Das Büro
seines Heimatlandes floss, kehrte wieder zurück und zwang sich, auf dem Markt ein Café zu betreten. Da er angesichts der dicken Bleiglasscheiben von außen nicht sehen konnte, was sich drinnen abspielte, und lediglich etwas Stimmengewirr auffing, war er überrascht, als sich herausstellte, dass es voller Studenten war, die an großen, braunen Tischen saßen. Es herrschte ein gewaltiger Lärm, doch da sich die allgemeine Aufmerksamkeit auf ein Fernsehgerät, hoch in einer Ecke, richtete, bemerkte man ihn nicht. Es war ein Fußballspiel im Gange, dem man mit lautem Schreien, Jubel und Rufen folgte. Er bestellte ein Bier bei einem müden, nuttig wirkenden Mädchen, das aussah, als sei es mit allen Anwesenden nacheinander im Bett gewesen, gab ihm aufs Geratewohl etwas Geld und sah mit dem Glas in der Hand dem Spiel zu. Er hatte keine Ahnung, was da gerade lief, doch die plumpen Körper, die kurzgeschorenen Haare und die roten Köpfe des Publikums um ihnherum bestätigten all seine Vorurteile. Tor. Es brach ein grenzenloser Jubel los, die Zuschauer sprangen auf, Arme wurden in die Luft gestreckt, man hämmerte mit Knöcheln und Fäusten auf die Tische, und zwischen alldem wurde laut nach Bier gerufen. Der junge Mann neben Maarten stieß ihn an. „Sie sind doch kein Franzose?“
„Nein“, rief Maarten zurück. „Holländer.“
„Stört es Sie, wenn wir lustig sind?“
„Nein, nein“, rief Maarten und schüttelte zusätzlich den Kopf.
„Sehr gut“, rief der junge Mann und wandte sich wieder ab. Es klang nicht direkt unfreundlich, hatte jedoch etwas Bedrohliches, genug, um ihn zu veranlassen, sich aufzumachen, nachdem er sein Glas ausgetrunken hatte.
Die Halle seines Hotels war leer, doch aus dem Zimmer oder der Küche hinter der Halle kamen Stimmen. Er nahm seinen Schlüssel vom Haken und ging die Treppe hinauf. In seinem Zimmer war es still und frisch. Er setzte sich aufs Bett und lauschte. Durch das offene Fenster drangen Geräusche herein, eine Frauenstimme von unten, die schmeichelnd die Katze rief, und weiter entfernt der vage Lärm des Bahnhofs und der Stadt. Er schloss daraus, dass sein Zimmer an der Rückseite lag, knipste die Lampe neben seinem Bett an und zog sich aus. Soweit er sich erinnern konnte, war es das erste Mal seit seinem Hochzeitstag, dass er alleine schlief. Er kroch zwischen die kühlen Laken, zog sich die Daunendecke über, knipste die Lampe wieder aus und lauschte. Im Treppenhaus hörte man die Stimmen heimkehrender Gäste. Es gab das Geräusch fließenden Wassers, die Wasserleitungen klapperten. In der Ferne ertönte ganz hell, als käme sie über das Wasser, die Stimme aus dem Bahnhofslautsprecher. Ein Zug rollte in den Bahnhof ein und kam pfeifend und quietschend zum Stehen. In der Stille ertönte noch einmal der Lautsprecher, dann setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Maarten schlummerte wieder ein und wurde erneut wach. In der Stille der Nacht rollten die Züge vorbei, kamen zum Stehen und setzten sich wieder in Bewegung, und es erklang die Stimme aus dem Lautsprecher. Es erinnerte ihn an den Krieg.„Ich habe dich gestern Abend vermisst“, sagte Beerta beim Frühstück.
„Ich war in der Stadt“, antwortete Maarten.
Beerta ging nicht darauf ein. Er war heftig mit dem Durchschneiden und Schmieren eines harten Brötchens beschäftigt, das er anschließend sparsam mit Marmelade bestrich. Um ihn herum waren alle Tische mit deutschen Männern besetzt. Die Frau vom Hotel brachte ihnen eine Kanne Kaffee und stellte eine zweite Kanne auf den Tisch neben ihnen, an dem ein junges deutsches Ehepaar schweigend frühstückte, der Mann mit einer aufgeschlagenen Zeitung neben seinem Teller.
„Ich hatte ein ausführliches Gespräch mit Seiner“, erzählte Beerta, während er ein Stück von seinem Brötchen abschnitt, „und er stimmt mir zu, dass die Karte bloß das erste Wort ist und wir mit der definitiven Erklärung warten sollten, bis der Atlas vollendet ist. Aber er denkt auch, dass es gut wäre, wenn wir in der Zwischenzeit schon mal einen Versuch in der Richtung unternehmen würden, wenn auch nur, um die Aufmerksamkeit des Publikums wachzuhalten.“ Er führte das Brötchenstück an den Mund, wobei er Maarten ansah. „Hast du schon mit Güntermann gesprochen?“
„Kurz.“
„Seiner setzt hohe Erwartungen in ihn. Er sieht in ihm seinen Nachfolger.“
Maarten nickte.
„Es wäre gut, wenn du mal mit ihm sprechen würdest, denn er ist auch derjenige, der demnächst
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