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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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„So“, sagte er, „als ich herkam, habe ich mich schon auf mein Hähnchen gefreut. Ich hoffe, dass eures auch so gut ist.“
    „Sind die Flecken rausgegangen?“, fragte Maarten.
    „Wenn der Anzug chemisch gereinigt ist, sieht man nichts mehr davon“, versicherte Beerta.
    „Aber dann bezahle ich die Reinigung.“ Sofort ärgerte er sich über seine Bemerkung.
    „Das ist wirklich nicht nötig, ich hätte ihn sowieso reinigen lassen müssen.“
    Maarten schämte sich.
    Es war einen Augenblick still.
    Beerta hob sein Glas in die Höhe und sah in die Runde. „Worauf sollen wir anstoßen?“
    Sie nahmen ihre Gläser und erhoben sie.
    „Ich schlage vor: auf das Hähnchen!“, sagte Karel.
    „Auf das Hähnchen!“, sagte Beerta zustimmend. „Denn ich glaube nicht, dass ich jemals ein so gutes Hähnchen gegessen habe.“ Er blickte einen nach dem anderen an, nahm vorsichtig einen kleinen Schluck und sah sie erneut an. Maarten und Nicolien kannten das Ritual nun auch und folgten ein wenig zögernd dem Beispiel.
    „Und jetzt habe ich euch noch nicht einmal verraten, was die Überraschung ist“, sagte Beerta, während er sein Glas wieder hinstellte. Er sah Karel an. „Erzählst du es?“
    „Es ist
dein
Plan!“
    „Gut.“ Er wartete einen Moment. „Wir haben Karten für das Klang- und Lichtspiel gekauft.“ Er sah sie so feierlich an, als ginge es um eine Einladung zur Parlamentseröffnung.
     
    „Solltest du jetzt nicht bezahlen?“, fragte Nicolien, als der Kellner Beerta den Teller mit der Rechnung brachte.
    „Ja, natürlich.“ Er streckte die Hand aus, um den Teller zu nehmen.
    „Nein“, sagte Beerta lachend und zog den Teller zu sich heran, „das kommt gar nicht in Frage. Heute seid ihr meine Gäste.“
    „Aber das geht doch nicht!“, sagte Nicolien.
    „Warum geht das nicht?“, fragte Beerta.
    „Dass Sie alles bezahlen?“
    „Du glaubst doch nicht, dass ich notleidend bin?“
    Sie lachte nervös. „Nein, natürlich nicht.“
    „Oh“, sagte er mit einem ironischen Nicken, „das will ich aber auch meinen.“ Er faltete die Rechnung auf, sah auf den Endbetrag, legte hundert Gulden auf den Teller, stand auf und blickte in die Runde. „So! Wir können gehen.“
    Maarten betrachtete das Jackett und die Hose und stellte fest, dass sich die nassen Flecken in große Kreise verwandelt hatten.
     
    Im Zwielicht, unter dem schweren Grün der Bäume, überquerten sie den Markt und gingen durch eine Straße mit kleinen Häusern und anGartenzäunen vorbei, wo es nach Jasmin duftete. Über den Gärten schwirrten Fledermäuse. Die Menschen, die ihnen begegneten, waren wie sie auf dem Weg zur Schlossruine am Rande des Städtchens, wo das Klang- und Lichtspiel stattfand. Auf einer freien Fläche gegenüber dem Eingang zum Schloss, wo eine Zugbrücke war, hatte man Bänke aufgestellt. Als sie aus dem Schatten der Bäume heraus die Fläche betraten, sahen sie dort etwa zwanzig Leute sitzen. Sie suchten sich einen Platz und warteten, während um sie herum immer mehr Plätze besetzt wurden, ohne dass es voll wurde. Die Ruine lag im Dunkeln vor ihnen, auf der anderen Seite der Gracht. Der Himmel verlor sein letztes Licht, und es erschienen Sterne. Ein Gong ertönte, die Gespräche verstummten, rund um die Ruine gingen Lichter an, ein Scheinwerfer tauchte die Zugbrücke in helles Licht, und aus Lautsprechern hörte man das Geräusch galoppierender Pferde, die über die Brücke zogen. Die Hufe klapperten auf den Steinen des Innenhofs. Es erklangen Stimmen, und man hörte Füße, die den Boden berührten, das Klirren von Pferdegeschirr, Befehle. Plötzlich war es still. Dann begann eine Stimme zu sprechen. Maarten betrachtete die Ruine und das aus- und angehende Licht der Scheinwerfer, ohne auf die Stimme zu achten. Eine andere Stimme antwortete. Eine Männer- und eine Frauenstimme sangen, begleitet von einem Saiteninstrument, ein mittelalterliches Lied. Er lauschte der Musik und fragte sich, was die Leute von diesem Kitsch halten mochten. Das Ganze ließ ihn kalt. Nicolien stieß ihn an. „Schau mal, Beerta weint“, flüsterte sie. Er sah an ihr vorbei zu Beerta hinüber, der sein Gesicht mit einem großen, weißen Taschentuch abtupfte. Im Licht der Scheinwerfer sah man, dass es tränennass war.
    *
    Vom Flur aus konnte er sie durch die Fenster in der Tür sitzen sehen. Sie sahen auf, als er eintrat. „Tag, Kees. Tag, Annechien. Tag, Heidi“, sagte er, in der Reihenfolge, in der sie angestellt worden waren.

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