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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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nichts. «
    Albertus nickte. » Ich werde jetzt eine Kräutersalbe auftragen, die die Verbrennungen kühlt. Wenn die Schwellungen zurückgehen, wird sich deine Sehkraft ein wenig bessern. «
    » Bessern? « Corax spie das Wort förmlich aus. » Ich habe genug geblendete Männer gesehen, um zu wissen, wie sie enden. Als jammernde Bettler in irgendeiner Kloake. Falls sie ihrem Elend vorher nicht selbst ein Ende setzen. «
    Albertus begann, die Salbe vorsichtig auf die zerstörte Haut aufzutragen. » Einige der weisesten Männer, die ich kenne , haben ihr Augenlicht verloren und sind dennoch nicht verzweifelt. «
    » Ja, Pfaffen wie du! Heilsprediger und Philosophen! Sie brauchen nichts als einen Novizen, der ihnen aus ihren Büchern vorliest. Aber ich bin ein – «
    » Krieger? «, fragte Albertus. » Du selbst hast gesagt, dass du keiner mehr bist. Ich habe viele Verbrennungen wie diese gesehen. In Kriegen machen sich die Männer seit jeher einen Spaß daraus, ihre Gefangenen zu blenden – aber die wenigsten tun es gründlich. «
    Corax ’ Hand tastete nach der Waffe, mit der er Albertus vorhin fast erschlagen hätte. » Er hat mein eigenes Schwert benutzt. Meine eigene Klinge! «
    Während Albertus aus seinem Beutel eine neue, feiner gewebte Binde hervorzog und Corax ’ Augen damit bedeckte, fragte sich Aelvin, woher die beiden Männer einander wohl kannten.
    » Nicht so eng «, knurrte Corax. » Lass mir das bisschen Licht, solange mir welches bleibt. «
    » Immer noch Angst vor der Dunkelheit? «, fragte Albertus und lockerte die Binde ein wenig.
    Während Aelvin noch überlegte, wie Albertus das gemeint haben könnte, ließ ihn ein leises Stöhnen herumfahren. Er sah gerade noch, wie Libuse zusammensackte. Das Erdlicht erlosch schlagartig. Von allen Seiten schlug die Kälte über ihnen zusammen wie Wasser aus einem geborstenen Damm. Favola schrak neben ihm zusammen und wollte Libuse zu Hilfe eilen. Doch der Schmerz in ihrer Schulter warf sie wie ein Faustschlag zurück zu Boden.
    » Ich mach das schon. « Aelvin kletterte über das Wurzelgeflecht zu Libuse hinüber.
    Das Mädchen hatte während der Beschwörung auf den Knien gehockt. Jetzt war ihr Oberkörper nach vorn gesackt, bedeckt von der Flut ihres Haars. Über ihrem Kleid trug si e e ine dicke Weste aus Schafswolle, genau wie beim letzten Mal, als Aelvin sie gesehen hatte. Derart zusammengekauert ließ die grauweiße Wolle sie aussehen, als sei sie zur Hälfte mit Schnee bedeckt.
    Er fasste sie zaghaft an den Schultern. » Libuse? «
    Sie gab keine Antwort.
    » Libuse? « Corax ’ Stimme fuhr Aelvin durch Mark und Bein. » Was ist mit ihr? «
    » Sie ist nur erschöpft «, sagte Albertus beschwichtigend und presste den aufgebrachten Krieger zurück auf seinen Sitz. » Es geht ihr gut. «
    » Warum sagt sie nichts? « Corax wollte erneut aufspringen, doch im selben Moment ruckte Libuses Kopf hoch. Sie wirbelte herum, fauchte wie eine Katze und stieß Aelvin mit aller Kraft von sich. Ihr Gesicht war verzerrt wie das eines Wasserspeiers.
    » Lass deine Finger von mir! «
    Aelvin stolperte rückwärts, konnte sich nicht mehr fangen und krachte mit dem Steißbein auf einen borkigen Holzwulst. Ein dumpfer Laut kam über seine Lippen, Funken tanzten vor seinen Augen.
    » Ich wollte nur helfen! «, entgegnete er heftig.
    » Ich brauche keine Hilfe! Von niemandem! « Sie sprang auf, kletterte auf Händen und Füßen den steilen Hang hinauf und verschwand hinter der Kuppe.
    » Sie hat Schlimmes durchgemacht «, sagte Albertus in Aelvins Richtung. » Lass sie. «
    » Libuse! «, rief Corax ihr hinterher, doch der Magister legte ihm beschwichtigend eine Hand auf den Unterarm.
    » Sie läuft nicht weg, keine Sorge. «
    » Aber Gabriel und seine Männer sind noch irgendwo dort draußen! «
    Albertus ’ Miene verdüsterte sich. » Gabriels Männer leben nicht mehr. Das alte Römeraquädukt hat sie mit sich in di e T iefe gerissen. Wenn die Augen unseres jungen Freundes « – er sah Aelvin an – » so gut sind, wie es die meinen in seinem Alter waren, dann stand auf der anderen Seite nur noch ein einzelner Mann. Derselbe, der den Pfeil auf Favola abgeschossen hat. «
    Aelvins Herz schlug schneller. Falls er sich geirrt hatte und noch mehr Männer überlebt hatten, dann blieb ihnen nicht mehr viel Zeit, ehe ihre Gegner die Schlucht umrunden und ihrer Spur folgen würden.
    Zu seiner Überraschung spürte er, wie Favola ihn am Handschuh berührte. Sie bat ihn, ihr zu

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