ich musste ein Anführer sein! Ich musste alle Entscheidungen allein treffen! Ich habe versucht zu tun, was du getan hättest! Wie König Killick gesagt hat!« Er verstummte, weil er vor Rourke nicht weinen wollte. Als er schließlich seine Fassung wiedergefunden hatte, schaute er auf. Im Gesicht seines Vaters stand ein Ausdruck von Verwirrung. »Du weißt schon, was

Weitere Kostenlose Bücher