Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies
– es fiel ihm schwer genug, mit einem Stock in der Hand seinen Weg zu finden.
Im glosenden Schein des Feuerbeckens war sein Gesicht so reglos wie das einer Statue. Er sah wahrlich aus wie ein Krieger, verbissen und stark. Sein leerer Blick war auf Ja ’ far gerichtet, als könnte er noch immer in seinen Zügen lesen.
» Wirst du uns helfen? «, fragte er den Alten, nachdem er ihr Ansinnen vorgetragen hatte.
Der grauhäutige Knochenmann wog sich im Nachhall vergangener Opiumträume. » Helfen werde ich dir, den Tod zu finden. «
Libuse wollte aufbegehren, doch Corax ’ Hand fand wie durch ein Wunder die ihre. » Wenn ich bei dem Versuch sterbe, ist das meine Sache, Ja ’ far. Meine Tochter braucht deine Hilfe. So wie einst dein Kind meine Hilfe gebraucht hat. «
Der Alte lächelte, doch noch immer schien es nicht dem Hier und Jetzt zu gelten, sondern etwas, das irgendwo tief in der Vergangenheit begraben lag und sich vielleicht gerade den Weg zurück ans Licht bahnte. Ein wieder belebtes Gerippe aus halb vergessenen Erinnerungen.
» Tamira hat geheiratet «, sagte Ja ’ far. » Einen Hauptman n d er Palastwache. Ein guter Mann, wenngleich nicht korrupt genug für diese Welt. Aber welcher Mann widersteht schon den Drohungen seines Weibes? « Jetzt kicherte er leise. » Ich jedenfalls vermochte es nicht, sonst wäre Tamira vielleicht gar nicht geboren worden, wer weiß. Sie wird sich an dich erinnern. Und sie wird ihren Mann bitten, dich zu unser aller Gebieter zu bringen. «
» Sieh an «, sagte Corax und schien beinahe zu lächeln. » Keine Kletterei im Dunkeln über bewachte Mauern? Keine Klingen bei Nacht und Gefechte in schmutzigen Hinterhöfen? Du enttäuschst mich. «
Ja ’ far winkte ab. Sein Gesicht wurde beim Lachen so faltig wie eine Dattel. » Aus diesem Alter sind wir beide heraus, mein Freund. Ich schon ein wenig länger als du, doch was soll ’ s? Heute erledige ich dergleichen durch … sagen wir, gute Beziehungen zur Obrigkeit. «
» Du hast deine vierzehn Töchter sicher gewinnbringend vermählt. «
» Sehr gewinnbringend! «, gackerte Ja ’ far. » Und es sind mittlerweile sechzehn. Die beiden jüngsten kennst du nicht. Die eine ist schon verheiratet, die andere wird es demnächst sein. Ein Minister … nun, nur für Dächerbau, aber wer weiß, wofür es gut ist. Und wenn noch ein wenig Liebe im Spiel ist, kann es auch nicht schaden. Das macht diese Narren … hmm, sagen wir verhandlungsbereiter. «
Libuse wurde schwindelig bei der Vorstellung, dass ein Mann seines Alters noch Kinder zeugte. Ja ’ far war widerlich, er war unhöflich und er hatte Dreck am Stecken für zehn Leben – aber gewiss war er auch schlau für drei von seinem Schlage.
Als wollte er ihren Gedanken untermauern, deutete er auf Favola. » Wen soll diese Maskerade täuschen? « Er sah dabei erst Albertus, dann Corax an. Favola fuhr zusammen.
» Was meinst du? «, fragte der Magister steif.
» Nun, was immer die Kleine da unter ihrem Herzen trägt – ein Kind ist das nicht. Wer sechzehn Töchter in die Welt gesetzt hat und genug Enkelinnen, um damit die Harems aller Halsabschneider von hier bis Basra zu versorgen, der kann sehen, ob eine Frau schwanger ist oder nicht. Und diese da ist es ganz sicher nicht. « Er stützte die Ellbogen auf die Knie und legte sein Kinn auf die verschränkten Hände. » Also – was verbirgt sie unter ihrem Mantel außer einem Paar zarter Brüstchen und dem Flaum zwischen ihren Beinen? «
Albertus wollte auffahren, doch er besann sich im letzten Moment eines Besseren. Favola rückte näher an Aelvin, der einen nervösen Blick zu Libuse warf.
» Ich hoffe sehr «, fuhr Ja ’ far fort, als keiner eine Antwort gab, » ihr plant nicht insgeheim einen Anschlag auf das Leben unseres allseits geliebten Herrschers. Noch bevor sie euch hinrichteten, würden sie hier auftauchen und mich zu euch in den Kerker werfen. «
» Mach dir keine Sorgen «, sagte Corax. » Niemand hier hat vor, dem Kalifen ein Haar zu krümmen. Aber was dieses Mädchen bei sich trägt, ist nicht deine Sache. «
» Ihr seid doch nicht etwa dumm genug, ihr Gold anzuvertrauen? Kein Dieb in den Gassen Bagdads fällt auf diese Tarnung herein … Nun, ich wäre es nicht, zu meinen besseren Zeiten. « Schamlos blickte er Favola an, bis diese neuen Mut fasste und trotzig zurückstarrte. » Nein, Gold ist es nicht «, sagte er. » Etwas anderes. Ich will nicht misstrauisch erscheinen, aber – «
» Dieses Mädchen
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