Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies
unterzeichnet, und im April des Jahres kehrten die christlichen Priester in die Stadt zurück.
Doch auch diesmal war der Frieden nicht von Dauer. Bald schon geriet Sultan al-Saleh in Bedrängnis durch eine Liga feindlicher Sultane, und so rief er zu seinem Schutz ein Heer von zehntausend Türken zu Hilfe, die am Ufer des Euphrat stationiert waren. Sie marschierten mordend und brandschatzend durchs Heilige Land in Richtung Ägypten, und auf ihrem Weg überfielen sie Jerusalem und seine christliche Garnison. Im Herbst 1244 kam es zur Schlacht zwischen ihnen und den christlichen Rittern, die als Bewacher der Stadt abgestellt waren. “
An dieser Stelle verstummte Corax für eine Weile, und alle warteten gespannt darauf, dass er seinen Bericht fortsetzte. Aelvin konnte nur ahnen, was dies alles mit Corax selbst zu tun hatte, aber er hielt seine Neugier im Zaum und reizte ihn nicht durch Fragen. Am ungeduldigsten aber war Libuse, die mit großen Augen an den Lippen ihre s Vaters hing.
»Ich war einer der Ritter, die Je rusalem verteidigen sollten «, fuhr er fort, nachdem er einen tiefen Zug aus seinem Becher genommen hatte. Er hatte ihn seit seinem ersten Schluck nicht mehr losgelassen, um sich nicht die Blöße zu geben, auf dem Tisch danach tasten zu müssen. » Wenige Jahre zuvor hatte ich Konrad von Hochstaden gebeten, mich für einige Jahre aus seinen Diensten zu entlassen. Ich hatte mich einem Heer angeschlossen, das 1239 ins Heilige Land zog, und wurde dort Graf Walter von Jaffa unterstellt. Als das zweite Abkommen zwischen Christen und Moslems besiegelt wurde, waren wir diejenigen, die den Schutz der Pilger in Jerusalem gewährleisten sollten. Dass wir einer Armee aus Türken und Mamelucken würden standhalten müssen, hatte damals keiner ahnen können.
Als Graf Walter hörte, dass sich die Türken Jerusalem näherten, beschloss er, die Feinde anzugreifen, ehe diese die Stadt erreichen konnten. Die ersten Späher hatten von tausend Gegnern gesprochen, und der Graf vertraute auf ihr Urteil, obgleich ihm alle von einem Ausfall abrieten. Jedermann war der Meinung, dass es sicherer sei, den Angriff in einer befestigten Stellung abzuwarten, doch Walter wollte davon nichts hören. Er glaubte, die Türken noch während ihres Aufmarschs aufreiben zu können. Und so kam es in den Sanddünen zwischen Gaza und Askalon zur Schlacht.
An jenem Tag sah ich so viel Blut und Tod wie niemals zuvor in meinem Leben. Auch ich war gegen den Ausfall gewesen. Und ich tat etwas, das ich bis zum heutigen Tage bereue: Ich befolgte einen Befehl gegen meine Überzeugung. Dabei hatte ich Köln verlassen, weil ich es müde war, der Willkür anderer zu dienen. Und nun fand ich mich auf diesem Schlachtfeld wieder, gegen mein besseres Wissen, und ich war gezwungen, um mein Leben zu kämpfen, obgleich ich von Anfang an geahnt hatte, dass dieser Angriff ein Fehler war. Damals, an jenem Tag in den Dünen von Askalon, beschloss ich, nie wieder irgendeines Mannes Befehle auszuführen. Ich war ein Krieger, das war, was ich am besten konnte, doch ab sofort würde ich nur noch das Schwert erheben, wenn ich selbst es für richtig hielt.
Als wir die Dünen erreichten, erwarteten uns nicht tausend, sondern zehntausend Feinde. Wie die Lämmer gingen wir ihnen in die Falle. Unsere Pferde waren zu langsam im Sand. Unsere Fußsoldaten wurden von den Reitern abgeschnitten und in den Dünentälern zusammengetrieben. Es war ein Massaker. Die Türken waren uns an zehnfacher Zahl überlegen. Die Schreie der Sterbenden hallten über die Wüste, und nur wenigen von uns gelang es, den türkischen Säbeln und Pfeilen zu entkommen. Walter von Jaffa war einer der Ersten, die die Flucht ergriffen, und mit ihm entkamen viele Berittene. Die Fußsoldaten aber waren nicht schnell genug, und einige von uns Rittern weigerten sich, sie zurückzulassen. Ich kämpfte an der Seite Heinrich von Bars, dem Befehlshaber der Infanteristen und desjenigen unter den Edelleuten, der neben dem Grafen von Jaffa am vehementesten für den Ausfall plädiert hatte. Ich sah, wie mehrere Türken zugleich über ihn herfielen und ihn zerstückelten, und so wie ihm erging es an diesem Tag einem Großteil unserer Leute.
Ich war einer der Letzten, die vom Schlachtfeld entkamen, blutend und geschlagen. Noch in derselben Nacht verließ ich die Reste unserer Streitmacht. Erst viel später hörte ich von den Gräueltaten der Türken in Jerusalem. Sie war en durch die Straßen gezogen und hatten jeden
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