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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zahllosen Empfangszimmer des Palastes, schmuckloser als jenes, in dem der Kalif die Gefährten willkommen geheißen hatte. Außer dem Herrscher, seiner Mutter und der Mongolenprinzessin waren auch Corax und Libuse anwesend. Die Leibgarde hielt Wache draußen vor der Tür.
    » Dieser Mann … Shadhan «, sagte al-Mutasim, » er will die Bibliothek, richtig? «
    Sinaida nickte. » Genau genommen erhofft er sich nur einen einzigen Hinweis aus ihr, der Rest ist ihm gleichgültig. «
    » Was für einen Hinweis? «
    » Auf das Mysterium der Nizaris. Die Geheimformel der Alten vom Berge, die es ihnen erlaubt hat, den Garten Gottes zu betreten und lebend von dort zurückzukehren. «
    » Aber das ist eine Legende! «, entfuhr es dem Kalifen.
    » Nein «, sagte Sinaida ruhig, » das ist es nicht. « Sie zögerte, dann setzte sie hinzu: » Ich bin selbst dort gewesen. «
    Der Kalif ballte die Fäuste und sprang von seinem Diwan auf. Mit zwei Sätzen eilte er die Stufen hinab, an deren Fuß sich die Übrigen versammelt hatten. Auch Zubaida stand dort, obgleich ihr ein Platz an der Seite ihres Sohnes zugestanden hätte.
    Al-Mutasim baute sich vor Sinaida auf. Er überragte sie um einen Kopf. » Das ist Gotteslästerung! Wenn der Wesir oder einer der anderen – «
    » Keiner von ihnen ist hier «, unterbrach ihn Zubaida. » Aus gutem Grund. «
    Zumindest äußerlich schenkte der Kalif den Worten seiner Mutter keine Beachtung. » Du warst das Weib des Khur Shah «, sagte er zu Sinaida, » das Weib eines meiner Todfeinde. Und du bist die Schwägerin des Hulagu … noch ein Mann, der mich um mein Reich und vermutlich um mein Leben bringen will. Und du lästerst Allah! « Sein Gesicht war jetzt dicht vor ihrem, doch sie wich nicht vor ihm zurück, senkte nicht einmal den Blick. » Wie kann ich glauben, dass ein einzelner Mann für das Tor zum Garten Gottes ein ganzes Volk in den Untergang treibt? «
    » Ich vertraue ihr «, kam die Edle Zubaida der Prinzessin zu Hilfe. » Wir alle haben schon von größerem Wahnsinn in der Sache des Glaubens gehört. «
    » Und es sind zwei Völker «, verbesserte ihn Sinaida. » Erst die Nizaris, und nun das eure. «
    » Schweig! «, fuhr er sie an, wirkte nun aber nur noch hilflos in seiner Wut. » Selbst wenn es so wäre und du die Wahrheit sagst, wie könnte uns das helfen? «
    Corax hatte lange geschwiegen und zugehört. Nun aber machte er, geführt von Libuse, einen Schritt nach vorn und ergriff das Wort. » Mit Verlaub, mein Freund, aber du solltest ihr trauen. Sie hat nichts zu verlieren. Sie lügt dich nicht an. «
    Der Kalif sah sich nun von zwei Seiten bedrängt, und das missfiel ihm außerordentlich. Wütend fuhr er herum, stieg schleppend, als trüge er ein Gewicht, die Stufen hinauf, und ließ sich auf seinem Diwan nieder.
    » Denk an all die Menschen «, sagte Corax unbeirrt, » die aus dem Norden und Osten nach Bagdad strömen. Ihre Flucht hat sicher einen guten Grund. «
    » Gerüchte! Niemand hat irgendetwas gesehen! «
    » Niemand hat überlebt, um davon zu erzählen «, korrigierte ihn Corax. » Wer weiß, wie viele Dörfer die Mongolen bereits dem Erdboden gleichgemacht haben, ohne dass irgendwer entkommen ist? Und was ist mit deinen Spähern, die nie heimgekehrt sind? «
    Al-Mutasim warf die Hände in die Höhe. » Bei Allah, Corax, ich weiß, dass irgendetwas näher rückt! Ich bin kein Narr. Ein Krieg steht uns bevor, und das vielleicht früher, als wir alle geglaubt haben. Auch will ich gern glauben, dass es Hulagu und seine Große Horde sind, die das Land im Osten verwüsten – eine Menge spricht dafür, nicht allein das Geschick, keine Zeugen am Leben zu lassen. « Er stützte die Ellbogen auf die Knie und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Er sah jetzt sehr müde aus, aber das waren sie alle. » Trotzdem kann ich nicht glauben, dass er es wagt, Bagdad selbst anzugreifen. Seit einer Ewigkeit hat das niemand mehr versucht. Es wäre, als wollte er den Allmächtigen selbst herausfordern. «
    Sinaida wollte etwas entgegnen, doch die Edle Zubaida hielt sie mit einer Berührung am Arm zurück.
    » Die Verteidigung der Stadt muss organisiert werden «, sagte die Kalifenmutter. » Wir können uns nicht darauf verlassen, dass Allah uns beschützt. «
    » Das wird er gewiss nicht tun, wenn ich mich von einem gotteslästernden Weib wie diesem da beraten lasse. « Der Kalif nickte in Sinaidas Richtung. » Du glaubst wirklich, es ginge in Wahrheit um den Garten Gottes? Nun, wenn du

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