Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies
wirkten hier heruntergekommener, die Gewänder der Leute schmutziger, und die Männer gingen Geschäften nach, von denen sie nur hinter vorgehaltener Hand oder mit abgewandten Gesichtern flüsterten. Was immer Ja ’ fars Handlanger hier mit ihnen vorhatten, es war gewiss nichts Gutes.
» Jetzt! «, rief Aelvin abrupt, packte Favola am Arm und rannte los. Sie lief ebenso schnell wie er, zwischen Gruppen aus Männern hindurch, von denen einige herumwirbelten und ihnen Verwünschungen auf Arabisch hinterherbrüllten.
Ja ’ fars Aufpasser stießen ebenfalls Rufe aus, als sie die Verfolgung aufnahmen. Aelvin wollte eigentlich nicht zurückblicken, doch dann tat er es trotzdem und sah die krummen Dolche in den Händen der beiden.
» Schneller! «, zischte er Favola zu, die stur geradeaus blickte, zupackenden Händen auswich und sich jetzt gar an die Spitze setzte.
Weiter vor ihnen war die Gasse durch eine Ansammlun g v on Männern blockiert, die sich um irgendetwas versammelt hatten, das ihre ganze Aufmerksamkeit beanspruchte. Im Näherkommen hörte Aelvin Schreie, die Anfeuerungen oder auch Flüche sein mochten. Dann begriff er, dass dort vorn auf offener Straße ein Kampf ausgetragen wurde; schon sah er Favola vor seinem inneren Auge in ein Chaos aus blitzenden Klingen hineinplatzen. Doch sie hatte die Gefahr erkannt, schlug kurz vor dem Gedränge einen Haken nach rechts und verschwand in einem Spalt zwischen den Häusern.
Aelvin schaute sich noch einmal um, bevor er ihr folgte. Ihre Verfolger hatten nicht aufgeholt, waren aber noch immer hinter ihnen.
Der Durchgang war eng und dunkel. Das wenige Licht, das ihnen von der Gasse in dieses stinkende Loch folgte, blieb bald zurück.
» Pass auf! «, rief Favola über die Schulter. » Hier liegt lauter Abfall! «
Schon spürte er, wie er mit dem Fuß gegen etwas Hartes stieß. Er konnte gerade noch einen Satz darüber hinwegmachen und schrammte mit der Schulter an der Ziegelmauer entlang. Wenige Schritte weiter vorn wurde der Boden so rutschig wie Eis, aber dazu war es nicht kalt genug. Verfaultes Gemüse, durchzuckte es ihn angewidert. Essensreste für die Ratten und streunenden Hunde. Trotzdem gelang es ihm, sich irgendwie aufrecht zu halten und weiterzulaufen.
Wenig später hörte er es hinter sich poltern und stellte sich mit einiger Genugtuung vor, wie Ja ’ fars Leute übereinander fielen.
Als sie endlich wieder in den düsteren Schein vereinzelter Öllampen stolperten, stellte sich heraus, dass sie ihre Verfolger keineswegs abgehängt hatten. Einer hatte jedoch bei dem Sturz sein Messer verloren.
Aelvin hatte die verzweifelte Hoffnung, dass er in der Umgebung irgendetwas erkennen würde, eine Gasse, eine Kreuzung, das Ufer eines Kanals, den sie auf dem Weg zu Ja ’ fars Haus passiert hatten. Aber das war Wunschdenken. Eine Stadt, in der zwei Millionen Menschen lebten, musste verschachtelter sein, als er es sich in seinen kühnsten Gedanken ausmalen konnte.
Er lief jetzt wieder auf einer Höhe mit Favola. Die Gasse, in der sie sich befanden, war enger und weniger bevölkert als die Straße, der sie zuvor gefolgt waren. Immer noch schaute sich ab und an jemand nach ihnen um oder rief ihnen etwas nach, doch die meiste Zeit über war der Weg frei.
» Die kennen sich hier aus «, keuchte Favola. » Wir werden denen nie entkommen. «
» Abwarten! « Er hatte etwas entdeckt, nicht allzu weit vor ihnen. Die Gasse wurde jenseits einer Kreuzung breiter, und was er auf den ersten Blick für Berge von Abfall zu beiden Seiten des Weges gehalten hatte, waren in Wahrheit Dutzende von Menschen, die sich unter Bal konen und Tuchdächern zum Schlafen zusammengerollt hatten. Sie lagen eng beieinander, um sich gegenseitig zu wärmen. Da es niemanden gab, der Wache stand, musste es sich um verarmte Flüchtlinge handeln, die nichts besaßen, das sich zu stehlen lohnte.
Ihre Häscher waren gut fünfzig Schritt hinter ihnen. Ihr Sturz hatte Aelvins und Favolas Vorsprung vergrößert.
Außer Atem stürmten sie über die Kreuzung und geradewegs unter die Schlafenden. Es fiel schwer, zwischen all den vermummten und zugedeckten Leibern eine freie Stelle zu finden, um die Füße aufzusetzen, und bald schon murrten und schimpften die Ersten, die von ihren Tritten aus dem Schlaf gerissen wurden. Jemand packte Favolas Gewand, doch sie konnte sich losreißen. Aelvin musste gleichfalls Händen ausweichen, doch die meisten waren zu schlaftrunken, um schnell genug zuzugreifen.
So
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