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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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Ränder der Sonnenschirme auf der Terrasse flatterten im Wind, doch dort, wo sie saßen, an der Mauer des Cafés, herrschte warmes Sommerwetter. „Es ist verdammt toll hier“, sagte er.
    Beerta lachte. „Das sagst du öfter. Ich würde mich das nicht trauen. Ich habe gelernt, dass das ein Fluch ist.“
     
    Sie aßen in der Keizerskroon in Wijk bij Duurstede, unter den Bäumen, an einem kleinen Tisch vor dem Fenster, von wo aus sie den Markt überblicken konnten, links die Kirche. Das Fenster war ganz hochgeschoben worden. Es war schattig und still. Sie hatten gerade die Suppe gegessen und warteten auf das Hähnchen.
    „Aber jetzt haben wir ständig über mich geredet“, sagte Karel. „Was machst du denn eigentlich momentan?“
    „Ich sitze am Kommentar zur Karte des Wasserschrecks“, antwortete Maarten.
    „Des Wasserschrecks?“, fragte Karel erstaunt. „Was muss ich mir denn darunter vorstellen? Ich dachte, du beschäftigst dich mit Wichtelmännchen?“
    „Mit der Nachgeburt des Pferdes“, korrigierte Maarten.
    „Ach ja“, lachte Karel, „die Nachgeburt des Pferdes! Wogegen Anton sich so gewehrt hat. Und warum machst du das jetzt nicht mehr?“
    „Weil ich damit fertig bin.“
    „Und was ist dabei herausgekommen?“
    Das Hähnchen kam. Sie rückten alle vier etwas nach hinten, um den beiden Kellnern die Gelegenheit zu geben, die Teller und Schälchen auf dem Tisch zu verteilen, und sahen ihnen dabei zu.
    „Nichts“, sagte Maarten, als die Kellner sich entfernt hatten.
    „Nichts?“, rief Karel.
    Einer der Kellner kam zurück und zeigte Beerta den Wein. Der nickte. Sie sahen zu, während der Mann ihm einschenkte. Beerta nahm ein vorsichtiges Schlückchen, nickte erneut und stellte das Glas hin. Der Kellner schenkte die Gläser voll.
    „Na ja, nichts“, sagte Maarten. „Ich habe natürlich eine Kulturgrenze entdeckt. Auf der einen Seite wird aufgehängt, auf der anderen begraben. Aber was ich auch mache, sie lässt sich nicht datieren.“
    „Nun, dann datierst du sie eben einfach nicht?“
    Maarten lachte. „Ja, so habe ich es dann auch gemacht.“ Er nahm sein Besteck und betrachtete das Hähnchen. Es war ein halbes Hähnchen in einer Champignonsoße. Vorsichtig suchte er mit der Messerspitze eine Stelle, die ihm Halt bieten konnte. „Es sieht lecker aus“, sagte er.
    „Aber warum willst du sie denn mit aller Gewalt datieren?“, fragte Karel. „Das ist doch Zeitverschwendung! Warum schreibst du nicht etwas, aus dem du einen Bestseller machen kannst?“
    „Das ist nicht mein Auftrag“, sagte Maarten, der mit dem Hähnchen beschäftigt war.
    „Dann änderst du deinen Auftrag! Sie können dich doch nicht zwingen, etwas zu tun, das nicht möglich ist? Anton ist mit allem einverstanden!“
    „Mit vielem“, korrigierte Beerta, „aber nicht mit allem.“
    „Wenn er einen Bestseller schreibt, bist du doch hochzufrieden.“
    „Aber dieser Bestseller sollte dann schon der Atlas sein“, sagte Beerta.
    Im selben Moment rutschte das Hähnchen unter Maartens Besteck weg und landete auf Beertas Schoß. Der erschrak und wich zurück. Maarten sah erschrocken zu, Karel richtete sich halb auf. Beerta betrachtete das Hähnchen auf seinem Schoß. „Aha“, sagte er trockenund hob es mit den Fingerspitzen hoch, „nach diesem Gespräch hätte es auch die Nachgeburt eines Pferdes gewesen sein können, und das wäre schlimmer!“ Er reichte Maarten das Hähnchen. „Hier hast du dein Hähnchen zurück“, sagte er freundlich. „Ich wusste gar nicht, dass du so gut zielen kannst!“
    Nicolien lachte nervös.
    „Und was machen wir jetzt?“, fragte Maarten bestürzt.
    Beerta stand auf. Auf seiner hellen Sommerhose und dem Jackett waren große Fettflecken. „Es ist schade, dass ich mir meine Serviette noch nicht aufgelegt hatte.“ Er begutachtete den Schaden. „Das wird mir eine Lehre sein. Ich werde es eben auswaschen. Esst ihr inzwischen nur weiter.“
    Er entfernte sich mit kleinen, steifen Schritten.
    „Wie hast du das denn gemacht?“, fragte Karel.
    „Ich weiß es nicht“, sagte Maarten, der sich tiefunglücklich fühlte, „es ist mir unter der Gabel weggerutscht.“
    „Wenn du darauf aus gewesen wärst, wäre es dir sicher nicht gelungen“, meinte Karel.
    Sie ließen alle drei ihre Blicke im Restaurant umherwandern und warteten auf Beerta.
    Er kam mit kleinen Schritten aus dem Halbdunkel zurück. Sein Jackett und die Hose waren klatschnaß. Er schmunzelte ironisch und setzte sich hin.

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