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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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«, flüsterte Aelvin.
    » Was tun wir jetzt? «
    Sosehr er sich auch um einen klaren Gedanken bemühte, es wollte sich einfach keiner einstellen. Er überlegte lange hin und her, ehe er endlich eine Entscheidung fällte. Falls die anderen wirklich tot waren, war die Rettung der Lumina das Einzige, was ihnen zu tun blieb. Lebte Favola hingegen noch, dann hätte sie erst recht gewollt, dass sie die Pflanze vor den Räubern schützten. Ganz gleich also, von welcher Seite er die Sache betrachtete – das Ergebnis blieb dasselbe.
    » Wir holen sie uns zurück «, flüsterte er, ohne seinen Blick von dem Räubertross zu lösen.
    Libuse nickte. Womöglich war sie zu demselben Schluss gekommen wie er.
    Sie warteten ab, bis das Ende des Zuges ihr Versteck zwischen den Büschen passiert hatte. Dann folgten sie den Männern in einigem Abstand, gerade nah genug, um die letzten Fackeln hinter den Bäumen umhergeistern zu sehen. Die Räuber schienen ebenso erschöpft und durchgefroren zu sein wie sie selbst. Um so viele Vorräte zu besorgen, mussten sie einen weiten Weg zurückgelegt haben. In den umliegenden Dörfern ließ sich um diese Jahreszeit gewiss nichts mehr holen. Hinzu kamen die Patrouillen des Königs. Die Männer waren kraftlos und vermutlich einfach froh, bald die Festung zu erreichen.
    Aelvin und Libuse liefen gebückt durchs Unterholz, nur wenige Schritt vom Pfad entfernt. Die Müdigkeit machte auch ihnen zu schaffen, doch jetzt war beileibe nicht der Moment, um an Schlaf zu denken. Dazu würde ihnen später genug Zeit bleiben.
    Aelvin hatte erwartet, dass der Pfad zum Gipfel des Berges führen würde, doch er hatte sich getäuscht. Stattdessen verlief er auf halber Höhe um die bewaldete Flanke herum nach Osten, sodass sie den Fluss bald auf der anderen Seite hinter sich ließen.
    Über den Baumwipfeln und Bergkuppen dämmerte ein grauer Morgen herauf, als sich vor ihnen endlich, in einem Einschnitt aus drei schroffen Felswänden, die Festung des Räuberhauptmanns Sichel erhob.
    Der Pfad wand sich in weiten Kurven aus den Wäldern hinab talwärts und mündete in den Vorplatz der Festung. Bis auf eine Spur in der Mitte war er zu beiden Seiten mit Geröll zugeschüttet. Der Schnee, der diese Gesteinshalden überzog, musste zahllose Spalten und Löcher verbergen, sodass ein Angriff im Talgrund erschwert wurde. Der schmale Mittelweg zwischen den Geröllhaufen führte auf ein Tor zu, das sich im unteren Teil eines Turms befand. Daran schloss sich rechts und links in einem Halbkreis eine zinnenbewehrte Ringmauer an, die zu beiden Seiten an den Felswänden endete. Dahinter lag ein bogenförmiger Vorhof von etwa fünfzig Schrit t B reite, bebaut mit einfachen Holzhütten, woran schließlich die eigentliche Burg grenzte: ein klobiges Bauwerk aus drei Türmen und einem schmucklosen Palas, dem Herrenhaus der Feste. Nur einer der Türme war hoch genug, um über die Felswand an der Rückseite des Tals hinauszuragen.
    Nirgends wehten Fahnen oder Wimpel, wie es auf anderen Burgen üblich war. Nicht einmal Wächter erkannte Aelvin auf den Zinnen der Ringmauer oder in den Fenstern und Schießscharten der Türme. Auch einer der Männer an der Spitze des Räubertrupps deutete hinauf zu den leeren Wehrgängen, doch seine Kumpanen winkten erschöpft ab. Die meisten beschleunigten ihre Schritte, konnten sie es doch nicht mehr erwarten, es sich endlich an einem warmen Feuer gut gehen zu lassen.
    Noch etwas fiel Aelvin auf, während das Dämmerlicht über die Mauern kroch. Innerhalb des Vorhofs, dort, wo er zu beiden Seiten an den Felswänden zwischen Burg und Ringmauer endete, klafften schwarze Öffnungen im Berg, viereckige Tore, die von mächtigen Balken gehalten wurden.
    » Minen «, flüsterte er. » Das da waren einmal Silberminen. Bestimmt ist die Burg zu ihrem Schutz erbaut worden. «
    Libuse zuckte die Achseln. » Na und? «
    » Sichel besitzt nicht nur die Dreistigkeit, die Transporte der königlichen Silberminen in diesen Wäldern zu überfallen – er hat sich gleich eine eigene Mine samt Festung unter den Nagel gerissen. Kein Wunder, dass König Stefan so erpicht auf seinen Kopf ist. «
    » Es sieht nicht aus, als würde dort noch irgendwas abgebaut. «
    Kantige Schneebuckel vor den beiden Minentoren ließen darauf schließen, dass die Karren zum Transport des Abraums seit langem nicht mehr benutzt worden waren. Womöglich war das Silbervorkommen in diesem Berg längst erschöpft. Das würde erklären, wie es einem

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