Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch Rubyn

Das Buch Rubyn

Titel: Das Buch Rubyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens
Vom Netzwerk:
sie miteinander verbunden.
    »Wozu ist das gut?«, fragte Emma.
    »Nur zur Sicherheit.«
    Sie gingen weiter. Der Boden stieg an. Michael fror, obwohl es ihm schier unmöglich vorkam, dass einem Menschen unter einer derart dicken Schicht aus Kleidungsstücken kalt werden konnte. Um sich abzulenken, dachte er an Dr. Pyms Bibliothek in Cambridge Falls. Wie sehr wünschte er sich, mit einer Tasse heißer Schokolade und seinem Handbuch über Zwerge dort neben dem Feuer zu sitzen! Draußen schneite es. Drinnen war es mollig warm. Er knabberte eine Kleinigkeit, vielleicht gegrillten Käse.
    Als er sich dieses Bild vor Augen führte und gerade dachte, dass es doch schöner war, über Abenteuer zu lesen, als sie tatsächlich zu erleben, fiel ihm auf, wie blass sein Schatten geworden war. Während der ganzen Zeit hatte sich sein Schatten, scharf umrissen und schwarz auf dem weißen Boden, vor ihm hergeschoben, aber mit einem Mal war er kaum noch zu sehen. Er drehte sich um und sah, dass die Sonne verschwunden war. Aber das ergab gar keinen Sinn. Es waren noch mehrere Stunden bis zum Sonnenuntergang. Dann erkannte er, dass er auch das Flugzeug nicht mehr sehen konnte. Ein ungutes Gefühl machte sich in seiner Magengrube breit.
    »Gabriel –«
    Weiter kam er nicht. Dann traf sie der Sturm mit voller Wucht. Es war wie eine Flutwelle, die über ihnen zusammenschlug und Michael gegen Emma schleuderte. Bäuchlings auf dem Eis liegend, wurden die Kinder einfach nach vorne über die glatte Fläche getrieben. Michael tastete nach etwas, an dem er sich festhalten konnte, aber seine Hände fühlten nichts außer dem Eis unter sich. Er kam sich vor wie ein Blatt, das von einem Wirbelsturm vom Baum gerissen und auf die andere Seite des Kontinents geweht wurde. Dann, mit einem Ruck, hielten sie an. Gabriel hatte seine Stiefel gegen den Boden gestemmt, die Klinge der Axt ins Eis gegraben und das Seil, das sie miteinander verband, mehrmals um seinen Arm geschlungen. Wie ein Fischer, der sein Netz einholt, zog er die Kinder zu sich, den Rücken gekrümmt, um die Wucht des Sturms abzuhalten. Michael und Emma kauerten sich in die Wölbung seines Körpers. Ein Heulen betäubte ihre Ohren. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen.
    Eine Weißblendung, dachte Michael. Er hatte das Wort irgendwo gelesen. Wir erleben eine Weißblendung.
    Emma schrie etwas, aber ihre Worte wurden vom Sturm davongerissen.
    Gabriel beugte sich vor und brüllte gegen den Wind an: »Ich werde das Notzelt aufschlagen! Wir können nicht zum Flugzeug zurück. Wir würden uns verirren. Wir müssen den Sturm aussitzen!«
    »Aber wir sind so nah dran!«, schrie Michael zurück. »Wenn wir zur Höhle gelangen, sind wir in Sicherheit!«
    »Die finden wir nie! Selbst die Berge sind verschwunden!«
    »Ich finde sie!«
    Die Worte überraschten selbst Michael. Er hatte sie weder gedacht noch sie sich zurechtgelegt, aber er wusste, dass er die Wahrheit sagte. Während der ganzen Zeit war er von einer unsichtbaren Macht angezogen worden. Erst jetzt, wo sie angehalten hatten, wurde er sich ihrer bewusst. Aber er war sich sicher, dass er die Höhle finden würde, wenn er sich von dieser Macht leiten ließe.
    »Was ist los?« Emma wandte sich von Michael zu Gabriel. »Ich kann überhaupt nichts hören!«
    Gabriel starrte Michael an. Seine Augen lagen hinter den dunklen, mit Reif überzogenen Gläsern der Schneebrille verborgen.
    »Bist du sicher? Es ist riskant.«
    Was er damit sagen will, ist, dass wir alle sterben könnten, dachte Michael. Dass wir uns hoffnungslos verirren oder in eine Gletscherspalte stürzen könnten. Ein Lager aufzuschlagen, wäre die vernünftigste Lösung.
    Er schaute Emma an, deren Blick zwischen Michael und Gabriel hin und her wanderte. »Häh? Was hast du gesagt? Es ist so laut! Häh?« Es war einfach nicht fair. Michael würde jederzeit sein eigenes Leben riskieren, aber warum musste er auch noch Emmas aufs Spiel setzen? Oder Gabriels? »Du musst dich entscheiden!«, schrie Gabriel.
    Michael schloss die Augen. Der Zug war immer noch da, als ob ein unsichtbarer Haken in seiner Brust verankert wäre. Er wusste, es war das Buch Rubyn.
    »Ja! Ich kann es finden!«
    »Was finden?«, schrie Emma. »Wovon redet ihr da?«
    Gabriel gab keine Antwort, sondern ordnete das Seil neu an, sodass Michael nun vorne ging.
    »Wir folgen dir!«
    Er reichte Michael die Eisaxt und Michael stand auf und setzte sich in Bewegung. Bei jedem Schritt musste er kämpfen, um nicht vom

Weitere Kostenlose Bücher