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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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größte Fehler meines Lebens. «
    Albertus, der seit vielen Jahren wusste, was damals geschehen war, bestellte beim Wirt eine neue Runde heißen Kräuterwein. Obgleich Aelvin sich sonst über so viel Freigebigkeit gefreut hätte, konnte er in diesem Augenblick doch an nicht s a nderes denken als an die Ereignisse, die Corax ’ Worte heraufbeschworen.
    » Nive und ich zogen in bescheidene Räumlichkeiten am hintersten Ende des Wesirpalastes, wo auch die übrigen Gardisten mit ihren Familien lebten, und eine Weile lang waren wir sehr glücklich. Wie sich bald herausstellte, war meine Aufgabe in der Leibgarde des Wesirs nicht allzu mühsam. Niemand hat während der ganzen Zeit versucht, ihm ein Haar zu krümmen. Einzig der Konkurrenzkampf mit der Garde des Kalifen war mitunter lästig, denn der Wesir verbrachte als oberster Minister des Kalifats viel Zeit mit seinem Herrn und Gebieter. Keiner von beiden legte dabei Wert auf doppelte Bewachung, und das führte oft zu Streit zwischen den Gardisten des Kalifen und uns. Kam es zu Handgreiflichkeiten, wurden wir von unseren Herren schwer dafür bestraft. Einige Tage, sogar mehrere Wochen im Kerker waren keine Seltenheit.
    Deine Mutter und ich waren nicht verheiratet, aber das wusste niemand. Wir gaben vor, Mann und Frau zu sein, und so fühlten wir uns auch. Die Wahrheit hätte zu nichts als Schwierigkeiten geführt, wahrscheinlich zu meiner Entlassung, und so waren wir für alle Welt vermählte Eheleute.
    Schon bald rückte ich auf, wurde Hauptmann der Leibgarde, und schließlich wurde der Kalif selbst auf mich aufmerksam – ich war ja auch schwer zu übersehen, als einziger hellhäutiger, hellhaariger Mann der Garde, noch dazu einen guten Kopf größer als die meisten anderen Soldaten. Nach gut einem Jahr in den Diensten des Wesirs wurde ich zum Hauptmann der Garde des Kalifen, bekam neue Vergünstigungen, aber auch viele neue Pflichten. Oft musste ich den Kalifen auf seinen Reisen begleiten, manchmal wochenlang. Und das bedeutete jedes Mal auch eine Trennung von Nive, was mir umso schwerer fiel, nachdem sie mir offenbart hatte, dass sie ein Kind erwartete.
    Auf einer dieser Reisen wurden wir in einer einsamen Bergfestung von einem versprengten Trupp von Kreuzrittern angegriffen, Männern, wie ich selbst einmal einer gewesen war. Auch sie hatten sich von ihren Befehlshabern losgesagt und sich in den Bergen zu einer Räuberbande zusammengeschlossen. Zwar kämpften sie noch immer unter den Bannern des Kaisers und des Papstes, doch in Wahrheit waren sie nichts als Wegelagerer, die es nicht wagten, in die Heimat zurückzukehren. Stattdessen überfielen sie Sklavenkarawanen, töteten die Männer und behielten die Frauen für sich, bis sie ihrer überdrüssig waren. In den Felsschluchten beraubten sie Händler auf ihren Routen zwischen den Basaren und machten auch keinen Halt vor Angriffen auf Christen. Ihre Zahl war schon auf mehr als zweihundert angewachsen, und beinahe schien es, als würde jeder abtrünnige Ritter und Waffenknecht wie durch Magie von ihnen angezogen.
    Als sie den Kalifen und uns Gardisten in der verlassenen Festung überfielen, in der wir unser Lager aufgeschlagen hatten, wussten sie wohl erst gar nicht, wer ihnen da über den Weg gelaufen war. Erst nach einer Weile und den ersten Verhandlungen erkannten sie die Wahrheit. Ich traf mich mit ihrem Anführer, um unseren freien Abzug zu fordern, und ich erkannte mich selbst in ihm wieder. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich wäre wie er geworden. Nur meine Begegnung mit Nive hatte mich davor bewahrt. Zugleich begriff ich, dass er uns niemals gehen lassen würde, selbst wenn er mir sein Wort darauf gäbe – denn ich an seiner Stelle hätte dasselbe getan. Er wusste genau, dass der Kalif gleich nach seiner Heimkehr eine Armee losschicken würde, um die Bande aufzureiben. Diese Männer konnten uns gar nicht ziehen lassen.
    Ich kehrte zu meinem Herrn zurück, erstattete Bericht und bat ihn, die Verteidigung der Festung in meine Hände zu legen. Er aber glaubte, dass es unmöglich sei, die Mauern mit nur dreißig Männern gegen eine Übermacht von zweihundert zu halten. Doch ich widersprach ihm: Unser Überlebe n s ei keine Sache der Kraft, sondern nur der Taktik und des Geschicks. Und weil ich wusste, wie unsere abendländischen Feinde vorgehen würden – genau so, wie sie und ich es einst gelernt hatten –, traute ich mir zu, die Festung gegen sie zu verteidigen und die Gegner sogar zu besiegen. Der Kalif

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