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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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Tonbandaufnahmen“, sagte Hendrik. „Willst du sie noch sehen?“
    „Ja, gerne.“
    Hendrik legte einen Stapel Papiere neben ihn. „Kommst du voran?“
    „Das Problem ist die Erklärung der Kulturgrenzen. Ich versuche sie auf Basis der Verbreitung zu datieren, aber ich kriege es nicht in den Griff.“
    „Nein“, sagte Hendrik abwesend. Er zögerte kurz, furzte deutlich vernehmbar und ohne jegliche Scham, drehte sich um und verließ den Raum, Maarten in einem bestialischen Gestank zurücklassend. Gleich darauf ging die Tür wieder auf und Beerta kam zurück. „Jetzt rieche ich auch, dass du Zwiebeln gegessen hast“, sagte er, während er hinter Maartens Rücken zu seinem Schreibtisch ging.
    „Das weiß ich nicht.“
    „Wieso?“, fragte Beerta und drehte sich um. „Ich rieche es doch!“
    „Es kann auch ein anderer gewesen sein.“
    Beerta zog die Augenbrauen hoch. „Wen meinst du? Wer sollte es denn sonst gewesen sein?“
    Maarten zögerte. Er begriff, dass er sich in eine unmögliche Position manövriert hatte, und fand so rasch keinen Ausweg. „Ich habe den Eindruck, dass Hendrik auch Zwiebeln gegessen hat“, sagte er, halb murmelnd, und gleich darauf schämte er sich zutiefst, weil er einen Freund verraten hatte.
    *
    Anlässlich der Inbetriebnahme der früheren Turnhalle durch seine Abteilung organisierte Balk eine Feier, zu der er neben den Mitgliedern seiner Kommission und den Mitarbeitern des Büros eine große Zahl von Fachkollegen, Mitglieder seiner ehemaligen Studentenvereinigung und Studienfreunde eingeladen hatte, was dem Fest den Anstrich eines akademischen Ereignisses gab. Obwohl Beerta es bedenklich fand, entschied Balk außerdem, dass nicht nur Wein, Sherryund Portwein, sondern auch Genever ausgeschenkt werden sollte. Die Getränke, Gläser und Häppchen wurden von Hindriks herangeschleppt, der aus diesem Anlass seine weiße Jacke hatte waschen und stärken lassen und den ganzen Tag geschäftig darin herumlief. Im Laufe des Tages wurden auch andere Mitarbeiter unruhig, was sich an der ungewöhnlichen Lautstärke in den Zimmern und auf den Fluren bemerkbar machte. Balk selbst schien das anstehende Ereignis noch am wenigsten zu berühren. Eine Viertelstunde vor Beginn betrat er konzentriert das Zimmer, in dem Beerta und Maarten saßen, zog ein Buch aus dem Regal, blätterte eifrig darin und blieb einige Augenblicke stehen, um zu lesen, stellte das Buch dann zurück und verließ den Raum wieder, ohne auch nur eine Anspielung auf die bevorstehende Feier zu machen.
    „Ich finde es einfach bewundernswert“, sagte Beerta. Er stand auf, holte seinen Spiegel aus der Tasche, kämmte sich und verließ seinerseits mit einem geheimnisvollen Lächeln das Zimmer, im selben Moment, in dem die Klingel der Eingangstür in der Ferne die ersten Gäste ankündigte.
    Maarten folgte ihm eine halbe Stunde später. Die beiden anderen Räume waren bereits verlassen. Als er die Tür zum Flur öffnete, schlug ihm der Lärm aus der Turnhalle entgegen. Es klingelte. Durch den langen Flur kamen ihm ein paar Leute entgegen. Slofstra beugte sich aus der Öffnung der Pförtnerloge nach draußen, mit dem Gesicht zur Eingangstür. Die Turnhalle war voller Leute, die sich unterhielten. Über ihren Köpfen, in dem Licht, das durch das Glasdach ins Innere fiel, stieg Rauch auf. Der Erste, den Maarten sah, war Hindriks in seiner weißen Jacke. Er stand hinter einem Tisch voller Gläser, eine Flasche Genever in der Hand. Balk machte sich aus einer Gruppe los und ging mit ausgestreckten Händen auf die Personen zu, die soeben hinter Maarten hereingekommen waren. „Willkommen“, sagte er. „Willkommen in meinem neuen Domizil!“ In dem Mann, dem er die Hand drückte, erkannte Maarten einen Professor, bei dem er selbst auch noch Seminare besucht hatte. In einer Ecke hinter dem Tisch, an dem Hindriks stand, sah er de Gruiter, Frau Moederman und Fräulein Bavelaar stehen, mit kleinen Gläsern in ihren Händen. Neben ihm redeteRentjes, Balks neue studentische Hilfskraft, stockend und schrill auf ein paar ältere Burschen ein, die Maarten vage bekannt vorkamen. Er hatte sich, so wie Balk, eine Pfeife mit einem großen Kopf angeschafft, die er kraftvoll umklammerte. Maarten trat einen Schritt zurück, so dass er das Bücherregal im Rücken hatte, und suchte mit seinen Augen einen Weg zwischen den Dutzenden von Gruppen und Grüppchen, die sich, über den Raum verteilt, angeregt unterhielten, rauchten, tranken, zumeist Männer in

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