Das Büro
hat hundertzwanzig“, erinnerte sich Maarten. Er schmunzelte vergnügt.
Hendrik sah ihn nachdenklich an, ohne zu reagieren. Er stand wieder auf. „Willst du eine Zigarre?“
„Ich habe eine Pfeife.“ Er kramte in seinen Taschen.
„Willst
du
vielleicht eine kleine Zigarre?“, fragte Hendrik Nicolien.
„Wie klein ist sie?“
„Klein.“ Er öffnete eine Schublade des Büfetts und zog eine Schachtel mit Zigarillos heraus.
„Nein, die sind zu groß. Ich nehme lieber meine eigenen.“
„Sind die zu groß?“, fragte er erstaunt und hob die Augenbrauen. „Ich dachte, dass die gerade besonders klein wären.“
„Und was machst du jetzt mit diesem IQ?“, fragte Maarten.
„Ich glaube nicht, dass ich damit irgendetwas mache“, antwortete Hendrik mit dem Zigarillo im Mundwinkel. Er setzte sich wieder. „Was sollte ich denn damit machen?“ Er holte eine Schachtel Streichhölzer aus der Tasche und steckte die Zigarre an.
„Etwas Geniales“, schlug Maarten boshaft vor.
„Ach“, sagte Hendrik, als fände er die Bemerkung unter seinem Niveau.
Annechien kam wieder ins Zimmer. „Wenn ihr Gaitjan noch sehen wollt, müsst ihr jetzt mitkommen“, sagte sie, nicht besonders freundlich. Sie standen wieder von ihren Stühlen auf. Nicolien legte ihren Zigarillo auf den Rand des Aschenbechers, Maarten seine Pfeife, und sie folgten Annechien.
Das Kind lag in einem kleinen Zimmer zur Straße hin, im gedämpften Licht einer Lampe, die in der Ecke stand. Im Raum standen eine weiße Kommode und ein weißes Kinderbettchen, um das herum Stofftiere drapiert waren, an der Wand hingen Kinderbilder und ein Harlekin. Das Kind schlief. Nur Stirn, Nase und die Knöchel einer kleinen Faust ragten aus der Decke heraus.
„Ich glaube, es schläft, oder?“, sagte Nicolien leise. An ihrer Stimme hörte Maarten, dass sie verlegen war.
„Ja, aber du brauchst nicht leise zu sein“, sagte Annechien.
Sie betrachteten das Kind.
„Und was sagt man jetzt in solch einem Fall?“, fragte Maarten.
„Meinetwegen brauchst du nichts zu sagen.“ Sie richtete die Bettdecke des Kindes ein wenig, damit seine Nase etwas freier lag, und wandte sich dann von ihm ab. „Als Beerta hier zu Besuch war“, erzählte sie, während sie hinter ihnen aus dem Zimmer ging, „sagte er: ‚Und das alles muss Nicolien Koning jetzt missen.‘“ Es klang neutral, doch Maarten war sich nicht sicher, ob nicht auch ein wenig Schadenfreude in ihrer Stimme lag.
Nicolien lachte. „Hat er das gesagt?“ Der Klang ihrer Stimme blieb im Raum hängen, da keine Antwort darauf kam, während sie wieder ins Wohnzimmer gingen.
„Wir haben euer Kind gesehen“, sagte Maarten.
Hendrik saß mit ausgestreckten Beinen in seinem Sessel und rauchte, dabei andächtig seine Zigarre betrachtend, als überlege er sich eine Antwort, doch er antwortete nicht. „Hat die Sitzung noch lange gedauert?“, fragte er, als sie sich hingesetzt hatten.
„Bis halb sechs. Sie wollen, dass ich eine Doktorarbeit schreibe.“ Er war plötzlich aufgebracht.
Hendrik reagierte nicht. Er sah zunächst Maarten und dann die Spitze seiner Zigarre an, nahm träge einen Zug und tippte die Asche in den Aschenbecher.
„Ich war rasend vor Wut.“
„Das hast du mir noch gar nicht erzählt“, sagte Nicolien.
„Nein“, er lachte verlegen. „Und das nur aus dem Grund, weil sie es nicht ertragen, dass man diesen Blödsinn nicht ernst nimmt“, sagte er zu Hendrik.
„Das ist auch etwas viel verlangt.“
Annechien setzte sich dazu.
„Viel verlangt?“, sagte Maarten entrüstet. „Man darf doch wohl von einem halbwegs intelligenten Menschen erwarten, dass er erkennt, wie vollkommen sinnlos das ist, was er tut?“
„Na, das weiß ich nicht. Schließlich haben sie selbst auch eine Doktorarbeit geschrieben.“
„Aber das ist doch kein Grund, jemand anderen zu zwingen, es auch zu tun?“
„Ach.“
„Es bedeutet, dass sie verdammt unsicher über den Wert dessen sind, was sie tun“, sagte Maarten aufgebracht. „Diese Doktorarbeit ist für sie der Beweis, dass sie wichtig sind. Wenn sich jemand weigert, dies zu akzeptieren, fühlen sie sich bedroht. Ich finde das verdammt dumm! Ein Tischler, der zum ersten Mal in seinem Leben einen Schrank macht, bekommt doch auch keinen Titel? Und da würde es sogar noch halbwegs Sinn machen.“
„Früher hat er sehr wohl einen Titel bekommen.“
„Das ist dann ja auch zu Recht abgeschafft worden. Er soll nicht
ein
Mal einen guten Schrank
Weitere Kostenlose Bücher