Das Büro
umfangreiches Manuskript mit Erzählungen und losen Aufzeichnungen zu ordnen, auf das sie bei der Durchsicht des Manuskriptschranks in Fräulein Haans Zimmer gestoßen war. „Kommst du klar?“
„Ja“, sagte Annechien, ohne aufzusehen. Sie hatte etwas Abweisendes, was den Kontakt für ihn schwierig machte.
„Soll ich nicht helfen?“
„Ich wüsste nicht, wie“, sagte sie, nicht sonderlich freundlich.
Er blieb noch einen Moment stehen, während sie fortfuhr, Papiere aus dem Manuskript auszusortieren. Er wandte sich Stoutjesdijk zu, der gerade an einem Artikel für das Mitteilungsblatt über die Heilmittel gegen Warzen arbeitete. „Geht es voran?“, fragte er.
„Ich bin fast fertig damit“, antwortete Stoutjesdijk. „Ich bringe es Ihnen, bevor ich zur Uni fahre.“ Obwohl er genauso alt war wie Bart, machte er einen sehr viel erwachseneren Eindruck, als hätte ihn der Umgang mit Krankheit und Tod bereits gezeichnet.
„Ist es interessant?“ Maarten war sich bewusst, dass er das „Du“ vermied.
„Ich finde es interessant“, antwortete Stoutjesdijk in ruhigem Ton.
Unzufrieden mit sich selbst kehrte Maarten nach einem Gang zurToilette in sein Zimmer zurück. „Die Drei haben es da verdammt eng“, sagte er zu Beerta.
Beerta drehte sich um. „Wen meinst du?“
„Bart, Fräulein Rensink und Stoutjesdijk.“
„Van der Haar hat mir versprochen, dass er nächstes Jahr die Turnhalle räumen lässt. Dann haben wir mehr Platz.“
„Kann ich dann nicht das hintere Zimmer bekommen und de Gruiter wieder den alten Platz von Wiegel?“
„Möchtest du denn hier weg?“, fragte Beerta.
„Nein, es ist für die studentischen Hilfskräfte. Weil Bart hier bald den ganzen Tag sitzen wird, wenn die Stelle genehmigt wird.“
Beerta blickte ihn nachdenklich an. „Das ist eine gute Idee. Sie könnte von mir sein.“ Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu. „Erinnere mich daran, wenn es so weit ist.“
Eine halbe Stunde später kam Stoutjesdijk und brachte seinen Artikel.
„Vielen Dank“, sagte Maarten erfreut.
Stoutjesdijk blieb stehen. „Da ist noch etwas.“
Maarten sah ihn erwartungsvoll an.
„Nennen Sie mich in Zukunft bitte ‚Kees‘ oder ‚Herr Stoutjesdijk‘ statt ‚Stoutjesdijk‘.“
„Gut“, sagte Maarten verwirrt.
„Ich danke Ihnen.“ Er öffnete die Tür. „Auf Wiedersehen, Herr Koning, bis morgen.“
Es dauerte einen Moment, bis Maarten diese unerwartete Bitte verarbeitet hatte. Er fühlte sich bedroht und todunglücklich. „Diese verdammten Anredeformen!“, sagte er halb zu sich selbst.
„Was sagst du?“
„Dieses Duzen und Siezen“, sagte Maarten verdrossen. „In England haben sie damit keine Probleme.“
„Aber du bist nicht in England. Und darüber kannst du froh sein.“ Er sah über die Schulter. „Außerdem finde ich es sehr gut, dass die Jungs ‚Sie‘ zu dir sagen. Man sollte es mit dem Duzen nicht zu eilig haben.“
*
Als sie mit dem Auto gegen halb fünf das Dorf erreichten, wurde es schon dunkel. Es war stürmisch, mit gelegentlichen Regenschauern dazwischen. Vom Dorf war nicht viel mehr zu erkennen als die Umrisse der Bauernhöfe und vereinzelte beleuchtete Fenster. Maarten schaltete das Licht an und betrachtete die Karte, die auf seinem Schoß lag. „Boesman“, sagte er. „Nummer sechzig.“ Er knipste das Licht wieder aus und versuchte, durch das regennasse Fenster die Hausnummern an den Einfahrtstoren zu den Bauernhöfen zu erkennen. „Das war zweiunddreißig.“
Hendrik starrte durch die regenverhangene Windschutzscheibe auf die Straße, machte kurz den Scheibenwischer an und stellte ihn sofort wieder aus. Der Regen hatte wieder aufgehört.
„Ist es nicht dort?“, fragte Nicolien. Sie saß neben Hendrik und zeigte auf ein großes, etwas abseits gelegenes Gehöft.
„Das muss es sein“, sagte Hendrik. Er bog in die Einfahrt. An der Stirnseite des Hauses war ein Mann im Schein einer Lampe dabei, einen Anhänger mit Futterrüben abzuladen. Hendrik brachte das Auto neben dem Anhänger zum Stehen und stellte den Motor ab. Der Mann unterbrach seine Arbeit und sah vom Anhänger aus zu. „Eeb’n froagen“, sagte Hendrik. Er stieg aus, knöpfte mit einer Hand seine Jacke zu und ging auf den Wagen zu. „Sünt wie hier richtig bie Boesman?“ Er sah hinauf.
„Dat sünt gie“, sagte der Mann von oben herunter.
„Mien Noam is Ansing! Wie koamt van’t Büro in Amsterdam. Ik heb Seij noch ’n Breijf schräben.“
„Ach, deij Herr
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