Das Büro
der Kultur der Juden?“
„Auch nichts.“
„Das finde ich ziemlich rassistisch. Es tut mir leid, dass ich das sagen muss.“
„Rassistisch?“, wiederholte Maarten erstaunt. „Es ist unser Auftrag. Wir sollen Kulturgrenzen feststellen. Darauf hat die Kultur von Zigeunern und Juden keinen Einfluss.“
„Dessen bin ich mir nicht so sicher“, sagte Bart dickköpfig. „Dafür würde ich doch gern erst den Beweis sehen.“
Maarten schwieg. Er fand die Bemerkung unsinnig, doch da er über dieses Problem noch nie nachgedacht hatte, konnte er so schnell nichts entgegnen.
„Und ich würde doch auch gern Herrn Beertas Urteil dazu hören. Weil er den Artikel ausgeschnitten hat.“
„Bart und ich möchten gern Ihr Urteil hören“, sagte Maarten.
Beerta hörte auf zu tippen und drehte sich in seinem Stuhl um.
„Tag, Herr Beerta“, sagte Bart.
„Tag, Bart“, sagte Beerta. „Worüber wollt Ihr mein Urteil hören?“
Maarten gab ihm den Ausschnitt. „Finden Sie, dass wir diese Art Ausschnitte noch aufheben müssen, jetzt, wo Hillebrink tot ist?“
Beerta betrachtete den Artikel. „Den habe ich ausgeschnitten“, stellte er fest.
„Ja, für die Untersuchung, mit der Hillebrink Sie beauftragt hatte.“
Beerta betrachtete den Ausschnitt erneut. „Warum sollten wir das wegwerfen müssen?“ Er sah Maarten an.
„Weil es um Zigeuner geht.“
„Du weißt, dass ich nie etwas wegwerfe.“ Er gab ihm den Ausschnitt zurück. „Man weiß nie, wofür es gut ist.“
„Aber dann kann man gleich alles aufheben.“
„Das würde ich auch am liebsten tun, aber das geht nun einmal nicht. Damit habe ich mich abgefunden.“
„Aber warum dann die Zigeuner?“
Beerta zog die Augenbrauen hoch. „Zigeuner interessieren mich.“
„Und Juden?“
„Die Juden interessieren mich noch viel mehr. Die Juden! Das alte Volk!“
„Ich habe über sie auch ein dickes Dossier vorgefunden“, sagte Bart nun.
„Siehst du“, sagte Beerta zu Maarten, „was ich über die Juden finde, schneide ich aus.“
„Und die Chinesen?“, fragte Maarten.
„Die Chinesen interessieren mich weniger, aber ich hätte nichts dagegen, wenn ihr dazu ausschneiden würdet. Und ich würde sicher keine Ausschnitte wegwerfen. War das das Problem?“
„Ja“, sagte Maarten. Ihm war klar, dass weiterer Widerstand zwecklos war.
„Dann ist das also geklärt“, sagte Beerta zufrieden, während er sich wieder seiner Schreibmaschine zuwandte.
Als Maarten in sein Zimmer zurückkam, fand er Beerta beim Schnüffeln in seinem Karteisystem. Er sah Maarten an, als fühle er sich ertappt. „Ich habe mich gefragt, ob du hier drin auch etwas über das Bürgermeistern hast“, sagte er mit einem geheimnisvollen Lachen.
„Was ist das?“ Er setzte sich an seinen Schreibtisch.
„Weißt du das nicht?“ Er machte einen Schritt auf Maarten zu und sah ihn lächelnd an, die Hände auf dem Rücken.
„Nein.“
„Das ist, wenn in einem Dorf ein Junge gesch-schlechtsreif wird und ihn die älteren Jungen dann an einen stillen Ort mitnehmen, wo sie diesem jungen Burschen die Hose ausziehen und ihn …“, er zögerte, „zum B-bürgermeister machen.“ Er blickte Maarten direkt in die Augen, und es lag deutlich Erregung in seiner Stimme. „Hast du wirklich niemals davon gehört?“
„Nein“, sagte Maarten abwehrend.
Beerta wippte kurz auf den Zehenspitzen. „Das kommt daher, weil du aus der Stadt bist.“ Er wartete einen Moment. „Dort wirft so ein Junge das Dienstmädchen aufs Bett und befriedigt sich an ihm.“
„Davon habe ich noch nie gehört.“ Ihm war unbehaglich.
„Nein?“, fragte Beerta erstaunt. „Wie lief das denn bei euch in Den Haag?“ In seinen Worten klang etwas Provozierendes durch.
„Jedenfalls nicht so.“ Er zog das Buch, das aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch lag, zu sich heran, um deutlich zu machen, dass ihn das Gespräch nicht interessierte.
„Solche Bräuche interessieren mich“, sagte Beerta, während er sich abwandte. „Schade, dass wir nicht danach fragen können.“ Er blieb stehen und drehte sich wieder um, weil die Tür aufging. Nijhuis trat ein. Beerta sah ihn abwartend an, sein Kinn erhoben.
„Ich möchte wieder auf meinen alten Platz zurück“, sagte Nijhuis. Sein Gesicht wirkte hart, als ob er sich auf Widerstand vorbereitete.
„Warum?“, fragte Beerta.
„Weil ich es bei diesem Pharisäer nicht aushalte.“
Beerta hob die Augenbrauen. „Wen meinst du?“
„Herrn de Gruiter.“
Weitere Kostenlose Bücher