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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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werden.“
    Maarten schüttelte den Kopf. „Wie kann jemand zu siebenundneunzig Prozent sicher sein? Worauf stützt er sich? Woher weiß er das?“
    „Das wusste er natürlich auch nicht. Er stützte sich hauptsächlich auf den Charakter dieses Jungen, der war ein pathologischer Lügner. Und er sagte damals auch etwas, das ich zwar merkwürdig fand, aber dessen Richtigkeit ich später ebenfalls erkannt habe. Er sagte, dass dieser Junge in mich verliebt gewesen wäre und ich jemand sei, oder war, in den sich junge Burschen verlieben. Ich selbst merke das nicht, aber es scheint doch so zu sein. Und im Nachhinein habe ich begriffen, dass das auch bei Pietje Valkenburg der Fall gewesen sein muss, denn er war ein ziemlich ekliges Bürschchen, ein komischer Junge, aber Springvloed drängte so darauf, dass ich ihn hier anstellen sollte, weil er Führung bräuchte, dass ich es schließlich getan habe. Auch ein Junge, der, ebenso wie der andere, mit so merkwürdigen Geschichten ankam, dass er mit Männern ins Bett ginge und dass das so schön wäre, und ob ich das nicht auch einmal mit ihm tun wolle. ‚Aber darauf habe ich überhaupt keine Lust, mein Junge‘, habe ich dann gesagt. Aber eigentlich hätte ich ihn natürlich wegschicken müssen. Ich hatte nur Mitleid mit ihm. Und dann hat er zu seinem Vater gesagt, ich glaube, um sich zu rächen, dass ich ihn belästigen würde. Und so ist die Sache ins Rollen gekommen. Aber das wusstest du ja schon.“
    „So im Detail wusste ich es nicht. Ich fand es nur nicht so klug, dass Ihre Vorlesungen damals ausgesetzt wurden. Das ist natürlich
der
Weg, um etwas an die große Glocke zu hängen.“
    „Das war auch nicht klug, aber das wollte der Vorsitzende der Fakultät so. Springvloed stand von Anfang an hinter mir.“
    Es war einen Moment still.
    „Aber jetzt verstehst du natürlich auch, warum das damals so ein Problem für mich war, denn ich war ja schon einmal wegen einer ähnlichen Sache verurteilt worden, und damals hatten sie mich nicht entlassen, obwohl sie es durchaus gekonnt hätten, doch der Präsident des Hauptbüros hat es nicht getan, weil mein Psychiater ihn beschwor, dass ich unschuldig sei. Aber dann kam es zu der Sache mit Pietje Valkenburg, und ich hätte es verstehen können, wenn sie mir diesmalgekündigt hätten, vor allem auch, weil ich zu der Zeit noch eine andere Affäre hatte, eine echte Affäre, mit einer Frau, einer Freundin von Frau Haan, aber das ist auch so kompliziert, dass es fast nicht zu erzählen ist.“ Er sah Maarten durchdringend an.
    Maarten reagierte nicht.
    „Das war so: Diese Freundin, die hatte öfter was mit Männern, und eines Tages wollte sie auch mit mir ins Bett, und ich war ebenfalls nicht abgeneigt, aber sie war verheiratet, also habe ich gesagt: ‚Nein, ich will erst ein Gespräch mit deinem Mann führen.‘ Nun, dann haben wir zu dritt miteinander gesprochen, und ihr Mann sagte: ‚Ja, das ist in Ordnung, denn wir lassen uns gegenseitig völlige Freiheit, und ich selbst habe ein Verhältnis mit der und der, also macht ruhig, was ihr wollt.‘ Also ist was daraus geworden. Doch die Frau ist dann gestorben, und hinterher hat ihr Mann dann offenbar doch Rachegelüste bekommen und hat es überall herumerzählt, da kam ich also wieder ins Gerede, aber diesmal war es begründet. Und dann wurde ich von einem Freund gewarnt. Denn eigentlich bin ich vogelfrei, und das finde ich herrlich, das macht alles viel einfacher. Obwohl es komischerweise nichts an mir zu beanstanden gibt, weil ich dazu einfach nicht fähig bin. Ich habe also nur einen Mutterkomplex. Aber ich kann mir vorstellen, dass es für andere doch belastend ist, Umgang mit mir zu pflegen. Als also Karel in die Wohnung über mir einziehen wollte, habe ich zu ihm gesagt: ‚Nein, nein, denn die Dinge liegen so und so, du wirst deinen guten Ruf damit beschädigen, denn die Leute werden sich ihren Teil denken.‘ Aber als er mir versicherte, dass alle geradezu empört darüber seien, wie ich behandelt worden war, und man mich sehr schätze, habe ich schließlich zugestimmt. Aber deswegen wollte ich mit ihm zunächst auch nicht in Urlaub fahren. Erst vor drei Jahren haben wir das erste Mal zusammen Urlaub gemacht. Auch weil ich Angst habe, dass man sich etwas dabei denken könnte. Ich bin nun einmal vogelfrei.“ Er sah Maarten geradewegs an. „Jetzt verstehst du vielleicht auch, warum ich immer so vorsichtig bin, wenn ich jemanden einstelle, wie zum Beispiel Frans Veen. Wenn

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