Das Buch Rubyn
einem altmodischen Taucheranzug zu befinden, als ob er sich zu einer Tiefseeexpedition aufmachen würde. Emma schaute ihn an und kicherte.
»Du siehst aus wie das Michelin-Männchen.«
»Ach ja? Nur zu deiner Information: Du siehst genauso aus wie ich.«
Als sie versuchte, ihn zu boxen, verlor sie das Gleichgewicht und fiel vornüber.
Trotz der extrem dicken Kleidung verschlug die Kälte Michael den Atem, als sie aus dem Flugzeug kletterten. Es war eine Kälte, wie sie die Geschwister noch nie erlebt hatten. Sie standen da, atmeten hechelnd ein und aus und versuchten, sich an das Gefühl von scheinbar schockgefrosteten Lungen zu gewöhnen. In diesem Moment erblickten sie den Pinguin, den Emma ohne Umschweife auf den Namen Derek taufte. Sein Anblick versetzte sie in Hochstimmung, und sie machten sich auf den Weg in die Cafeteria des Außenpostens, um zu frühstücken.
Die Fenster der Metallhütte waren vor feuchter Hitze beschlagen. Der Boden bestand aus einem Stahlgitter, durch das der Schnee, den die Menschen hereinschleppten, nach unten fallen und schmelzen konnte. Es gab ungefähr ein Dutzend Tische und etwa die Hälfte davon war besetzt. Gabriel und der klein gewachsene Pilot saßen in einer Ecke. Gabriel besorgte den Kindern Tabletts und Teller und ging gemeinsam mit ihnen zur Theke, um das Essen zu bestellen: Rührei, Pfannkuchen, Speck, Toast und Bratkartoffeln. Als Michael sich an dem Getränkespender einen heißen Kakao zapfte, fielen ihm die Blicke auf, mit denen er und Emma beäugt wurden. Gabriel hatte ihnen gesagt, dass die Außenstation ein Zwischenstopp für Forscher, Entdecker, Ölsucher und Händler auf dem Weg in die Antarktis war und dass es dementsprechend keine Kinder gab.
»Wir brechen auf, sobald wir gegessen haben und das Flugzeug aufgetankt ist. Je weniger Fragen gestellt werden, desto besser.«
Vor ihnen auf dem Tisch lag ausgebreitet eine Karte der Antarktis.
»Also«, sagte Gabriel zu Michael, »solange das Wetter mitspielt, wird uns Gustavo fliegen, wohin wir wollen. Aber du musst unseren Kurs bestimmen.«
»Das ist nicht so einfach«, gab Michael zurück. »Da sind nur Bruchstücke in meinem Kopf. Aber als Nächstes sollten wir nach einem Zwillingsberg Ausschau halten, zwei Gipfel, riesig hoch und schmal. Es gibt noch andere Berge ringsum, eine ganze Bergkette, würde ich sagen, aber diese beiden sind die höchsten. Und sie stehen direkt nebeneinander. Könnt ihr damit etwas anfangen?«
Gabriel redete auf Spanisch mit dem Piloten, und Michael sah, dass Emma schon ihre Pfannkuchen und die Hälfte ihres Rühreis gegessen hatte. Ihm war klar, dass er sich beeilen musste, bevor sie sich auch noch über sein Frühstück hermachte. Der Pilot sagte etwas zu Gabriel und deutete auf eine Stelle auf der Karte. Michael sah einen schraffierten Streifen, von dem er wusste, dass es Berge waren.
»Er sagt«, übersetzte Gabriel, »dass du das Doppelhorn meinst. Das sind zwei Gipfel am Ende des Victoria-Gebirges. Mit dem Flugzeug sind wir in etwa zwei Stunden da. Wie geht es von dort aus weiter?«
»Zwischen den Bergen gibt es eine Höhle«, sagte Michael, während er auf einem Stück Speck kaute. »Vor der Höhle befindet sich eine Felsformation, die dem Ganzen den Anschein eines aufgerissenen Mauls mit riesigen Zähnen gibt. Der Tote nannte diesen Ort die Drachenzähn e.«
Gabriel wandte sich wieder an den Piloten, der etwas erwiderte und den Kopf schüttelte.
»Er kennt die Höhle nicht. Aber das hat nichts zu bedeuten. Und von da aus?«
»Danach«, sagte Michael und wehrte Emmas Gabel ab, die einen seiner Pfannkuchen aufspießen wollte, »ist eine Lücke in meinem Gedächtnis. Ich sagte ja, dass alles nur aus Einzelteilen besteht. Aber jenseits der Höhle sollten wir auf einen Vulkan stoßen. Und im Inneren des Vulkans liegt das Buch Rubyn verborgen.«
Wieder sagte Gabriel etwas zu dem Piloten, und wieder schüttelte der den Kopf. Dann rollte der Pilot die Karte zusammen, stand auf und verließ die Cafeteria.
»Er sagt«, wandte sich Gabriel an die Kinder, »dass es in dieser Gegend keine Vulkane gibt und er davon wüsste, wenn es sie gäbe, weil er schon oft über diese Region geflogen ist. Aber er wird uns an den Fuß des Doppelhorns bringen, und dort werden wir sehen, ob wir die Höhle finden. Hoffen wir, dass das Wetter hält.«
»Der Vulkan ist dort«, sagte Michael, der von seiner eigenen Überzeugung überrascht war. »Das weiß ich genau.«
Gabriel nickte. »Ich glaube
Weitere Kostenlose Bücher