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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Tagen künden die Vögel von Fremden in den Bergen. «
    » Das mag wahr sein oder auch nicht. «
    » Du erbittest Einkehr unter meinem Dach, Gabriel, und bezichtigst mich zugleich der Lüge? «
    » Nichts dergleichen. Lass uns die Vergangenheit begraben und uns wie zwei gebildete Männer unterhalten, Corax. «
    » Die Vergangenheit begraben «, murmelte Corax in seinen grauen Bart. » Dass ich nicht lache! «
    » Ich könnte zwei von ihnen erwischen, bevor sie etwas unternehmen können «, flüsterte Libuse. Schon lag ein Pfeil auf der Sehne ihres Bogens. Ein leises Knarren ertönte, als sie die Waffe spannte.
    » Nicht. « Corax hob beschwichtigend die Hand. » Er würde mit hundert Männern wiederkommen. Nicht heute, nicht morgen. Aber er käme, irgendwann. «
    » Dann könnten wir fort sein. «
    » Ich würde niemals … « Er brach ab, als er begriff, was Libuse gemeint hatte. » Vergiss, was Albertus gesagt hat. Er wird ohne uns gehen müssen. «
    Und was ist mit Mutter?, lag ihr auf der Zunge. Doch vorerst ließ sie es ungesagt. Im Augenblick gab es Wichtigeres.
    Sie ließ die Bogensehne langsam locker, senkte die Waffe aber nur um einen Fingerbreit.
    » Corax? «, brüllte Gabriel durch die Vorhänge aus Schnee. » Meine Männer erfrieren hier draußen. «
    » Es sind deine Männer, nicht meine. Keiner von ihnen wird mein Haus betreten. «
    Der Reiter auf dem Schimmel wandte sich zu seinen Begleitern um und redete mit ihnen. Gleich darauf wendeten sie ihre Pferde und lenkten sie zurück zum Waldrand. Innerhalb weniger Atemzüge waren sie mit dem Schnee und dem Grau der vorderen Baumreihen verschmolzen.
    Libuse atmete auf. Die gesichtslosen Umrisse der Männer auf ihren kräftigen Rössern hatten ihr mehr Angst eingejagt, als sie sich eingestehen wollte. Sie wirkten wie Schatten, die stumm ihrem Meister folgten. Libuse konnte ein Schauder n n icht unterdrücken, als sie daran dachte, was diese Männer in dem Nonnenkloster angerichtet hatten.
    » Ich bin jetzt allein, Corax «, rief Gabriel. Obwohl er so laut brüllen musste, wirkte seine Stimme nicht unangenehm. » Du hast mein Wort, dass meine Männer den Wald nicht verlassen werden, solange wir reden. Lass mich ein, mehr verlange ich nicht. «
    Corax zögerte mit einer Antwort.
    Libuse sah ihn von der Seite an. » Du willst dich doch nicht darauf einlassen, oder? «
    » Ansonsten wird er uns früher oder später seine Mörderbande auf den Hals hetzen. «
    » Mit denen werden wir fertig «, entgegnete sie hartnäckig.
    Ein bitteres Lächeln huschte über seine gefurchten Züge.
    » Du hast mehr von mir gelernt, als ich dachte. Auch, wie man Worte wie Waffen schwingt. «
    » Sie sind nur Soldaten «, widersprach sie hastig. » Wir könnten – «
    » Wenn sie Gabriel folgen, sind sie mehr als das. Sie sind sein Rudel. Und sie sind gefährlicher, als du es dir ausmalen kannst. «
    Wieder ertönte die Stimme des Anführers. » Corax, verflucht … Es ist kalt! «
    Corax schnitt Libuses Widerrede mit einer Geste ab, beugte sich über die Zinnen und rief: » Einverstanden, Gabriel. Wir reden. Nur wir beide. «
    Der einsame Reiter am Fuß des Turmes gab keine Antwort. Metall und Leder knirschten, als er sich aus dem Sattel schwang, sein Pferd stehen ließ und die verschneiten Stufen zur Tür heraufstieg.
    Corax schritt ohne große Eile die Treppe hinunter, so als wäge er noch einmal alle Möglichkeiten ab. Libuse wollte ihm folgen, doch er wies sie an, in ihrer Kammer zu warten. » Versprich mir, dass du hier bleibst, bis ich dir Bescheid gebe. «
    » Aber das kann ich dir nicht versprechen. «
    Er sah sie ernst an, dann schüttelte er nur den Kopf und lief die restlichen Stufen hinunter. Libuse blieb auf der Schwelle ihrer Kammer stehen und lauschte.
    Unten wurde der Riegel entfernt, dann schwang krächzend die Tür auf. Stiefel polterten, als sich der Besucher den Schnee abtrat. Sie hörte die Stimmen der beiden Männer, doch Libuse war zu weit entfernt, um die Worte zu verstehen. Dann schlug die Tür wieder zu, Corax legte den Balken vor.
    Sie war unsicher, was sie tun sollte. Hier oben abwarten kam nicht infrage, um nichts in der Welt. Aber einfach hinunterzugehen, gegen den ausdrücklichen Willen ihres Vaters, schien ebenfalls falsch zu sein.
    Sie wandte sich zu den Masken um, die ihr von Wänden und Balken ihrer Kammer entgegenstarrten. » Sagt ihr es mir «, flüsterte Libuse. » Was soll ich tun? «
    Jedes einzelne der Gesichter trug einen Namen,

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