Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies
hat nichts mit dir, mit mir oder dem Kalifen zu tun «, entgegnete Corax, während alle anderen einander besorgte Blicke zuwarfen.
» Sie soll hier bleiben «, sagte Ja ’ far.
» Was? «, stieß Aelvin aus.
Ja ’ fars lauernder Blick schien ihn zum ersten Mal wahrzunehmen. » Ist sie dein Liebchen? «
» Wir sind – «
» Favola ist nur dem Herrn versprochen, niemandem sonst! «, rief Albertus. » Wir sind Euch dankbar für Eure Gastfreundschaft, Ja ’ far. Aber das gibt Euch nicht das Recht, jemanden aus unserer Mitte zu beleidigen. «
Der Alte blieb ruhig. » Nichts läge mir ferner. Aber ich werde niemanden in einer so offensichtlichen Verkleidung in den Palast schicken – nicht wenn mein eigenes Leben mit daran hängt. «
Libuse spürte, wie ihnen die Lage entglitt. Auch Corax schien nun bemüht, die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen.
» Ist das deine Bedingung? «, fragte er den Alten.
» Das Mädchen bleibt «, bestätigte Ja ’ far. » Ich will sie nicht in der Nähe des Kalifen haben. Da ist etwas um sie … ich kann es spüren. «
Favola presste die Lippen aufeinander und brachte kein Wort heraus. Aelvins Stirn war zerfurcht vor Wut, doch er hielt sich zurück, um Ja ’ far nicht zu verärgern; noch waren sie auf ihn und seine Beziehungen angewiesen.
» Mit ihr wird es keine Audienz geben «, sagte Ja ’ far. » Das ist mein letztes Wort. «
» Das ist inakzeptabel! «, entfuhr es Albertus. Er befand sich in einer Zwickmühle. Er musste mit zum Kalifen gehen, denn von ihnen allen war allein er in der Lage, die Karte des Jüngers in der Bibliothek ausfindig zu machen. Doch um nichts in der Welt würde er Favola und die Lumina im Haus dieses Lumpen zurücklassen.
» Ich bleibe bei ihr «, sagte Aelvin entschlossen. » Geht ihr anderen zum Kalifen. Ich beschütze Favola. « Er sagte es mit solcher Inbrunst und Überzeugung, dass sich selbst Ja ’ far jede spöttische Erwiderung verkniff. Stattdessen beugte der Alte das Haupt in Aelvins Richtung und sagte: » So sei es. «
» Aber das ist Irrsinn! «, begehrte Libuse auf.
» Bleib du bei den beiden «, sagte Corax zu ihr. » Albertus und ich werden allein zum Kalifen gehen. «
» Niemals! « Sie würde nicht zusehen, wie ihr Vater in den sicheren Tod lief, nur mit Albertus an seiner Seite, der vermutlich sogar seine eigene Mutter gegen die Karte des Jüngers eingetauscht hätte. Andererseits zerriss es ihr das Herz, Aelvin und Favola bei Ja ’ far zurückzulassen. Sie redete sich ein, dass sie sich lediglich Sorgen um die beiden machte, ja, dass sie um ihr Leben fürchtete. Doch da war auch noch etwas anderes. Es fiel ihr schwer, sich das einzugestehen – aber sie war eifersüchtig. Corax wusste es; Albertus mochte es bemerkt haben; wahrscheinlich sogar dieses Scheusal Ja ’ far. Und doch konnte sie nicht das Geringste dagegen tun. Es war, als hätte ein anderer die Gewalt über ihre Gefühle an sich gerissen.
» Ich gehe mit zum Palast «, sagte sie mit belegter Stimme. » Egal was geschieht, ich bleibe an deiner Seite. «
Ja ’ far lächelte liebenswürdig. » So sei es «, sagte er abermals.
» Du musst das nicht tun «, sagte Corax.
» Ich bin deine Tochter. «
» Ja «, sagte er stolz. » Das bist du. « Und an Ja ’ far gewandt fragte er: » Wann kann ich mit dem Kalifen sprechen? «
Nun blickten alle angespannt zwischen ihm und Ja ’ far hin und her. Albertus sah verbissener aus denn je und machte kein Geheimnis daraus, wie sehr es ihm missfiel, die Führung an einen anderen abzugeben. Hier in Bagdad begann womöglich die letzte Etappe ihrer Reise – vorausgesetzt, es gab kein viertes und fünftes Teilstück der Karte des Jüngers. Aber wie weit mochte ein Mann vor tausend Jahren gewandert sein? Über den Rand der bekannten Welt hinaus? Der Magister musste sich diese Frage tausendmal gestellt haben. Mit jedem Tag wurde er ungeduldiger.
» Du hast Glück «, sagte Ja ’ far zu Corax. » Der Kalif weilt in der Stadt. Eine Audienz dürfte rasch zu bewerkstellige n s ein. Aber nimm dich in Acht. Al-Mutasim mag sich daran erinnern, dass er dir einst wohl gesonnen war. Dennoch hat er dich aus seinem Reich verbannt, und sein Urteil gilt auf Lebenszeit. Er könnte dich auf der Stelle hinrichten lassen. «
» Das weiß ich. «
» Dann weißt du sicher auch, dass Abu Tahir al-Munadi noch immer sein Wesir ist. Und seine Macht ist seit damals nicht geringer geworden. «
» Auch davon habe ich gehört «, sagte
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