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Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
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ließ ein paar Münzen in die von Altersflecken übersäte Hand der Greisin gleiten, die daraufhin zur Seite trat und ihn einließ. Es roch nach gekochtem Kohl, Schweiß und Tabak. Auf dem Boden oder entlang der Wand saßen Männer und Frauen und unterhielten sich flüsternd in den unterschiedlichsten Sprachen.
    Am Ende eines langen Flurs blieb der Junge vor einer Tür stehen. Zuckendes Kerzenlicht leckte unter der Tür hervor. Rafe hob die Hand, um zu klopfen, doch eine Stimme kam ihm zuvor: »Tritt ein.«
    Er kam in ein kleines Zimmer, in dem nur eine einzige Kerze brannte. Ein Mädchen mit dunklen Haaren und dunklen Augen, gerade einmal vierzehn Jahre alt, saß an einem Tisch. Auf der anderen Seite des Tischs, ihr gegenüber, stand ein leerer Stuhl. Neben der Kerze befanden sich auf dem Tisch lediglich noch eine flache Tonschale, ein Messer und einige kleine Krüge.
    Der Junge zog ein zusammengefaltetes Stück Stoff aus seiner Hosentasche. Er schlug es auseinander und brachte ein einzelnes blondes Haar zum Vorschein, das er dem Mädchen reichte.
    Dann sagte er: »Ich will wissen, wer sie ist.«
    Der Junge saß da und schaute zu, wie das Mädchen die Tonschale mit Wasser füllte, Öl darauf sprenkelte, das blonde Haar in der Kerzenflamme ansengte und dann in die Schale fallen ließ. Die Flüssigkeit in der Schale trübte sich. Ein paar Sekunden lang betrachtete das Mädchen die ölige Wasserfläche, dann schaute sie auf. Ihre Augen waren klar.
    »Sie kommt aus der Zukunft.«
    »Warum? Was macht sie hier? Was will sie?«
    »Sie will wieder nach Hause. Aber indem sie hierher gekommen ist, hat sie den Lauf der Dinge verändert.«
    »Was soll das heißen?«
    Das Mädchen starrte ihn eine Weile an.
    »Du bist ihr früher schon begegnet.«
    Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Der Junge nickte. »Ich sah sie in einem Traum.«
    Das Mädchen streckte die Hand aus, und der Junge riss sich eins seiner eigenen Haare aus, das er ihr daraufhin reichte. Sie versengte sein Haar ebenfalls und ließ es dann zu dem blonden Haar in die Schale fallen. Diesmal dauerte es lange, ehe sie wieder aufblickte.
    »Du wirst gejagt.«
    »Aber von wem? Von den Gnomen? Ich habe heute einen der ihren getötet …«
    »Das ist nicht der Grund, warum sie hinter dir her sind. Du bist der Grund, warum sie überhaupt hierher gekommen sind. Der Grund, warum sie sich in diesem Land, in dieser Stadt aufhalten. Sie suchen dich .«
    »Wovon redest du?«
    »Du hast etwas, was sie brauchen. Etwas, das ihr Herr und Meister braucht. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätten sie dich heute gefangen. Dein Weg hätte den des Riesen gekreuzt. Aber das Auftauchen des Mädchens hat alles verändert.«
    »Was verändert? Wie verändert? Hätte man mich getötet?«
    »Nein, du hättest dich ihnen angeschlossen.«
    Der Junge lachte. »Ich? Mich den Gnomen anschließen? Du bist verrückt!«
    Er wollte aufstehen, aber das Mädchen sagte: »Der Riese hätte dir Macht angeboten. Die Macht, deine Freunde zu beschützen. Die Macht, deine Feinde zu bestrafen. Er hätte dir die Antworten versprochen, nach denen du verlangst. Du hättest nicht widerstehen können.«
    Der Junge setzte sich wieder. »Und was geschieht jetzt?«
    »Das ist nicht klar. Das Mädchen ist der Schlüssel. Durch sie wirst du dein Schicksal begreifen. Aber das weißt du ja schon. Der Traum hat es dir verraten.«
    Als der Junge wieder sprach, war seine Stimme leise und gepresst. »Und der Rest meines Traums? Was ist damit? Wird auch das in Erfüllung gehen?«
    Das Mädchen nickte. »Ja. Sie wird dir zeigen, wer du bist. Und dann wird sie sterben.«

Als sie Malpesa hinter sich ließen, herrschte im Inneren des Flugzeugs ein heilloses Chaos: Emma schrie und tobte, sie müssten umkehren und Dr. Pym holen, klammerte sich abwechselnd erst an Gabriel und dann an Michael und brüllte den Piloten an, er sei ein Idiot und solle gefälligst wenden. Beide Kinder waren klatschnass und zitterten vor Kälte; das Wasser im Kanal war eisig gewesen. Währenddessen nahm Gabriel still und gelassen die Dinge in die Hand, wickelte die Kinder in Decken und reichte ihnen trockene Kleidung, die er sich vom Piloten geborgt hatte. Der Pilot war zwar ein recht kleiner Mann, aber seine Kleider wirkten an Michael und Emma immer noch lächerlich groß. Nachdem sie trockene Sachen anhatten, wurde ihnen langsam wieder warm, und Emma fand sich widerstrebend mit der Tatsache ab, dass das Flugzeug nicht umdrehen würde, um Dr. Pym

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