Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
Vom Netzwerk:
sie gerichtet war.
    Ringsum herrschte ein heilloses Getöse: das Brüllen des Feuers, das Läuten der Glocken der heranrasenden Feuerwehr, die Schreie der fliehenden Menschen. Trotzdem vernahm Kate klar und deutlich ein leises Plop und dann drehte sich der Junge um und rannte in die Dunkelheit davon. Rafe war auf die Füße gesprungen, aber er schien nicht recht zu wissen, was er tun sollte. Sein Blick wanderte zwischen dem fliehenden Jungen und Kate hin und her. Kate wollte ihm versichern, dass alles in Ordnung war und dass er sie nicht so anstarren solle, aber plötzlich fühlte sie sich schwach und zittrig. Ohne sich dessen bewusst zu sein, fiel sie hintenüber. Ihr Kopf schlug auf das Pflaster. Überrascht merkte sie, dass sie lang ausgestreckt im Schnee lag. Sie wollte aufstehen, aber es ging nicht. Rafes Gesicht tauchte über ihr auf.
    »Was … was ist passiert?«, fragte sie. »Er hat doch danebengeschossen … oder?«
    »Pst, nicht reden.«
    Sie sah Angst und Sorge in seinen Augen und das beunruhigte sie mehr als alles andere. Mit großer Mühe hob sie den Kopf und sah auf dem Oberteil ihres weißen Kleides einen roten Fleck langsam größer werden.
    »Rafe …«
    »Schon gut. Wir kriegen das hin. Schon gut …«
    Ihr erster Gedanke galt Michael und Emma. Sie musste zu ihnen. Sie durfte hier nicht sterben. Sie würden nie erfahren, was mit ihr geschehen war. Sie musste zu ihnen. Sie suchte nach der Magie in ihrem Inneren, aber sie war zu schwach. Sie konnte sich nicht konzentrieren; die Magie entglitt ihr.
    »Ich muss …«, murmelte sie. »Ich muss …«
    Rafe hatte sie in seine Arme genommen und hob sie auf. »Ich bringe dich zu jemandem, der dich heilen kann. Scruggs … nein, nicht Scruggs. Wir … brauchen einen mächtigen Zauberer …«
    Sie hörte die Panik in seiner Stimme. Sie wollte ihn trösten und sagte: »Es ist gar nicht so … schlimm. Nur … kalt …«
    Etwas Merkwürdiges ging mit Rafes Gesicht vor sich. »Ich weiß, wer dir helfen kann. Halte durch.«
    Und dann rannte er mit Kate auf den Armen durch die Straßen. Sie kamen an der Polizei und den Feuerwehrautos vorbei, die gerade um die Ecke bogen. Rafe rannte, als ob sie gar nichts wiegen würde, und es kam Kate tatsächlich so vor, als ob sie leichter werden, als ob alle Last, alle Sorge von ihr abfallen würde. Rafe rannte, so schnell er konnte. Sie hörte den Gesang, mit dem die Feiernden das neue Jahr begrüßten. Bald war Mitternacht. Und dann wieder Geschrei – aber nein, das war Rafe, der einem Droschkenkutscher etwas zuschrie und in das Gefährt sprang, noch bevor der Kutscher das Pferd angehalten hatte. Er rief eine Adresse und wies den Kutscher an, sich zu beeilen. Kate hörte das Knallen der Peitsche und fühlte den Ruck, mit dem die Kutsche anfuhr. Sie spürte, wie fest Rafe sie an sich drückte. Es war so kalt, so kalt. Aber es ging doch nicht, dass sie hier lag und starb …
    »Mein Bruder … meine Schwester … sie werden nie erfahren, was passiert ist …«
    »Du wirst es ihnen erzählen. Du wirst wieder gesund. Ich weiß, wer dir helfen kann. Halte einfach durch.« Tränen liefen ihm über die Wangen. »Ich werde dich nicht auch noch verlieren.«
    Bildete sie sich das nur ein oder beugte er sich tatsächlich über sie und küsste sie zart auf den Mund?
    Die Droschke raste durch die Straßen, wurde von der Fliehkraft förmlich um die Kurven geschleudert; der Kutscher brüllte die Leute an, aus dem Weg zu gehen, und Kate fühlte, wie sie wegglitt, wie das stetige Hämmern der Hufe und das Schaukeln und Wippen der Kutsche sie in einen tödlichen Schlaf wiegten. Rafe hielt sie fest und murmelte: »Alles wird gut. Ich werde dich nicht verlieren …«
    Dann verlangsamte die Droschke ihre Fahrt. Der Kutscher zügelte fluchend die Pferde und Rafe stieß die Tür auf. Mit Kate in den Armen sprang er heraus und landete so weich, dass Kate den Aufprall nicht fühlte. Dann rannte er wieder los und Kate hörte jemanden etwas rufen. Obwohl sie nicht sah, wohin Rafe sie gebracht hatte, drang die Stimme durch den Nebel in ihr Gehirn.
    »Nein, Rafe … du darfst nicht …«
    »Es gibt keinen anderen Weg. Wenn er so mächtig ist, wie alle sagen, ist er unsere einzige Hoffnung.«
    Rafe ließ sich durch nichts und niemanden aufhalten, auch nicht durch die Wachen, und er war bereits im Haus, als ihn vier knurrende Gnome schließlich stellten.
    »Zurück mit euch!«, rief die Stimme, die Kate schon draußen gehört und erkannt hatte. Die

Weitere Kostenlose Bücher