Das Büro
schüttelte sprachlos den Kopf.
Plötzlich tat sie ihm leid. „Wenn es keine Statusfrage ist, werde ich Sie fortan mit ‚Frau‘ ansprechen“, sagte er und wandte sich ab.
Sie schloss die Tür, ohne zu reagieren, und ließ ihn mit dem Gefühl zurück, eine Niederlage erlitten zu haben.
*
„Wer soll mein Nachfolger im Bauernhausverein werden?“, fragte Beerta und drehte sich zu Maarten um.
„Hendrik“, antwortete Maarten, ohne die Arbeit zu unterbrechen.
„Mir wäre es lieber, wenn du das machen würdest.“
„Hendrik ist für die bäuerliche Kultur zuständig.“
„Bei Hendrik weiß ich nie, woran ich bin.“
Maarten sah von seiner Schreibmaschine auf. „Und bei mir schon?“
„Ja, bei dir schon“, sagte Beerta steif.
„Trotzdem finde ich, dass Hendrik Ihr Nachfolger werden muss“, beharrte Maarten.
*
„Hat Beerta dich schon gefragt, ob du seinen Sitz im Bauernhausverein übernehmen willst?“, fragte Maarten.
Hendrik sah von der Arbeit auf. „Muss das sein?“
„Ja. Er will, dass ich es mache, aber ich finde, dass du es machen solltest.“
„Damit habe ich nichts zu tun“, wehrte Hendrik ab.
Seine Reaktion irritierte Maarten. „Damit hast du sehr wohl zu tun, denn
du
musst in diesen Verein!“
„So, das findest du also“, schlussfolgerte Hendrik träge.
„Ja, das finde ich!“
Hendrik zuckte mit den Achseln. „Gut, wenn du mich darum bittest, werde ich es tun.“
*
„Tag, Herr Koning“, sagte Ad Muller.
„Tag, Ad“, antwortete Maarten, ohne sich umzudrehen. Obwohl er sich damit abgefunden hatte, dass er mit
Herr Koning
angeredet wurde, gab es ihm jedes Mal wieder ein unbehagliches Gefühl und hemmte ihn im Umgang mit seinen studentischen Hilfskräften. Dasser dem selbst ein Ende bereiten konnte, wurde ihm zwar klar, sobald er wieder allein war, doch in ihrem Beisein genierte er sich, diesen Schritt zu tun, und sagte sich dann, so wie auch jetzt wieder, dass er damit dann bei Bart Asjes anfangen müsste.
Ad Muller stellte einen Karteikasten auf die Ecke von Maartens Schreibtisch, zog einen Stuhl heran und begann, die Karteikarten einzusortieren. Maarten saß an dem Tisch in der Mitte, hinter seiner Schreibmaschine. Um ihn herum lagen die letzte Karte der zweiten Ausgabe des Atlas, eine topographische Karte von Nordost-Groningen, eine Bodenkarte, ein historischer Atlas sowie eine Reihe von Büchern über die Agrargeschichte der Moorkolonien und Westerwoldes. In seiner Schreibmaschine steckte ein Blatt mit der Rohfassung eines Textes, voller Streichungen und Ergänzungen zwischen den Zeilen und am Rand. Während Ad Muller die Karteikarten einsortierte, versuchte er, sich zu konzentrieren, doch das Klappern der Schubfächer, die herein- und herausgeschoben wurden, das Umlegen der Karteikarten und das dumpfe Klacken, mit dem die neue Karte ihren Platz fand, lenkten ihn ab. Überdies drang ihm vage ins Bewusstsein, dass Ad Muller einen etwas stickigen, muffigen Geruch um sich herum verbreitete, den Geruch eines Menschen, der sich nicht allzu oft wäscht. Ohne dabei nachzudenken stand er auf, öffnete das Fenster noch ein Stück weiter, setzte sich wieder und sah erneut auf sein Papier, doch die Anwesenheit eines Fremden in seinem Zimmer hinderte ihn daran, seine Gedanken zu ordnen. Er zog die Karte zu sich heran und betrachtete die Grenze, die er darauf eingezeichnet hatte. Aus dem Nebenzimmer, hinter dem Bücherregal, hörte er die Schreibmaschinen von Heidi Bruul und Kees Stoutjesdijk, und an der anderen Seite die Stimme von Fräulein Haan, die gerade telefonierte. Er las noch einmal die letzten Sätze, die er geschrieben hatte, drehte das Blatt zurück, x-te ein Wort durch, ersetzte es durch ein anderes und drehte das Blatt wieder zu der Stelle, an der er steckengeblieben war. Er legte seine Hände auf die Knie und wiegte sich unwillkürlich etwas vor und zurück, als könne er so seine Gedanken dazu zwingen, zurückzukehren.
Ad Muller hatte seine Arbeit beendet. Er stand auf, schob den Stuhlzurück, blieb mit dem leeren Kasten in den Händen an Maartens Tisch stehen und blickte neugierig auf die Karten und Bücher. „Darf ich Sie auch mal fragen, womit Sie gerade beschäftigt sind?“
Die Frage überraschte Maarten. „Ja, natürlich.“
Ad Muller kam einen Schritt näher und blieb neben ihm stehen.
Maarten zog den Stuhl neben sich unter dem Tisch hervor. „Dann setz dich mal hier hin.“
Ad Muller setzte sich, dicht neben Maarten, und betrachtete begierig
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